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Schweinfurt
Mission "Licht ins Dunkle"
In der Bahnhofsmission stimmt die Temperatur auf dem Thermometer: Mitarbeiter Elmar Rachle und Catrin Sauer von der Diakonie geben Energiespartipps, für Menschen wie Angelika (links), die auf den Euro achten müssen.
Foto: Uwe Eichler | In der Bahnhofsmission stimmt die Temperatur auf dem Thermometer: Mitarbeiter Elmar Rachle und Catrin Sauer von der Diakonie geben Energiespartipps, für Menschen wie Angelika (links), die auf den Euro achten müssen.
Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 07.01.2023 02:48 Uhr

Die soziale Kälte kriecht schon mal nicht hinein, in den Anbau am Hauptbahnhof, den das große lilafarbene Kreuz als Schweinfurter Zweigstelle der Bahnhofsmission ausweist. Seit 128 Jahren hilft die ökumenische Organisation Reisenden in misslicher Lage, aber auch anderen Menschen, die in existenzielle Not geraten sind. Auch an diesem Wintertag kommen regelmäßig "Gäste" in die Anlaufstelle, für einen Kaffee, einen Kuchen, ein paar gute Worte.

Die Heizung ist auf 2 eingestellt, mittlere Stufe, die warmen Sachen bleiben auch am Tisch angezogen. Die Bahnhofmission sieht sich als Anlaufstelle, als Berater und Vermittlungsstation zu den sozialen Diensten der Stadt. Derzeit ist "Energiesparen" das große Thema. Seit 1. Dezember bietet das Diakonische Werk Schweinfurt eine erweiterte "Energie- und Sozialberatung" an, für Stadt und Landkreis gleichermaßen. Bis Ende März 2023 gibt es eine eigene Beratungshotline unter der Nummer (09721) 2087333, montags von 10 bis 12 Uhr, dienstags von 13 bis 15 Uhr und donnerstags von 16 bis 18.30 Uhr, Motto: "Wir bringen Licht ins Dunkle".

Zum Team, dass die Menschen gut durch den Frostwinter 2022 bringen möchte, zählt auch Elmar Rachle. Der Mitarbeiter der Bahnhofsmission ist zugleich Umwelt- und Abfallberater sowie examinierter Altenpfleger. "In Zeiten wie diesen" ist sein Leitfaden überschrieben, Untertitel: "Einfache Energiespartipps – noch nie waren sie so wertvoll".

Thermometer in der Wohnung genügt zur Kontrolle

Es sind relativ schlichte, aber effektive Empfehlungen, (nicht nur) für Bewohner von Sozialwohnungen, angefangen vom Abstellen der Heizung beim kurzen Stoßlüften im Winter. Ein Thermometer genügt zur Kontrolle, ob die Wohnung bei 19 oder 20 Grad gewärmt ist, im Schlafzimmer reichen auch 18 Grad. Beim Kühlschrank hilft gelegentliches Abtauen (im Kampf gegen das Vereisen) und eine gute, gut durchdachte Füllung, bei sieben bis acht Grad.

Herunterschalten auf 1 am Ende des Kochens, möglichst mit Deckel, die Verwendung eines (häufiger entkalkten) Wasserkochers statt der Herdplatte, eine Sparfunktion an der Dusche, der klassische Waschlappen statt der täglichen Regenwald-Brause, das Einstellen des Waschmaschinen-Programms auf maximal 40 Grad, wenn nicht wirklich Krankheitskeime abgetötet werden sollen – die Liste der Vorschläge ist lang. Ein Klassiker ist der Verzicht auf Radiatoren und anderen elektrischen Heizkörpern, oder die Verwendung von LED-Leuchtmittel, ebenso das Schließen der Zimmertüren. Bis zu zehn Prozent Energie und damit Kosten lassen sich damit sparen, laut Expertenmeinung.

Im Januar werden die Kosten nochmals steigen

Die Verunsicherung ist derzeit groß, haben die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Bahnhofsmission festgestellt. Im Januar wird es noch teurer, bei der Abrechnung. Ein höheres "Wohngeld Plus" soll Entlastung angesichts steigender Heizkosten bringen. Mit den Hilfsangeboten der Politik wird auch der Beratungsbedarf zunehmen. Catrin Sauer von der Sozial- und Energieberatung der Diakonie spricht von einem "Dschungel", in dem sich gerade ärmere Menschen erst einmal zurechtfinden müssen, die oft älter und regelrecht vereinsamt sind. Gerade sozial Schwächere sind in schlecht gedämmten Altbauwohnungen untergebracht, mit Boilern oder Nachtspeicheröfen als Stromfressern. "Wir haben auch Diakonieberater vor Ort", sagt Sauer. Karina Dietmeyer, Siegfried Fuchs und Martin Wolf zählen ebenfalls zum Beratungsteam, helfen bei Anträgen und Anbieterwechseln.

Angelika, 62, ist heute Gast in der Bahnhofsmission und froh über das Infoblatt mit den Energiespartipps, das ihr Elmar Reichle überreicht. Schon durch das richtige Einräumen des Kühlschranks lasse sich eine Menge Strom sparen, hat sie selbst festgestellt, die kalte Luft müsse zirkulieren könne. Auch Messgeräte würden helfen, Energielecks in der Wohnung zu finden: "Da habe ich mal einen Bericht gesehen."

Die gebürtige Bremerin hat früher als Kneipenwirtin am Graben gearbeitet, in der Coronakrise war Schluss. Nun lebt sie in einer altersgerechten Wohnanlage der AWO, auf 42 Quadratmetern. 440 Euro Arbeitslosengeld II müssen der einstmals Selbstständigen monatlich zum Leben reichen, günstiges und "super"  Essen gibt es in der Theresienstube und bei der Kindertafel. Die Miet- und Heizkosten werden übernommen. Ansonsten müssen alle Mehrkosten, durch Inflation und steigende Preise, anderswo eingespart werden.

Das Rechnen und Stromsparen fällt ihr relativ leicht

Angelika ist krank, unter anderem an der Lunge, und hofft auf ein E-Mobil. Dass in Deutschland niemand Hunger leiden müsse, so ganz unterschreiben will sie das nicht: "Manchmal merkt man's schon." Das Rechnen und Stromsparen falle ihr aber nicht ganz so schwer: "Das Kaufmännische, das kommt von Bremen."

Mit dabei beim Treffen sind auch Gerlind Elke, als ehrenamtliche Mitarbeiterin der Bahnhofsmission, und Praktikantin Vanessa Friedmann, die soziale Arbeit studiert. Die Zahl der Bedürftigen in Schweinfurt nehme zu, haben die Helferinnen beobachtet: "Leute, die vor zehn Jahren einen Tafelschein hatten, kommen jetzt wieder", berichtet Vanessa Friedmann.

 
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