"Corona hoch, salamander incipitur!" Auch wer nicht auf Anhieb mit den Gepflogenheiten einer Studentenverbindung fremdelt, zuckt bei diesem Gruß doch kurz zusammen. Wenn das Salamander-Trinkritual der Moeno Ripuaria beginnt, mit dem Reiben und Heben der Gläser, lässt man nach langer Lockdownzeit natürlich nicht die Pandemie hochleben. "Corona" meint in der "szenetypischen Sprache" die Gäste beim Festkommers im Konferenzzentrum.
Die technische Studentenverbindung sieht sich laut Lukas Lesch, der die Jubiläumsfeier mitorganisiert hat, als liberal und auch nicht als Burschenschaft im engeren Sinn. Die Traditionen werden dennoch hochgehalten, mit Säbelklopfen und Weiheworten ("silentium", "fiducit"). Das kleine Latinum war zwar nicht unbedingt nötig, aber doch hilfreich, beim 101. Stiftungsfest der Moeno Ripuaria, deren Name sich auf die Main-und Rheinfranken bezieht.
"Chargiert" wurde auch: In Festtracht marschierte die T.St.V. Moeno Ripuaria zu Würzburg und Schweinfurt, die Landsmannschaft Frankonia zu Triesdorf, die Burschenschaft Wartburg zu Mannheim, die Burschenschaft Technischer Club Vindelicia zu Augsburg, die TV Franko Textoria zu Münchberg und Hof, die StV Teutiona zu Chemnitz und Gummersbach, die KTV Grenzmark und die TDV Feminea e Franconia, beide zu Schweinfurt, in Richtung Präsidium. Im Saal gaben sich weitere Verbindungen aus ganz Deutschland die Ehre.
Dass der hundertste Gründungstag des Mitglieds im Kooperationsverband BDIC nicht 2021 gefeiert wurde, lag natürlich an (dem anderen) Corona. Los ging es am Freitag mit einem Festumzug vom Moeno-Haus am Mühltor ins nahe Rathaus, zum Empfang mit Oberbürgermeister und Ehrenmitglied Sebastian Remelé.
Die "Moeno" wurde in der Bischofsstadt Würzburg gegründet
Am Samstag wurden dann Farben gezeigt, auf der Maininsel. Das Jugendmusikkorps Bad Kissingen trat unter der Leitung von Matthias Zull an. Der Auftaktmarsch "Gruß an Würzburg" erinnerte daran, dass die "Moeno" mal in der Bischofsstadt gegründet worden ist. Mit Uniform, Säbel und gesenkten Fahnen paradierten die Chargen, die Amtsträger, in den Großen Saal.
Was heute nicht mehr so ganz dem Mainstream folgt, war im 19. Jahrhundert sogar als lässiges "Multikulti" gedacht. Die Husarenjacken oder Pekeschen etwa zeigten Bewunderung für die aufständischen Polen, die vor dem Zaren geflohen waren. Auch Aktivensenior Zaid Abrahim hat "Migrationshintergrund", der Festvorsitzende stammt aus Afghanistan und ist über Dubai nach Franken gekommen.
"Als ich der Verbindung beigetreten bin, hatte ich nur geringe Deutschkenntnisse", sagt der Mechatroniker. Nun wirbt "Cicero" (wie der studentische Spitzname lautet) für Integration und Spracherwerb. Am Ende umarmt ihn Bürgermeisterin Soraya Lippert, die selbst deutsch-pakistanischer Herkunft ist. Peru, Brasilien, die Ukraine sind als Herkunftsorte ebenfalls unter rund 200 Mitgliedern vertreten.
Festredner Steffen Vogel überbringt Grußworte seiner eigenen Verbindung, der eng befreundeten Adelphia Würzburg. Die Rede des CSU-Landtagsabgeordneten aus den Haßbergen dreht sich um das Motto der Moeno, "Freundschaft, Wissenschaft, Vaterlandsliebe". In Verbindungen gehe es um die Pflege echter, "analoger" Freundschaft, sagt Vogel. Um den Erwerb sozialer Kompetenzen, um Zusammenhalt, auch nach dem Studium.
Man sei durchaus selbstbewusst, wenn es um Werte und (ein demokratisches) Deutschland gehe, so der Parlamentarier. Diese Tugend sei in Zeiten des Ukrainekriegs offenbar wieder gefragt: "Wir haben immer daran geglaubt." Soraya Lippert lobt den Anspruch, Tradition und Weltoffenheit zu leben. Bei Tradition gehe es nicht um das Bewahren der Asche, sondern um das Schüren der Glut, so die Vertreterin der Stadt.
Ein paar Seitenhiebe wider den Zeitgeist
Es folgt ein langer Reigen von Grußworten, bis hin zum "Alten Herren" Kurt Vogel, der (Ehren-)Mitglied sowohl der Moeno wie der Adelphia ist. Danach übergibt Bastian Brand sein Amt als Philistersenior und Quasivorsitzender an den Höchstädter Matthias Wirsching. Vorstandsmitglied Michael Haller überreicht ersterem eine Urkunde und das Gründerband für besondere Verdienste. Ein paar Seitenhiebe wider den Zeitgeist gibt es in Brands Abschiedsrede schon, ebenso Werbung für die Chronik. Gegründet wurde die sogenannte "Aktivitas" am 9. August 1921 in Würzburg, 1935 wurde sie von den Nazis aufgelöst.
Anfang 1951 folgte der Neustart, bevor es 1974 an den Rand der Schweinfurter Altstadt ging, ein Jahr vor dem vollständigen Umzug in die Kugellagerstadt. Es war OB Georg Wichtermann, der sich für die Ansiedlung am Mühltor eingesetzt hat, im Kutscherhaus der einstigen Pferdebahn. Dort steht heute der Umbau des Verbindungshauses auf dem Programm, beim Anbau gibt es Verzögerungen. Zum Projekt "Moeno 2025" zählt die Nachwuchswerbung, nachdem die Pandemie viele studentische Veranstaltungen ausgehebelt hat. Der lange Abend schließt mit einem Chargenwalzer, in der Mitte des Mainstroms.
