
An diesem Donnerstagabend ist Premiere für das neue Theaterstück „Fräulein Schmitt und der Aufstand der Frauen“. Es wird in der Stadt die größte Theateraufführung seit Jahrzehnten werden. Die letzten derartigen Veranstaltungen waren im Jahr 1979 und 1985. Auch damals wurde der Gerolzhöfer Frauenaufstand thematisiert.
Vor dem großen Tor des Alten Rathauses war 1979 eine Bühne aufgebaut. Und dort, wo heute der Marktplatzbrunnen plätschert, stand die Zuschauertribüne, die mehreren Hundert Zuschauern Platz bot. Dreimal wurde aus Anlass der 1200-Jahr-Feier damals das Festspiel aufgeführt: am 7., 8. und 14. Juli.
In rund einem Dutzend verschiedener Szenen wurden wichtige Stationen der Gerolzhöfer Stadtgeschichte von 779 bis 1945 beleuchtet. Die drei Sprecher Michael Pfrang, Christopher Daumann und Bruno Steger lieferten jeweils eine kurze Einführung, ehe dann die Laienschauspieler jeweils ein kurzes Anspiel auf die Bühne brachten. Über 50 Kinder, Männer und Frauen aus Gerolzhofen und umliegenden Gemeinden spielten damals mit, effektvoll ausstaffiert mit Kostümen des Würzburger Stadttheaters.
Die letzte Szene beim Festspiel beschäftigte sich mit dem Frauenaufstand von 1945. „Viele Menschen auf der Bühne – Volksauflauf!“ lautet die Regieanweisung im Drehbuch des Festspiels, das heute im Stadtarchiv aufbewahrt wird. Die Bühne war proppenvoll mit Darstellern. Die Hauptrollen spielten damals Margarete Schottroff, Margarete Wegenkittel, Erika Karbacher, Gerda Edelmann, Josef Sommer, Engelbert Walter, Marianne Lenhardt, Edith Marschall, Gisela Reck, Angela Reck, Günther Reck, Gunda Wörle und Franz Kraus, Josef Röder (Michelau) und Petra Behringer (Dingolshausen).
Gerade ältere Mitbürger, die damals die Aufführungen gesehen haben, bekommen noch heute Gänsehaut, wenn sie sich an die dramatische Szene erinnern, als die weiße Fahne auf die Bühne getragen wurde – und die zurückgedrängten Nazi-Bonzen schließlich nur noch drohen konnten: „Ihr mainfränkischen Schweine, eure weißen Fahnen werden eure Leichentücher sein!“
Sechs Jahre später, im Juni 1985, wurde das Festspiel an gleicher Stelle noch einmal wiederholt. Viele Schauspieler bis auf wenige Ausnahmen übernahmen wieder ihre Rolle von 1979. Und erneut feierte die Aufführung große Erfolge.
Neben dem Festspiel wurde im Jahr 1979 auch ein Festzug organisiert, dessen Größe bis zum heutigen Tag unerreicht blieb. Sage und schreibe 1200 Mitwirkende reihten sich am Sonntag, 15. Juli, in den Umzug ein, der von seinen Aufstellungsort in der Nikolaus-Fey-Straße aus quer durch die Altstadt zog. Festzugleiter Sebastian Eckmeier hatte rund 80 verschiedene Zugnummern aufgeboten. 15 Musikkapellen, 35 aufwändig dekorierte Festwägen und zahlreiche Fußgruppen begeisterten die etwa 30 000 Zuschauer, die dicht an dicht die Straßenrändern säumten.
Eine der Zugnummern im Festzug: der „Aufstand der Frauen 1945“. Für den entsprechenden Festwagen und die Fußgruppe waren Mitglieder des Katholischen Frauenbunds zuständig. Zentrales Motiv des Festwagens war der Nachbau des Alten Rathauses, aus dessen oberstem Giebelfenster eine weiße Fahne heraushing. Oben auf dem Wagen stand Stadträtin Lisa Kwossek, die mit Schnauzbart und Jägerjanker den zur Zeit des Frauenaufstands amtierenden Bürgermeister Hans Gress darstellte.
An Kwosseks Seite war Margarete Schottroff, die schon im Festspiel die Lehrerin Josefine Schmitt gegeben hatte.
Ausstaffiert mit Kittelschürzen und Kopftüchern marschierten unter anderem Elisabeth Köhler, Margit Giedl, Erika Karbacher, Lieselotte Feller, Margarete Wegenkittel und Renate Nöth hinter dem Festwagen her. Auch Elfriede Pfister war damals dabei. Über 50 dicke Alben hat Elfriede Pfister bei sich im Wohnzimmerschrank liegen, mit vielen Bildern und Zeitungsausschnitten – alles fein säuberlich beschriftet und verschlagwortet. Ein ganzes Album ist mit Erinnerungsstücken von der 1200-Jahr-Feier gefüllt: Festabzeichen, Eintrittskarten, Zeitungsberichte und natürlich eine Menge Fotos. Sie erinnert sich noch gut an die damalige Großveranstaltung: „Wir haben ja auch den ganzen Festzug lang die weißen Tücher geschwenkt“, lacht sie. Dabei haben die Frauen auch ständig einen bestimmten Spruch gerufen. „Es fällt mir aber beim besten Willen nicht mehr ein, was wir damals gesagt haben.“

