Empathie. Das Geheimnis der Dokumentarfilme des Schweinfurter Filmemachers Daniel Asadi Faezi ist Empathie. Und zwar zweifach: durch den Betrachter für diejenigen, die dargestellt werden; durch den Filmemacher für diejenigen, die vor seiner Linse stehen. „Ich will nicht erziehen und keinem eine Meinung aufzwängen. Ich will Menschen zeigen, wie sie leben und ich glaube, dass die Zuschauer sicher in der Lage sind, mitzudenken.“
Der erst 24 Jahre alte in Schweinfurt aufgewachsene Dokumentarfilmer Faezi ist ein bemerkenswerter junger Mann. Ein guter Beobachter. Ein Menschenfreund. Ein Zuhörer. Einer, der die richtigen Fragen an der richtigen Stelle stellt. Einer, der weiß, wann es gar keine Frage braucht. Seine Kurzfilme – bei einer Werkschau im KuK wurden kürzlich sieben, darunter auch neueste Werke gezeigt – überzeugen durch ruhige Kameraführung und gelassenen Schnitt. Die Menschen stehen im Mittelpunkt, ihr Denken, ihr Handeln. „Identität ist mein großes Thema“, erzählt Faezi, der mit 17 am Humboldt-Gymnasium in der Film-AG seinen ersten Streifen drehte und heute an der renommierten Münchner Hochschule für Film und Fernsehen studiert. Wie definieren sich Menschen in ihrem Umfeld? Wie wurden sie durch ihre Umwelt definiert, durch ihre Erfahrungen, durch ihre Familie und Freunde? Das interessiert Faezi, „ohne dass ich soziale Themen politisch aufladen will.
“ Er selbst sieht sich als sehr politisch denkenden Menschen, der die mannigfaltigen Probleme unserer modernen Welt natürlich wahrnimmt. Doch nicht laute Anklage, sondern leiser Gedankenanstoß ist sein Weg, seine Botschaft den Zuschauern nahe zu bringen. In seinem jungen Alter hat Faezi, dessen Vater aus dem Iran stammt, mehr erlebt als manch anderer, der 70 Jahre aus seinem Dorf nicht rauskommt. Nach dem Abitur machte er ein Jahr Freiwilligendienst in Indien. Dort entstand vor fünf Jahren sein Film über das Leben verschiedener Familien mit ihren Kindern auf einer Mülldeponie. „Damals hat mich die Durchschlagskraft des Dokumentarfilms so richtig getroffen“, erzählt Faezi. Mehrere Monate lang begleitete er die Familien, war immer wieder mehrere Stunden vor Ort zum Filmen und Interviewen, der Gestank kaum auszuhalten, inmitten von Müll, Unrat, verrottenden Schweinekadavern. Schon in diesem Film ist seine grundsätzliche Herangehensweise deutlich erkennbar. Manchmal ist das reine Abbilden der Realität Mahnmal genug, man braucht keine Hau-Drauf-Szenen. Diese angenehme Zurückhaltung als Regisseur hat er beibehalten, sie tut allen seinen Filmen gut.
Ganz besonders in „Hahnenkämpfer“, einem Film über einen polnischstämmigen Mann, der in Deutschland lebt, Kampfhähne züchtet und mit seiner Frau leidenschaftlich Tango tanzt. Gespräche wechseln mit Szenen, wie der Mann seine Hähne pflegt. Dazwischen in Super-Zeitlupe Kampfszenen, aber nie so, dass sie den Fokus vom Kern des Filmes nehmen:„Er war ein superambivalenter Typ, der so auch den ganzen Film trägt“, erinnert sich Faezi an das Projekt zurück, das er 2016 nach monatelanger Recherchearbeit im Vorfeld gemeinsam mit einer Kommilitonin für das Vordiplom verwirklichte.
Als Abenteurer bezeichnet sich Daniel Faezi ausdrücklich nicht, auch wenn seine Auslandsaufenthalte abenteuerlich scheinen. Nachdem er aus Indien zurückkam, ging er nach Teheran in eine Sprachschule und studierte zuletzt zwei Semester im pakistanischen Lahore, wo sein erster längerer Film über 70 Minuten entstand, der die Entwurzelung von 3000 Menschen nach einer Flutkatastrophe an der chinesisch-pakistanischen Grenze zeigen wird. Ihn zu schneiden wird die nächsten Monate seine Hauptbeschäftigung sein, bevor Faezi mit der Arbeit an seinem Diplom-Film beginnt.
Im Iran sind auch zwei Filme entstanden, die nachhaltig im Gedächtnis bleiben. „Der Hirte“ aus dem Jahr 2013 und „Kids of Tehran“, wofür Faezi für den deutschen Jugendvideopreis in diesem Jahr nominiert war. Für das Portrait eines iranischen Hirten von gut 200 Ziegen und Schafen in der Wüste nahe Teheran verbrachte Faezi eine Woche alleine mit dem Mann in den kargen Bergen. Herausgekommen ist ein einfühlsames Porträt über einen siebenfachen verheirateten Vater, der zufrieden ist in Verhältnissen, in denen wir Wohlstandsverwöhnten nie zurechtkämen.
Faezis Herzensprojekt ist „Kids of Tehran“, ein Porträt über zwei junge Skater und eine Skaterin aus der iranischen Hauptstadt. Wie sie ihre Leidenschaft auf der Straße leben, was ihre Mütter davon halten, wie sie ihre Zukunft in einem Land sehen, in dem Skateboarding noch in den Kinderschuhen steckt – der Skater Faezi ist seinen Freunden, die er aus vielen Aufenthalten in der Heimat seines Vaters schon länger kennt, erstaunlich nahe gekommen. Wie er das geschafft hat? Empathie.