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GRAFENRHEINFELD
Mit „Ungehorsam“ zum Sieg
Modedesigner Julian Weth aus Grafenrheinfeld gewann den renommierten European Fashion Award.
Julian Weth bei der Vorbereitung zur Präsentation seiner Kollektion „Ungehorsam' auf der Berliner Modewoche.
Foto: Copyright Bernhard Ludewig SDBI | Julian Weth bei der Vorbereitung zur Präsentation seiner Kollektion „Ungehorsam" auf der Berliner Modewoche.
Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:09 Uhr

Ungehorsam – so nennt Julian Weth seine 13-teilige Männerkollektion, in der er ausgemusterte Militärkleidung neu interpretiert und mit anderen Materialien aufwertet. Damit sicherte sich der junge Modedesigner aus Grafenrheinfeld den European Fashion Award 2016. Am Montagabend nahm er im Rahmen der Berliner Modewoche den „Fash“ entgegen, einen der international bedeutendsten Förderpreise in der Modebranche.

„Change“, Veränderung oder Wandel, lautete das Motto des weltweit ausgeschriebenen Wettbewerbs für Studierende der Modebranche, ausgelobt von der gemeinnützigen Stiftung der Deutschen Bekleidungsindustrie, kurz SDBI. 151 Teilnehmer aus 28 Ländern beteiligten sich diesmal. Wie kann Mode auf den grundlegenden Wandel durch Kriege und Katastrophen, Globalisierung und Digitalisierung reagieren?

Die Visionen des 28-Jährigen imponierten der Jury, so dass ihm der zweite Platz in der Kategorie „Studierende“ zuerkannt wurde. Insgesamt sieben Preisträger wurden in Berlin bei einer großen Gala gekürt, inklusive des Bereichs „Abschlussarbeiten“.

Als „ziemlich wild“ beschreibt Bart- und Zopfträger Julian Weth lachend seine Kollektion „Ungehorsam“. Im siebten Semester seines Studiums Modedesign an der Akademie JAK in Hamburg hatte er sich 2015 in dem großen Wettbewerb beworben. Im vergangenen Mai hat der 28-Jährige sein Studium beendet und befindet sich nun in der Bewerbungsphase um einen Job, wie er sagt.

Sein Stil „liegt in der Grauzone zwischen Streetwear und High Fashion“, meint er und damit bewältigte er auch das Wettbewerbsthema. „Ich komme ja eher aus dem Hip Hop-Graffiti-Bereich“, erklärt er, „und habe das mit René Lezard-Stoffen kombiniert.“ Zu der Zeit, als das Wettbewerbsthema „Change“ angekündigt wurde, war der Krieg in der Ukraine präsent, dann kamen die Grausamkeiten des IS hinzu. „Das war eine neue Form der Brutalität“, meint der Designer. „Viele gehorchen nur blind, hinterfragen die Befehle nicht. Aber meine Jungs, die sind ungehorsam“, erklärt er.

Er habe es geschafft, eine gesellschaftliche Stimmung in eine ansprechende Kollektion umzusetzen, urteilt Jurymitglied Michael Sontag, Berliner Designer. Ausgemusterte Uniformen, Panzeroveralls und Militärhosen hat Julian Weth „dekonstruiert“, wie er es ausdrückt, und mit neuen Silhouetten und Materialien wie Netzfutter, Jersey und Wollstoffen kombiniert und aufgewertet, ein sogenanntes Upcycling. „Das ist ein gesellschaftspolitisches Statement“, sagt der 28-Jährige zu seiner nachhaltigen Kleidung, „das schwingt immer mit in der Kunst“.

Kunst und Kreativität sind in seinem Beruf das eine, das andere ist der wirtschaftliche Aspekt. „Es gibt wunderschöne Kollektionen“, weiß der frisch gebackene Modedesigner, „aber man muss sie auch verkaufen“. Im Studium hat er deshalb neben Nähen und Schneidern auch Kollektionsrahmenpläne erstellen müssen. Einige Semester BWL-Studium, die Julian Weth vorher in Mainz absolvierte, waren ihm dabei hilfreich.

Über den Wettbewerb lernte der Grafenrheinfelder nicht nur viele Leute aus der Branche kennen. Sein Preis beinhaltete neben 1500 Euro Preisgeld auch ein Fotoshooting mit Franco P. Tettamanti, einem international gefragten Modefotografen, ein Wert „im fünfstelligen Bereich“, so Weth. Und ein Mentorenprogramm, bei dem die Senior Designerin bei Adidas, Alana Weißenberger, den jungen Kreativen auf Messen, Schauen und Empfänge mitnahm. Zuversichtlich ist der Grafenrheinfelder, dass er seinen Weg gehen kann, zunächst im Angestelltenverhältnis, um Erfahrungen zu sammeln, später vielleicht mit eigenem Label. Denn viele frühere Fash-Preisträger haben große Karrieren hingelegt, arbeiten bei renommierten Unternehmen wie Adidas oder Hugo Boss, für Designer wie Wolfgang Joop und Vivienne Westwood oder unter einem eigenen Namen wie der Würzburger Tim Labenda.

„Mein großes Anliegen wäre, auch andere junge Menschen aus Franken zu inspirieren und zu zeigen, dass auch die Kreativbranche ein solider Arbeitgeber sein kann“, hofft Julian Weth. Klar, seine Eltern hätten auf seinen Entschluss zum Modestudium zunächst auch mit einem kleinen Schockmoment reagiert. Aber er weiß, dass man im Kreativbereich mit harter Arbeit interessante Berufe mit guten Verdienstmöglichkeiten erreichen kann. „Man muss nicht als Taxifahrer enden.“

Ausgemusterte Militärkleidung hat Julian Weth bei seiner Kollektion 'Ungehorsam' neu interpretiert.
Foto: Copyright Franco P. Tettamanti | Ausgemusterte Militärkleidung hat Julian Weth bei seiner Kollektion "Ungehorsam" neu interpretiert.
Das professionelle Fotoshooting mit einem Model war Teil des Preises beim Fashion Award.
Foto: Copyright Franco P. Tettamanti | Das professionelle Fotoshooting mit einem Model war Teil des Preises beim Fashion Award.
 
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