"Unser Öffentlicher Personennahverkehr ist in keinster Weise an die heutigen Bedürfnisse angepasst." Das sagt Verkehrsplaner Robert Wittek-Brix. Für seine Firma LTE in Heidelberg ist er auf der Suche nach einer Referenzstrecke für eine Innovation im Eisenbahnwesen auch im ländlichen Raum. Dabei ist ihm neben vier anderen Strecken in Bayern die Steigerwaldbahn ins Auge gefallen.
Kernpunkt der Innovation: Der Fahrgast soll nicht zur Bahn kommen, sondern die Bahn zu Fahrgast, auch mitten in der Stadt. Der Zug soll bis vors Geschäft oder vors Café fahren. Er soll die Bahnnutzer möglichst nahe von dort abholen, wo sie wohnen, und dorthin bringen, wo Leben ist. Und zwar in flexiblen Leichtwaggons mit Toiletten, Fahrradmitnahme und Bistro.
Und der Zug soll von Schweinfurt nach Kitzingen fahren. In beiden Städten soll er sich von einer Regionalbahn in eine Straßenbahn verwandeln, eine Regionalbahn also mit innerstädtischer Erschließung. Wittek-Brix hat bundesweit und auch im benachbarten Ausland bereits viele derartige Projekte geplant, die teils schon realisiert und zu großen Erfolgsgeschichten geworden sind. Die Fahrgastzahlen haben sich nach seinen Angaben im Vergleich zum früheren ÖPNV um das Sechs- bis Zehnfache erhöht.
Über die Maxbrücke in die Stadt
In Schweinfurt stellt sich der Planer vor, von der Steigerwaldbahn aus Richtung Gerolzhofen kommend auf Höhe des ehemaligen Bahnhofs Sennfeld einen Abzweig über die Maxbrücke und in die Schweinfurter Fußgängerzone zu schaffen. Dann geht es weiter vorbei an vielen Geschäften, dem Theater, dem Campus der Fachhochschule, dem Festplatz, dem Schulzentrum und der Berufsakademie bis zur Strecke Schweinfurt-Ebenhausen, die nach Bad Kissingen beziehungsweise Erfurt führt. Das heißt, auch viele Schüler und Studenten könnten mit der Bahn bis vor die Haustür fahren.
In Kitzingen will Wittek-Brix die Steigerwaldbahn an der Stadtgrenze verlassen und ebenfalls auf der Straße über die Nordtangente und eine Rampe in sechsprozentiger Steigung hinauf zum Kitzinger Bahnhof fahren. Damit wäre auch der Lückenschluss zur Hauptstrecke Nürnberg-Würzburg geschafft. Die gesamte Steigerwaldbahn wäre dann auch eine Entlastungsstrecke, die den Knoten Würzburg umfährt. Damit könnte sie in ein größeres Streckensystem eingebunden werden. Zu Ende wäre dann die Zeit einer 50 Kilometer langen Sackgasse. Die bereits entwidmete Strecke auf Kitzinger Gebiet braucht Wittek-Brix nicht.
Dieses Konzept hätte das Alleinstellungsmerkmal "Eine Eisenbahn für die Region – eine Straßenbahn für die Stadt" und eine Strahlkraft weit über die Region Schweinfurt/Gerolzhofen/Kitzingen hinaus, glaubt der Planer Auch auf der Trasse zwischen Schweinfurt und Kitzingen will der Verkehrsingenieur Veränderungen, die wegführen von der Bimmelbahn-Romantik. In den Ortsdurchfahrten sollen die Gleise nicht auf Schotter, sondern auf einem Grasbett mit Halmen bis zur Schienenoberkante liegen. Das gewährleistet ein fast lautloses Fahren. Zu sehen ist dies bereits an einigen Teilabschnitten der Würzburger Straßenbahn.
Mehr Haltestellen
Die Zahl der Haltestellen soll sich erhöhen. In Gerolzhofen kann sich Wittek-Brix drei bis vier von ihnen vorstellen, etwa im Südwesten, am bisherigen Bahnhof und am Schulzentrum. Die Reisezeit wird sich dabei kaum erhöhen, denn moderne, leichte Züge können schnell beschleunigen und abbremsen.
In groben Umrissen stellte der Experte seine Pläne bereits dieser Tage auf der Informationsveranstaltung der Grünen im Pfarrer-Hersam-Haus in Gerolzhofen vor. Auf die Details ging er bei einem Gespräch mit der Redaktion ein.
