Ein Gerolzhöfer Jungunternehmer ließ Anfang des Jahres seine neugegründete GmbH am Amtsgericht Schweinfurt in das Handelsregister, Abteilung B, eintragen. Dort sind die Daten zur Firmierung, die Rechtsform, der Ort der Niederlassung, die Namen von Geschäftsführern und die Höhe des Stammkapitals der GmbH hinterlegt und für jedermann einsehbar. Mitte des Monats bekam der Jungunternehmer dann Post – gleich stapelweise Briefe mit dem Vermerk „Persönlich/Vertraulich“, die dringlichen Zahlungsaufforderungen täuschend ähnlich sahen.
Was der Mann zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste: Seine neue GmbH war kurz zuvor im Internet unter www.bundesanzeiger.de auf der Homepage der Bundesanzeiger Verlag GmbH beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz veröffentlicht worden. Vom Registergericht am Amtsgericht Schweinfurt hatte der Gerolzhöfer zu dem Zeitpunkt noch keine Mitteilung erhalten, dass die Eintragung ins Handelsregister schon erfolgt war.
Eine „Veröffentlichungsofferte“
Die erste „Kostenrechnung“, die eintraf, stammte von einem Wirtschaftszentralregister aus Berlin, datiert auf den Tag der Internetveröffentlichung. Belegt mit dem korrekten Aktenzeichen der Handelsregistereintragung (das im Internet zu finden ist) wurde dem Unternehmer mitgeteilt, dass ein Betrag von 498 Euro „zur Zahlung festgesetzt“ worden sei und dieser binnen einer Woche auf ein Konto bei der Berliner Sparkasse zu zahlen sei. Zur Erleichterung der Zahlung wurde gleich ein ausgefüllter Vordruck eines SEPA-Überweisungsauftrags mitgeschickt. Der Text, der für die stolze Summe von fast 500 Euro in diesem Zentralregister im Internet veröffentlicht werden sollte, ist identisch mit dem Handelsregistereintrag der neuen GmbH im Bundesanzeiger. Was erst auf dem zweiten Blick auffiel: Gut in der rechten Ecke des offiziell wirkenden Anschreibens versteckt stand in kleiner Schrift das Wort „Veröffentlichungsofferte“.
In einer ähnlichen Preisklasse bewegte sich das nächste Schreiben, das einen Tag später eintraf: Eine Firma aus Nürnberg wollte 509,32 Euro für die Veröffentlichung der neuen Firma in ihrem Internet-Portal. Immerhin wurde der Brief in der Betreffzeile gut sichtbar als „Veröffentlichungsofferte“ gekennzeichnet. Dass die Nürnberger mit ihrer Bauernfängerei in der Vergangenheit schon durchaus erfolgreich waren und gutes Geld verdienten, zeigt ein Blick in deren Portal: Dort sind bereits mehrere Firmen aus Gerolzhofen aufgeführt. Die Informationen, die man über diese Unternehmen erhält, sind allerdings identisch mit den für jedermann zugänglichen Angaben im Bundesanzeiger. Sie wurden nur kopiert.
Die Preise steigen
Unter der Post des Tages befand sich zudem ein Brief einer anderen Firma aus Nürnberg, die unter dem plakativen Stichwort „dringend bearbeiten!“ einen „Endbetrag“ in Höhe von 568,82 Euro verlangte. Nur im Kleingedruckten zu finden war das Wort „Offerte“ für die Eintragung in die Datenbank dieser Firma.
In einem weiteren Schreiben einer „Gewerberegisterzentale“ (mit Schreibfehler!) aus Düsseldorf wurde der neuen Gerolzhöfer GmbH gar den stolzen Betrag von 796 Euro in Rechnung gestellt, „zahlbar binnen drei Werktagen nach Erhalt“. Falls die Zahlung nicht fristgerecht eingehe, behalte man sich „das Recht vor, Ihre Daten unverzüglich aus unserem System zu löschen“. Nur wenn man das Kleingedruckte aufmerksam durchlas, fand man auch hier das Wort „Offerte“.
In der gleichen Preisklasse spielte der Brief einer Firma aus Essen. Die wollte 791,35 Euro für einen Eintrag, sonst werde man die Daten wieder löschen. Per Mail kam dann am gleichen Tag noch eine weitere Zahlungsaufforderung ins Haus. Unter dem Stichwort „Handelsregisterauszug“ verlangte ein Unternehmen die Überweisung von 807,49 Euro. Eine Adresse dieser Firma war auf dem Schreiben nicht ersichtlich, nur eine Mailadresse für eventuelle Rückfragen.
Mit Bundesadler
Wer nun geglaubt hatte, es könne kaum noch teurer werden, sah sich getäuscht. Im nächsten Brief einer Firma aus Berlin, durchaus offiziell wirkend mit dem Bundesadler in Schwarz-Rot-Gold im Briefkopf, wurden dann sagenhafte 882,98 Euro für einen Eintrag in eine Datenbank verlangt.
Der Gerolzhöfer Jungunternehmer zahlte in keinem der Fälle – weil in seinem Büro das Kleingedruckte aufmerksam durchgelesen wurde und er zur Sicherheit auch noch seinen Steuerberater zu Rate zog. Diese ominösen Schreiben sind rechtlich gesehen nur Angebote. Erst wenn man bezahlt, stimmt man dem Angebot zu und schließt somit einen Vertrag. Als Gegenleistung erhalt man dann eine meist wertlose Dienstleistung: Die sowieso für jedermann zugänglichen Daten des Handelsregisters werden von einer Maschine in ein unbeachtetes Internet-Portal oder privates Register, in Verzeichnisse oder Adressbücher irgendwo in den Tiefen des World-Wide-Web hinüberkopiert.
Warnung des Amtsgerichts
Erst als sich die Briefe mit den Zahlungsaufforderungen auf dem Schreibtisch des Unternehmers schon stapelten, erhielt er nach einer Woche dann auch Post vom Amtsgericht Schweinfurt. Ein Anruf in der Geschäftsstelle des Amtsgerichts schuf Klarheit, dass zumindest dieses Schreiben offiziellen Charakter hatte. Es wurde ihm offiziell die Eintragung ins Handelsregister B mitgeteilt. In dem Brief wurde der Gerolzhöfer explizit vor „häufig amtlich aussehenden Rechnungen für Eintragungen in private Register“ gewarnt – reichlich spät.
Die Bundesanzeiger Verlag GmbH sieht übrigens keine Möglichkeit, die Angebote und Bescheide privater Datenbanken rechtlich zu unterbinden, teilt sie auf ihrer Homepage www.bundesanzeiger.de mit. Als Warnung wurde aber eine Liste der derzeit bekannten Anbieter solcher fragwürdiger „Leistungen“ ins Netz gestellt. Die Liste ist lang.