
Verfahren, in denen es um Missbrauch an Kindern geht, sind immer besonders belastend. Um so schlimmer ist es, wenn es der eigene Vater ist, dem vorgeworfen wird, sexuelle Handlungen an seiner nicht einmal fünf Jahre alten Tochter vorgenommen zu haben.
Das Jugendschöffengericht beim Amtsgericht Schweinfurt war im Juli des vergangenen Jahres von der Schuld des Angeklagten überzeugt. Es verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die es allerdings zur Bewährung aussetzte. Der Vater legte gegen dieses Urteil Berufung ein, sodass sich jetzt die Jugendkammer beim Landgericht Schweinfurt erneut mit den Vorwürfen befassen musste.
Erstaunt waren alle Prozessbeteiligten darüber, dass die Staatsanwalt nicht ihrerseits Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt hatte. Das hätte für den Angeklagten die Gefahr mit sich gebracht, dass ein erneutes Urteil härter hätte ausfallen können. Weil die Staatsanwaltschaft hier untätig geblieben ist, kann der verurteilte Täter im Berufungsverfahren nun in keinem Fall schlechter gestellt werden als in der ersten Instanz.
Staatsanwaltschaft hatte keine Berufung eingelegt
"Sollten sich die Vorwürfe in dieser Instanz bestätigen, so muss man schon sagen, dass sie mit dem Urteil des Amtsgerichts gut bedient waren", stellte der Vorsitzende Richter fest. Und selbst einer der Verteidiger räumte ein, dass er in den 30 Jahren seiner Berufstätigkeit noch nicht erlebt habe, dass die Staatsanwaltschaft bei einem solchen Verfahrensausgang keine Berufung eingelegt habe.
Jetzt muss das gesamte Verfahren noch einmal aufgerollt werden. Zeugen und Sachverständige werden gehört, um die Vorwürfe, die aus dem Jahr 2020 stammen, noch einmal zu überprüfen.
Was geschah im Badezimmer des Vaters, wenn die kleine Tochter alle 14 Tage beim Papa zu Besuch war? Die erste Instanz sah es als erwiesen an, dass gegen Ende eines Wochenendbesuchs die Tochter gebadet wurde. Dabei spielte sie erst eine Zeit lang allein in der Wanne. Dann zog der Vater sich aus, stieg zu ihr, duschte dort und wusch seiner Tochter die Haare. Danach soll es zu den sexuellen Handlungen gekommen sein. Wehgetan haben soll der Vater dem Kind dabei allerdings nicht.
Tochter offenbarte sich der Mutter
Später offenbarte die Tochter ihrer Mutter gegenüber das Handeln des Vaters, das das Kind als unangenehm empfand. Der Papa würde sie nicht aus der Wanne lassen, auch wenn sie sage, er solle aufhören, erläuterte die Mutter. Der Berufungsführer bestreitet nicht, dass er mit seiner Tochter gebadet habe. Sexuelle Handlungen habe er an dem Kind aber nicht vorgenommen.
Sollte die damals fast Fünfjährige sich eine solche Geschichte ausgedacht haben, sollte sie die Unwahrheit gesagt haben und wenn ja, warum? Der Vater meint, seine frühere Lebensgefährtin, die Kindesmutter, könne das Kind dazu gebracht haben, so auszusagen, damit man ihm das gemeinsame Sorgerecht und das Umgangsrecht habe streitig machen können. Die Vernehmung der Mutter und anderer Zeuginnen ergab allerdings keine Hinweise auf einen solchen Plan.
Ein bedrückender Moment für alle Prozessbeteiligten war das Abspielen des Videos mit der polizeilichen Zeugenaussage der Tochter. Mühsam und mit leiser Stimme schilderte sie die Handlungen ihres Vaters. Am zweiten Prozesstag wird es in einem Sachverständigengutachten um die Glaubwürdigkeit der belastenden Aussagen gehen, ehe dann die Plädoyers und die Urteilsverkündigung folgen.