Das Konzept ist die Antwort des Planers an die Kritiker einer Reaktivierung, durch die viele ihrer Argumente entkräftet werden (zu weite Wege beim Einkaufen, zu laute Züge in den Ortschaften, die Abgelegenheit des Schweinfurter Hauptbahnhofs). Auch Wittek-Brix hält es für untragbar, mit den Verhältnissen weiterzumachen, die einst das Zugfahren so unattraktiv gemacht haben. Zum Einsatz kommen sollen auch nicht reine Dieselloks, sondern Hybrid-Fahrzeuge.
Das Konzept ist also ein Mischsystem zwischen Straßen- und Eisenbahn mit Fahrzeugen, die in beiden Welten zu Hause sind. In Volkach hat es das schon gegeben, wo der Zug von Astheim über die Behelfsbrücke nach Volkach fast in die Innenstadt fuhr.
Fahrgäste aus der Region können also in die Innenstädte fahren, ohne dass sie umsteigen müssen. Damit könnte die Bahn auch zu einer Revitalisierung der Innenstädte beitragen und der Verödung entgegenwirken.
In einer ersten Phase soll die Strecke von Gerolzhofen bis nach Schweinfurt reaktiviert werden. Weil das eine bereits gewidmete Strecke ist, sind kein Planfeststellungsverfahren, kein Flächenausgleich und kein Lärmschutz notwendig (deswegen sind solche Kosten auch nicht im Kobra-Gutachten enthalten, das der Landkreis in Auftrag gegeben hatte). Der Zug würde aus zwei Wagen bestehen, von denen einer am Abzweig in Sennfeld in die Schweinfurter Innenstadt weiterfahren würde, der andere zum Hauptbahnhof, wo dann ein schnelles Umsteigen in alle Richtungen möglich ist.
Zu den Kosten: Auf der Steigerwaldbahn wurde ein noch guter Streckenzustand festgestellt. Schlangenlinien und Dellen in den Gleisen können maschinell gerichtet werden. Bis auf die Weichen hat die Strecke robuste Stahl- und Betonschwellen, die auf schwere Militärtransporte ausgerichtet waren. Die Brücken sind noch tipptopp in Ordnung. "Deshalb sollte die Sanierung nicht mehr als zehn Millionen Euro für eine Wiederinbetriebnahme kosten", sagt Wittek-Brix und liegt damit weit unter bisherigen Schätzungen. Dazu käme noch die Sicherungstechnik, doch dafür gibt es heutzutage preiswerte Varianten.
Der Schienenweg durch Schweinfurt soll rund 40 Millionen kosten. Sollte der Kosten-Nutzen-Faktor stimmen, gäbe es dafür eine Förderung von 80 Prozent. Nicht enthalten ist darin der Neubau der Maxbrücke, aber auch dafür gäbe es eine 80-prozentige Bezuschussung, wenn eine Spur für den ÖPNV und die innerstädtische Erschließung mit der City-Bahn eingerichtet werden würde. In Kitzingen werden die Kosten auf zehn Millionen Euro geschätzt. Auch hier würden hohe Zuschüsse fließen.
Natürlich haben auch die Fahrzeuge ihren Preis. Hier kommt es darauf an, ob sich das Eisenbahnverkehrsunternehmen für modernisierte, gebrauchte und damit preisgünstige Garnituren entscheidet oder für neue. In letzteren Fall könnte sich laut Wittek-Brix der Betreiber einer Sammelbestellung anschließen, die derzeit über einen Verbund anderer Städte läuft. Das brächte hohe Rabatte.
Synergien wird es bei einer Realisierung auch mit der Mainschleifenbahn geben, kündigt Wittek-Brix an. Beide Linien sollen keine Konkurrenz betreiben.
Gemeinden sind für Schäden haftbar
Eins sagt der Ingenieur schon jetzt: Sollte die Strecke nicht von Bahnbetriebszwecken freigestellt werden, müssen die Gemeinden, die bereits Gleisteile herausgeschnitten und für Straßenübergänge gesorgt oder andere Beschädigungen vorgenommen haben, die Schäden auf eigene Kosten beseitigen.
In wessen Auftrag hat nun Robert-Wittek-Brix dieses Konzept entwickelt? Dahinter steht eine Interessengemeinschaft, bestehend aus einem Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU), einem Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU), einem Waggonbauunternehmen aus Berlin und dem Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Braunschweig, das sich auch mit Bahnübergangssicherung beschäftigt. Das ganze Projekt trägt den Namen City-Bahn. Projektleiter und Geschäftsführer ist Robert Wittek-Brix. EIU und EVU möchten namentlich noch nicht genannt werden, solange das Entwidmungsverfahren für die Steigerwaldbahn bei der Regierung von Mittelfranken in Ansbach läuft.
