
"Weiber, Geld, Autos und Unabhängigkeit, er hat alles und genießt es in vollen Zügen." Nein, das beschreibt nicht das Leben von Julian Reichel, sondern das seiner Hauptfigur, den notorischen Macho Eberhard Pummel, im Comic "Pimmel und Pummel – wenn der Penis flöten geht". Der Illustrator und Comiczeichner Julian Reichel aus Birnfeld hat diesen bemerkenswerten Comic herausgebracht, gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.
Erzieher gelernt und Design studiert
Hinter dem etwas infantilen Titel steckt eine Auseinandersetzung mit dem Thema "toxische Männlichkeit". Es war auch eine Auseinandersetzung des Autors mit sich selbst und seiner Umwelt. Er habe immer viel mit toxischen Männern zu tun gehabt, erklärt der 37-Jährige, der erst Erzieher lernte und später Design studierte.
"Gerade im Medienbereich sind viele Chefs noch diese klassischen '60er-Jahre-Mad-Men'", findet er. Darunter hat Reichel gelitten und darunter leiden viele Männer. Können Männer ihre Gefühle artikulieren? "Ich habe so viele Freunde, die können ihren Mund nicht aufmachen. Das ist einfach ungesund."

Dabei müsste das alles nicht so sein, zeigt Reichel mit seinem Comic. In "Pimmel und Pummel" haut der Penis wortwörtlich ab. Er hat keine Lust mehr auf Eberhards toxische Männerwelt und möchte in dieser nicht länger als Ausrede herhalten. "Der Mann denkt nicht mit dem Schwanz. Das stimmt einfach nicht", sagt Reichel. "Es wird einem nur so beigebracht, so zu denken. Das ist die Kultur und das Umfeld, das einen so scheiße werden lässt."
Nicht nur Comic-Figur Eberhard kann sich ändern
Mit erhobenen Zeigefinger möchte er als Autor aber nicht fungieren. "Ich will ernste Themen ansprechen, die Leute dabei trotzdem zum Lachen bringen und sie konstruktiv nach vorne bringen." Geschrieben und gezeichnet ist der 52 Seiten starke Comic für Männer, die sich normal eben nicht mit dem Thema "toxische Männlichkeit" auseinandersetzen.
"Man muss Leuten die Hand reichen", findet Reichel. "Destruktiv ist immer einfach. Die schwierige Lösung ist, Leuten zuzuhören." Denn nicht nur die Comic-Figur Eberhard kann sich ändern. "Jeder kann über sich selbst nachdenken und morgen etwas anderes machen", ist der Birnfelder überzeugt.
Er selbst ist gerade nicht dabei, sich neu zu erfinden. Warum auch? Er hat seinen Platz gefunden. Ende 2023 zog er gemeinsam mit seiner Ehefrau Lea Schumm, die ebenfalls als Designerin tätig ist, in deren Heimatdorf Birnfeld. Zuvor lebte das jungen Paar in Fürth. "Eigentlich bin ich aber ein Dorfkind", verrät Reichel, der aus Ort in Oberfranken stammt.
"Hier ist das Dorfleben, wie ich es mir wünsche"
"Die Birnfelder sind sehr herzlich. Hier ist das Dorfleben, wie ich es mir wünsche." Die Zeiten, in denen er ständig unterwegs war, liegen ohnehin einige Jahre zurück. Als Musiker reiste er einst quer durch die Underground-Szenen Deutschlands. Dabei hat er sich viele Menschen angesehen, sagt er.

Ein Comic-Zeichner ist für gewöhnlich auch ein guter Beobachter. "Mein gesamtes Kunstding basiert vor allem auf meinen Vorerfahrungen als Musiker und Erzieher", erklärt er. "Ich interessiere mit für Subkulturen und Abgründe der gesellschaftlichen Interaktion." Stilistisch bewegt sich seine Kunst irgendwo zwischen Popart und Punk.
Comic "bietet von allen Kunstformen etwas"
"Comic ist toll, es bietet von allen Kunstformen etwas", sagt er. "Und du kannst für jede Zielgruppe arbeiten." Etwas schade findet er, dass Comic hierzulande, trotz der großen Tradition mit einem Wilhelm Busch oder einem Till Eulenspiegel, anders als in anderen Ländern kein wirklich lukrativer Wirtschaftszweig ist.
"Als deutscher Comiczeichner musst du immer schauen, wo du bleibst", sagt Reichel, der dennoch auf die Kunstform schwört. "Comic kann Türen zu Themen öffnen, die den Leuten oft vielleicht zu schwierig sind." Aktuell stellt er auf Social Media mit befreunden Comic-Zeichnern mit Blick auf die Bundestagswahl Grafiken für Vielfalt und Demokratie zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung.