Die Idee „Espressoclub“ hatte Michael „Mike“ Mangold lange. 2009 erfüllte sich der gelernte Koch seinen Traum mit der Café-Bar „Viva Barista“.
Die Adresse in der Judengasse wurde zum Kult-Treffpunkt. Im Auge hatte Mangold damals allerdings bereits das Haus in der Spitalstraße 19, die ehemalige Metzgerei Kast. Dort hat Mangold sich nun seinen ganz großen Traum erfüllt: „Die Fleischerei“, die alles irgendwie vereint. Sie ist Café-Bar, Metzgerei, Imbiss, Treffpunkt.
Warum dieses Haus? Mike Mangold stammt aus einer Gastro-Familie. Großvater Arthur Mangold war Metzger, sein Arbeitsplatz war die Metzgerei Kast – in der Spitalstraße 19. Wilhelm Kast hat sein Geschäft dort 1912 eröffnet, „es war die erste Metzgerei mit einem Imbiss“, schildert Mike Mangold. Es war auch die Vorlage für seine am Wochenende großartig eröffnete „Fleischerei“ mit dem Untertitel „Drinks und Recreation“.
Schon immer ein Auge auf das Anwesen in der Spitaltraße 19
Mangold arbeitete in der Küche renommierter Häuser. Zwölf Jahre war er Küchenchef im Gasthof der Eltern am Kornmarkt. Als die Familie sich entschied, nur noch die Pension zu betreiben, brachte ihn ein Auftrag auf den Geschmack. Für die Firma SRAM betrieb Mangold auf der Euro Bike eine Kaffee-Lounge und er erinnerte sich seiner Idee „Café-Bar“.
Die Spitalstraße 19 war aber 2009 „belegt“ – mit der Firma Hussel. Das Süßwarengeschäft gab es in der ehemaligen Metzgerei seit 1962. Metzgermeister Kast hatte damals keinen Nachfolger gefunden. Mike Mangold ging deshalb „notgedrungen“ in die Judengasse, lacht er, weil er den kleinen Umweg nie bereut hat. Etwas Besonderes war „sein“ Viva Barista nämlich schon, mit der nostalgischen Kaffeemaschine Faema E 61, den in Anspielung auf das katholische Italien aufgehängten Ablassbildern oder der über 50 Jahre alten Leuchtreklame „Schütz-Café“, die einst im Bahnhof hing.
Metzgerei Kast aus dem Dornröschenschlaf geholt
Hussel ist kürzlich eine Straße weitergezogen, der Weg war nun frei für die „Fleischerei“. Zunächst galt es, die hinter den Süßwarenregalen versteckte alte Metzgerei wieder „hervorzuholen“. Als auch der PVC-Boden raus war, zeigte sich: Die Metzgerei Kast ist im Original noch vorhanden. „Ich habe das gehofft“, sagt ein lachender Mike Mangold.
Im Schweinfurtführer von Peter Hofmann finden sich einige alte Bilder und eine Zeitungsanzeige zu den „bekannt guten Fleisch- und Wustwaren“ bei Kast: „Feinste Aufschnitte, mild gesalzenen Schinken und sonstige Dauerwurstwaren“.
Natürlich war viel Nacharbeit nötig. Die Malerfirma Kämpf vom Zeughaus etwa hat die Porzellan-Bordüren an den Spiegeln „wunderbar nachgearbeitet“, die Firma Stremel (Oberndorf) gleiches bei den Fliesen geschafft. Und Mangold selbst legte wie beim Barista größten Wert auf Nostalgie, Historie, das Besondere.
Man sitzt in der Fleischerei auf Pauschenpferden und ehemaligen Architekten-Drehstühlen. Die Amboss-Tische sind nach seiner Idee extra angefertigt, die Lampen aus einem Bunker, die Garderobe sind Fleischerhaken aus dem Schlachthof Schweinfurt.
Der Schriftzug Fleischerei hing einst im Schlafzimmer
Der Clou ist der Schriftzug „Fleischerei“. Dahinter steckt natürlich auch eine Geschichte. Mike Mangold hat den Schriftzug vor zehn Jahren gesehen, „kaufen müssen“, ohne damals noch zu wissen, was er damit anfängt. Vier Jahre lang lag die „Fleischerei“ auf seinem Dachboden, sechs Jahre lang war der Schriftzug sein Morgengruß: Er hing in Mangolds Schlafzimmer. Und jetzt hängt er in der Spitalstraße 19, gibt der Fleischerei den Namen.
„Back to roots“, sagt Mangold und meint das in dreifacher Hinsicht: Der Opa hat hier gearbeitet, vom Fach ist auch er und in der Fleischerei des Jahres 2017 gibt es wie einst beim Metzger Kast einen Imbiss.
Die Fleischerei ist jeden Werktag von 9 bis 19, am Samstag und Sonntag bis 16 Uhr geöffnet. Von Montag bis Freitag wechselt der Mittagstisch nach einem festen Rhythmus – Eintopf, Suppe, vegetarisch und freitags „ganz klassisch Süßes oder Fisch“. Mangold hat personell aufgestockt, beginnt mit 14 Mitarbeitern.
Spitalstraße: Wandel von der reinen Handels- zur Kulinarmeile
Die Entwicklung der Spitalstraße von der einst reinen Einkaufstraße zur Kulinarmeile – erst kürzlich kamen zu den Eiscafés und Bäckereien das Bernstein und das Café Mozart gleich nebenan dazu – sieht Mangold positiv. Die Gastro-Angebote sorgten für mehr Frequenz, was wiederum dem Einzelhandel zugute komme und „hoffentlich Leerstände beendet“.
Der Nachfolgerin im Ex-Barista wünscht er alles Gute. Raua Romanowski macht in der Judengasse mit einem Café weiter. Und Mike Mangold hat in der Spitalstraße die „Fleischerei“ eröffnet, die er ganz unbescheiden ein „Schmuckstück für Schweinfurt“ nennt.