Stillschweigen über Gespräche
Sollte diese Entscheidung positiv ausfallen, wird man gemeinsam auf die Gemeinden und andere Aufgabenträger zugehen. Über die Pläne sind bereits die Landratsämter Schweinfurt und Kitzingen sowie die Städte Kitzingen und Schweinfurt informiert. Über den Verlauf der Gespräche möchte Wittek-Brix noch nichts sagen, weil Stillschweigen vereinbart wurde.
Vorstellig geworden ist er auf Einladung von Staatsminister Joachim Herrmann bereits 2017 auch bei der Bayerischen Obersten Baubehörde und bei der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) in München. "Im Ergebnis dieser Runde wurde die Überlegenheit unseres Systems hinsichtlich Attraktivität und Wirtschaftlichkeit anerkannt", berichtet der Planer.
Warum aber hat Wittek-Brix seine Überlegung so lange der Öffentlichkeit vorenthalten. "Ich wollte erst meine Hausaufgaben machen und meine Pläne bei den zuständigen Stellen vorstellen. Alles andere hätte falsche Hoffnungen geweckt."
Idee: Bahn nach Maxbrücke via Rusterberg, dann vor Albrecht-Dürer-Platz unter die Erde via Hohe Brückengasse & Roßmarkt, ab Jägersbrunnen wieder überirdisch über Wilhelmstr. zur Niederwerrner Str.
Bautechnisch wäre das vmtl. unproblematisch, da es keine Oberleitung gibt und nur ein Untergeschoss nötig wäre. Nicht zwei, wie bei der TG am Gg.-Wichtermann-Platz.
Am Roßmarkt hielt im UG die Steigerwaldbahn und im EG die Stadtbusse. Das wäre an kurzen Wegen & Effizienz wohl nicht zu überbieten! SW & Region bekämen i. Vgl. zu großen Städten einen sehr, sehr preiswerten ÖPNV de Luxe!
Später wäre vielleicht auch eine Haßberglinie via Stadtbahnhof & Rusterberg als Linie 2 denkbar. Wahnsinn, welche Möglichkeiten sich da vielleicht eröffnen!
Bitte an die Kommunalpolitik, vielleicht auch an die Tagblatt-Redaktion: wäre die Sache nicht eine nähere Betrachtung wert?
Das Gedankengut des Verkehrsplaners Wittek-Brix ist schon bestechend, und in Verbindung mit dem Zahlenmaterial von Dr. Schliephake sollte umgehend mit Verhandlungen und Planungen begonnen werden. Der Gleisabbau-Unternehmer Meißner wird es schon verkraften, wenn er mit null Profit aus dieser Geschichte herauskommt.
Das Bildchen mit der musealen Diesellok und den Waggons am Haken: damit könnte er sein Arbeitszimmer im Maximilianeum schmücken, nachdem er bahntechnisch immer noch wie vor vierzig Jahren lebt.
alle reden von der Klimaerwärmung, wir machen sie! Ihre CSU...
>Rusterberg
>Albrecht-Dürer-Platz: Haltestelle (nahe Roßmarkt!)
>Schultesstraße (historische Straßenbahntrasse!)
>Schillerplatz: Haltestelle (nahe Bf.-Mitte, Behörden, Stadtgalerie)
>Wilhelmstraße, und weiter zur Niederwerrner Str.
Wenn ja, passte die Tram, die auch ein städtisches Gestaltungselement darstellt, besser zu diesem großstädtisch-urbanen Umfeld, als zum kleinstädtisch-historischen Umfeld Markt-Zeughaus-Stadtmauer.
Zudem durchschnitt die Tram dann nicht die Grünzonen Chateaudunpark & Spitalseeplatz: hier könnte dann auch der angedachte See angelegt werden, am besten nahezu durchlaufend von der Friedrich-Ebert-Str. bis zur Roßbrunnstraße, als Kaltluftzufuhrgasse vom Norden in die Innenstadt (Klimaerwärmung!)
Eine zweigleisige Stammstrecke, mit Normalspur statt Schmalspur wie in WÜ, mit dann großstädtischem Tramverkehr, passte zur oben vorgeschlagenen Trasse besser, sofern sie möglich ist. Statt dass die Bahnen ums Rückert-Denkmal herumkurven.
