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SCHWEINFURT
Mit Sternenkind, Astronaut, Katze und Dämon
(huGO-ID: 29933820) Guten Freunden gibt man gerne mal ein KISSchen: Die “KISS Forever Band“ züngelte im Stattbahnhof. FOTO Uwe Eichler
| (huGO-ID: 29933820) Guten Freunden gibt man gerne mal ein KISSchen: Die “KISS Forever Band“ züngelte im Stattbahnhof. FOTO Uwe Eichler
Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 13.10.2015 10:49 Uhr

„Es ist großartig, wieder hier zu sein“: Auf halbem Weg zwischen Stuttgart nach Berlin hat die „KISS Forever Band“ Zwischenstation im Stattbahnhof eingelegt, am Freitag. Die Ungarn scheinen nicht ungern nach Schweinfurt zu kommen, schon vor zwei Jahren war die Stimmung grandios. Die richtige Schminke ist nicht alles: Wie jede gute Coverband haben auch die Jungs aus Budapest ihren eigenen Charme, wenn sie in die riesigen Fußstapfen springen, die von den klobigen Plateaustiefel der Originale in der Hard- und Glam Rock-Szene hinterlassen wurden. Aber nicht nur das Make-Up stimmt, die Magyaren gelten ganz offiziell als eine der besten Tribute Bands von KISS weltweit (genauer als Nr. 2 von so ungefähr 200). Gitarrist Zoltan „Starchild“ Vary schlüpft in die Rolle von Paul Stanley, Zoltan „Space Ace“ Marothy ist Ace Frehley, dem „Spaceman“, am Schlagzeug sitzt mittlerweile der Tscheche Radek „Catman“ Sikl, mit schwarzen Schnurhaaren im Miezengesicht, wie bei Eric Singer, der die Band öfters mal persönlich begleitet hat. Eine ziemlich ausdauernde Katze, die für ein langes Solo viel Beifall einheimst.

Dann gibt es noch Pocky „The Demon“, als Gene Simmons, ein charismatischer Gitarrengaukler mit Maori-Dutt, hohen Drachenkopf-Schuhabsätzen, diabolischer Rüstung, Streitaxt-Klampfe und cool angeknöpftem Fledermausschwingen-Umhang. Man merkt stilistisch, dass die Band bereits in Transsylvanien aufgetreten ist: „Welcome to the Show.“ Der große Saal ist zwar nicht ganz voll, aber freut sich, mit hoch gereckten Teufelshörnern. Die Fans sind dabei meist schon selbst im etwas gesetzteren Alter. Die merchandising-erprobte Kulttruppe hat sich schließlich bereits in den 70ern schrille Gruselfratzen ins Gesicht gemalt, ihre Jünger von „KISS forever“ sind auch schon wieder zwanzig Jahre beisammen, in wechselnder Besetzung.

Nun brummt sie los, die „War Machine“, die höllische Kriegsmaschinerie, darf „Almost human“ geflirtet werden, also in „überwiegend menschlicher Form“, hier toben die Kreaturen der Nacht. „Shout it out loud“ oder „God gave Rockn Roll to you“ gehört auch zum Repertoire, ebenso wie „Back from the New York groove” oder “Detroit Rock City„.

Zwischenrein rummst die Bühnenshow: Pocky zeigt fast zwei Stunden lang sehr viel Zunge, dazu gibt es Pyrotechnik, in Form eines Feuerspuckerschwerts, und den berüchtigten Bluthusten des Dämons - kein Anzeichen von Parodontose, sondern Ergebnis eines kräftigen Schlucks aus der Kunstblutflasche. Das Original war halt ein Kind der Zeit vom “Exorzisten„, von “Clockwork Orange„, oder der “Rocky Horror Picture Show„, oder auch des späten Vietnamkriegs, als es den lieben Kids von nebenan noch Spaß gemacht hat, die Freaks in sich zu entdecken. Im Vergleich etwa zu Marilyn Manson, einem großen KISS-Fan, sind die Songs der Rock-Legenden aber nur vom sanften Wahnsinn geschaukelt, trotz raumfüllender Rhythmen und eindeutiger Angebote der Ungarn an die Mädels vor der Bühne. Selbst die zackigen SS-Runen im Namen - das ebenso provokante wie unpolitische Bandlogo war hierzulande auch mal ein Aufreger - wirken heutzutage eher plattgebügelt. Gar nicht mal so wenige Songs drehen sich um die romantische Liebe, etwa die große Frage: “Do you really love me, Stattbahnhof?„ Offenbar.

Auch die KISS-Kopien aus Ungarn sind schließlich sozial verträgliche Knutschgesichter, Teufelsgitarrist Pocky verschenkt händeweise Plektrons, zwischendurch gibt es immer wieder Autogramme, für die Fans, Posieren vor den Smartphones und ein Schlückchen, um trockene Kehlen zu befeuchten: „Prost Schweinfurt“. Zu den Zugaben gesellt sich einer der schönsten Hymnen der Formation, „I was made for loving you, Baby“, mit dem Zusatz: „You were made to loving me“, die Fans dürfen mitsingen. Guten Freunden gibt man halt gern ein KISSchen. Geil, nennt das der Ungar. „Übergeil“, ruft ein Schweinfurter dazwischen - wer will da widersprechen?

 
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