Woas is'n bossierd? Tut Eana der Arm weh?“ Die jungen Johanniter, die in die Umkleide der Hugo-von-Trimberg-Halle eilen, stammen unüberhörbar aus Südbayern. Nein, die Frau, die hier japst, leidet an Kreislaufbeschwerden – so zumindest das Szenario. Nebenan blutet der Fuß eines Mädchens: Beim Diagnose-Teil der „Olympiade der Retter“ geht es darum, herauszufinden, warum die Wunde klafft und künstliches Blut über den abgedeckten Boden suppt. Ein Wochenende lang ist die Hugo-von-Trimberg-Volkschule, nebst alter und neuer Turnhalle, fest in der Hand des bayerischen Sani-Nachwuchses, im Zeichen des Malteserkreuzes der Johanniter Unfallhilfe. Rund 600 Retter und Gäste aus ganz Bayern geben sich ein Stelldichein, darunter fast 300 Wettkampfteilnehmer mit über 30 Mannschaften im Alter zwischen sieben und 47 Jahren.
Augsburger, Nürnberger, Bamberger, Würzburger, Münchner oder Regensburger sind ebenso am Start wie kleinere Kommunen. Um was es an den 22 Stationen geht? „Ruhm, Ehre und einen Artikel in der Johanniterzeitung“, flachst eine Münchnerin. Außerdem um die Motivation der nächsten Generation, die in diesem Verein besonders groß geschrieben wird, in den Kategorien „Sani ab 16“, Jugend-Ersthelfer (12 bis 19 Jahre alt), Kinder-Ersthelfer sowie Rettungsprofis im Einsatz. Aber auch für die „Amateure“ sind die Tests kein Zuckerschlecken – eine schriftliche Prüfung mit 20 Fragen zum Kurswissen inklusive. An der Gummi-Puppe soll Herz-Lungen-Wiederbelebung demonstriert und zum Defibrillator gegriffen werden.
„Aua, aaah, es tut so weh“: In der Lehrküche der Schule wimmern totenblasse, verletzte Kinder, offenbar ist ein Dampfkochtopf mit Spaghetti explodiert. Das Schminkteam hat im Keller ganze Arbeit geleistet: Prangende Wunden und aus der Handfläche ragende Glassplitter sind eindeutig was für Hartgesottene. Routiniert packen die Marktoberdorfer ihr Handwerkszeug aus, mit Plastikhandschuhen: Die Unfallhelfer sind kaum älter als die „verstört“ daliegenden Schüler. Neben dem Verbinden (Fremdkörper sollen nicht herausgezogen werden, wegen der Blutung) ist nicht zuletzt seelischer Beistand gefragt: Schiedsrichter bewerten den kniffligen Einsatz.
Nebenan, im Gemeindezentrum, muss eine Trage im Vierer-Team über einen Parcours getragen werden. Nur dass es dabei einen Behälter mit einem halben Liter Wasser zu balancieren gilt. „Transport geglückt, Patient unterwegs verloren“ ist bei einem Rettungsdienst keine Option. Unter anderem gilt es auf Zeit über ein Trampolin oder Sprungkästen zu gelangen, Fortgeschrittene müssen ein Sportopfer richtig lagern. Gespannt warten Schulsanitäter aus Moosburg bei Freising auf den Start. Mit dabei Maskottchen „Gustav“: ein Teddybär mit dickem Kopfverband.
Zur Entspannung dient der Kreativteil: Eine nachmittägliche Theateraufführung der Jüngsten. Etwas verloren stehen Spielmobil und Hüpfburg hinter der Turnhalle, ob des unbeständigen Wetters. Aber cool sieht der aufblasbare Rettungswagen schon aus, mit dem Funk-Kürzel „Akkon“ als Nummernschild: Hinweis darauf, das man mal als Kreuzritter im Heiligen Land angefangen hat – heute schlägt man sich mit Verkehrsunfällen und Vermisstensuche herum: Für letztere ist in der Stadt die Rettungshundestaffel in Einsatz. Natürlich sind neben der Landesspitze auch die Schweinfurter Vereinsoberen rund um Dienststellenleiter Olaf Mauer, präsent.
„Ein toller Wettbewerb, eine tolle Organisation“: Ehrengast und Johanniter-Präsident Hans-Peter von Kirchbach nutzt die aufwendige Siegerehrung für Dankesworte an Veranstalter, 147 Helfer und die Gastgeber, im 60. Jahr der Johanniter-Unfallhilfe: Für Niederwerrn, wo er sich am Vormittag ins Goldene Buch eingetragen hat, gibt es von ihm Lob. Von dieser Gemeinde und ihrem Bürgermeister könnte sich „mancher eine Scheibe abschneiden“, sagt von Kirchbach. Bei der Eröffnung, zusammen mit Bürgermeister Peter Seifert und Schirmherr Landrat Harald Leitherer, galt sein Lob vor allem der Jugend. Kirchbach selbst war Generalinspekteur der Bundeswehr, wurde durch seinen Einsatz im Kampf gegen die Oderflut '97 bekannt.
Viel Jubel bei den Sieger-Mannschaften und ihren Anhängern, in der Trimmberghalle: In der Kategorie U 12 holen sich die Marktoberdorfer den ersten Pokal, die besten Jugend-Ersthelfer kommen aus Ottobrunn. In der Ü 16-Wertung räumen die Ersthelfer aus Regensburg ab, zugleich Veranstaltungsort des nun (für die Gewinner) folgenden Bundeswettbewerbs. In der „Profiliga“ stehen die Augsburger an der Spitze. Der Samstagabend endet für die Jung-Sanis mit einer Party – und Niederwerrn darf sich geschmeichelt fühlen. Nächster Austragungsort für die Olympiade der Retter ist die Landeshauptstadt München.