SW & Region würden durch die Bahn einen Entwicklungsschub bekommen, der weit über den ÖPNV hinausgeht! Für SW würde die Bahn zum Dosenöffner zur funktionalen Großstadt.
Leider wird das Ganze wohl sowohl am Widerstand von Gerhard Eck als auch an den unterschiedlichen Zuständigkeiten für Überlandbahn und Straßenbahn scheitern. Das ist in anderen Bundesländern anders.
"Der Schienenweg durch Schweinfurt soll rund 40 Millionen kosten. Sollte der Kosten-Nutzen-Faktor stimmen, gäbe es dafür eine Förderung von 80 Prozent."
Wenn das Gerhard Eck verhindern würde, ging er in die Geschichte ein! In ähnlicher Art wie sein Vorgänger Erwin Lauerbach, der nach Tagblatt-Recherchen den Beschluss des Freistaats der Eingemeindungen nach SW stornierte.
Die Region SW wird bestraft mit CSU-Staatssekretären.
Es soll Leute geben, denen es egal ist, womit sie in die Geschichte eingehen...in letzter Zeit hatte ich nicht den Eindruck, dass Herr Eck die Ziele verfolgt, die uns "Verblendeten" am Herzen liegen ...
Wir werden es sehen.
Wäre zwischen Maxbrücke & Kunsthalle auch eine andere (z. T. historische) Trasse via Spitalstraße & Rüfferstraße denkbar, u.a. mit Halt am DB-Halt SW-Mitte?
Auch wären weitere Haltepunkte in Gochsheim-Atzmann (Gewerbegebiet), Gochsheim-Nordwest (Industriegebiet) & Sennfeld-Mitte (Höhe Hauptstr.) denkbar.
Auch könnte man die nötigen Neubaugebiete, die Stadtrat Wiederer gerade ansprach (Pfannäcker & Mönchkutten), über eine spätere Linie 2 via Niederwerrner Str.-Kasernenweg-Heeresstraße ans Tram-Netz anschließen. Zudem wären dann auch Kessler Field & Yorktown Village angebunden.
Anstatt mit allen Kräften für dieses brillante Konzept zu werben, blockieren Bürgermeister, Gemeinderäte und nicht zuletzt Herr Eck mit seinem Argumentationsleitfaden gegen die Reaktivierung der Steigerwaldbahn sämtliche Planungen.
Ich kann nicht verstehen wie man der Verramschung des Schienengeländes freudig zusehen kann.
Warum gibt sich Herr Eck nicht damit zufrieden, uns den Nationalpark madig gemacht zu haben? Muss der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs jetzt auch noch rückwärtsgewandtem Denken zum Opfer fallen?
Ein Wort noch zu den Anliegern: Sie tolerieren Autos, LKWs, Motorräder und Traktoren? Dann werden Sie das Vorbeifahren dieser Leichtwaggons nicht einmal bemerken.
wo die Bahn sozusagen in der Innenstadt zur Straba wird (und umgekehrt bei der Fahrt ins Umland).
Ob man damit in einer Gegend punkten kann, wo alles, was nach Bahn aussieht, als Teufelszeug gehandelt wird (zumindest seitens der örtlichen Gremien), ist natürlich eine ganz andere Frage...
Herr Innenstaatssekretär, und Frau Klimaschutzbeauftragte Frau Weißgerber, Artikel bitte lesen!!
Wer dann dennoch lieber mit dem Auto oder Bus fahren will kann es ja tun, die Straßen werden freier und sicherer sein, da attraktiver und günstiger ÖPNV für die meisten Leute die bessere Alternative darstellen wird. Viele Haushalte werden sich zumindest dann gut überlegen ob sie mittelfristig ihre Zweit- und Drittautos erneuern brauchen. Zumal die vielen die ohnehin gar kein Auto haben, dass auch endlich mal Beförderungsleistung angeboten bekommen. Hier ist enorm viel Sparpotential für sehr viele private Haushalte greifbar u.v.a. eine massive Steigerung der Lebensqualität in den Anrainerkommunen und darüber hinaus. Die öffentliche Hand kann zudem günstiger die Aufgaben der Daseinsvorsorge bewerkstelligen als mit klassischen Vollbahnsystemen und v.a. die sich abzeichnenden Vorgaben bzgl. Mobilitätswende (Stichwort Klimaschutz, Demographischer Wandel, Barrierefreiheit etc.). Topp!