Friedrich Dürrenmatt, Hans-Joachim Kulenkampff, Sophie Scholl, Prince Philip und Lore Zinser sind 1921 geboren. Außer Lore sind alle Vorgenannten bereits gestorben. Mit Lore Zinser wurde erstmals in Schallfeld ein 100. Geburtstag gefeiert. Sie durfte dieses besondere Jubiläum am Pfingstmontag, dem 24. Mai, erleben.
Mit einem von Ponys gezogenen Wagen der Brauerei Düll fuhr die Jubilarin zum Dankgottesdienst in die St.-Ägidius-Kirche. Pfarreileiter Stefan Mai feierte die Messe und ging ein seiner Ansprache auf das Leben der 100-Jährigen ein. Er besucht die Seniorin regelmäßig und bringt ihr die Krankenkommunion.
Der Opernsänger Dmitry Ryabchikov vom Theater Erfurt ließ während des Amts das „Ave Maria“ von Charles Gounod, ebenso „Panis Angelicus“ und „Segne du Maria“ stimmgewaltig erklingen. Begleitet wurde der Baßsänger mit der Orgel von Lucas Schmitt. Aus Platzgründen mussten einige Kirchenbesucher vor dem Gotteshaus an der Messe teilnehmen.
Geboren und aufgewachsen ist Lore Zinser in Järkendorf als viertes von fünf Kindern des Ehepaares Hofmann. Lore heiratete 1952 den Inhaber des Maler- und Verputzergeschäfts Max Zinser aus Schallfeld, der noch einige Jahre bis zum Ruhestand bei Fichtel und Sachs arbeitete. Sie hatte ihren Ehemann beim Tanzen kennengelernt und erwähnte immer wieder, dass er beim Dreher einen Schritt zu viel machte. „Damals mussten wir zu Fuß gehen, um an den Tanzveranstaltungen in den Nachbarorten teilzunehmen“ und „jeden Sonntag nach Stadelschwarzach in die Kirche laufen“, erinnert sich Lore.
Max starb bereits 1994. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor, die sich seit 2014 abwechselnd und intensiv um ihre Mama kümmern und sie betreuen. Am Geburtstagfest gratulierten auch drei Enkelkinder und fünf Urenkel. Nach wie vor verfolgt die sportbegeisterte Lore viele Ereignisse am Fernseher und ist überzeugter FC Bayern-München Fan.
Bis zum 92.Lebensjahr war Lore Zinsers Gemüsegarten „ihr Heiligtum“. Mit viel Aufwand wurde gegossen, gepflegt und geerntet. Altersbedingt musste sie mit dem Hobby aufhören. In den 70er und 80er Jahren hatte sie oft auf verschiedenen Bauernhöfen insbesondere beim Brachen und der Feldarbeit für ein geringes Zubrot ausgeholfen. „Wenn arch viel Gros da war, hob ich mich aufgeregt“, erzählt sie und betont, dass sie ihren Kopf noch „beinander hat“.
Sie kann sich auch noch gut an die in den 80er Jahren von Kurt Bender organisierten Urlaubsfahrten nach Hollersbach erinnern: „des war immer a schöna Wochen“. Noch oft spielt die nach wie vor geistig rege Lore zur Abwechslung mit Tochter Irmgard und ihrem Fritz Herz-Skat und lässt jeden Tag mit einer dünnen Weinschorle ausklingen. Sie dankt ihrer aufopferungsbereiten Familie und der hilfsbereiten Nachbarschaft für Pflege, Betreuung und unterhaltsame Gespräche. „Des Telefon klinglda en ganzen Dooch“ berichtete die sichtlich erfreute Jubilarin.
Auch der Bürgermeister der Gemeinde Lülsfeld, Thomas Heinrichs, ließ es sich mit seiner Stellvertreterin Andrea Reppert aus Schallfeld nicht nehmen, dem Geburtstagskind zu gratulieren. Die Gemeindevertreter überbrachten ein Präsent und die Glückwünsche der Kommune. Auch der bayerische Ministerpräsident gratulierte mit einem Schreiben und Präsent.
Zahlreiche Mitbürger standen vor der Tür aber Corona ließ einen Eintritt nicht zu. So war die Geburtstagsfeier eher bescheiden und entsprach ganz dem Charakter einer Lore Zinser. Die Hundertjährige nimmt ihr Leben an, wie es im hohen Alter nun mal ist. Sie war immer bescheiden, kam mit wenig aus und lebte eher zurückgezogen; damit war und ist sie bis heute zufrieden. Dabei hätte ihr 100. Geburtstag wahrlich ein rauschendes Fest werden können.