„Back to Paradise“ nennt sich die neue Sonderausstellung im Museum Georg Schäfer vom 17. Dezember bis 8. April. Kuratiert von MGS–Leiter Wolf Eiermann sind Meisterwerke des Expressionismus aus dem Aargauer Kunsthaus Aarau, dem Ostheim Museum Hagen und einer Privatsammlung zu sehen. Eröffnung ist am Samstag, 16. Dezember, um 15 Uhr.
Die große Ausstellung vereint 155 hochkarätige Werke all jener Maler, die heute aufgrund der herausragenden Bedeutung ihrer Kunst unter dem Namen „Expressionisten“ in den großen Museen der Welt vertreten sind, heißt es im Pressetext des Museums. Nennen wir zuerst die Künstler der Brücke: Max Pechstein, Erich Heckel, Otto Müller, Conrad Felixmüller, Karl Schmidt-Rottluff, Emil Nolde und den Schweizer Cuno Amiet. Den Schwerpunkt bilden die frühen Werke Ernst Ludwig Kirchners, die um erstklassige, kaum bekannte Zeichnungen bereichert werden. Dazu treten Arbeiten von Walther Bötticher und Christian Rohlfs, der eng mit dem Expressionistenförderer Karl Osthaus in Hagen befreundet war und dessen Arbeiten einen weiteren Schwerpunkt dieser Sonderschau im Museum Georg Schäfer bilden.
Aus den Reihen der Neuen Kunstvereinigung München und der Gruppe Blauer Reiter sind vertreten: Wassily Kandinsky, August Macke, Franz Marc, Gabriele Münter und Alexej von Jawlensky. Eine Brücke zur Neupräsentation der Ständigen Sammlung des Museums schlagen Werke von Max Liebermann und Max Beckmann. Es handelt sich insgesamt um 73 Gemälde, 30 Aquarelle, Pastelle und Zeichnungen sowie um 52 seltene Druckgrafiken, wobei die berühmten Holzschnitte einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des Expressionismus leisten.
Meisterliche Werke
Diese mit herausragenden Meisterwerken bestückte Schau in Schweinfurt zu präsentieren, verdankt das Museum einer Kooperation mit dem Osthaus Museum Hagen und dem Aargauer Kunsthaus in der Schweiz. Dazu gesellen sich Werke einer am Schaffen Ernst Ludwig Kirchners ausgerichteten, exzellenten Privatsammlung.
Sieht man die Kunstbewegung des Expressionismus aus der Sicht der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts, dem Schwerpunkt der Schweinfurter Sammlung, dann gleicht sie in ihrer Kraftentfaltung bildlich gesehen einem lange ruhenden Vulkan, der plötzlich, aber nicht unerwartet, ausbricht. Denn alles, was in der deutschen Kunst Jahrzehnte zuvor unter der Oberfläche brodelte – etwa die Frage nach dem Primat von Farbe und Form gegenüber einer historistischen oder symbolischen Thematik sowie der Streit um eine deutsche Nationalkunst – fand in dem von Herwarth Walden 1911 geprägten Begriff „Expressionismus“ eine Antwort. Wobei der Vulkan, um im Bild zu bleiben, an sich fern der europäischen Zivilisation zu verorten ist, jedoch mal in der Südsee, mal an der Nord- und Ostsee oder gar an den Moritzburger Seen nördlich von Dresden lokalisiert werden müsste. Um allzu ferne Träume und Utopien geht es im Kern gar nicht: Die Kunst des Expressionismus widerspiegelte ein neues Lebensverständnis der Künstler.
Das Paradies der Künstler wurde als Gegenentwurf zur europäischen Zivilisation, aber auch zum politisch geführten Streit um Kunst angelegt. Dabei handelte es sich um einen inneren wie realen äußeren Rückzugsort, den Emil Nolde und Max Pechstein z. B. in der Südsee zu finden hofften und auch fanden. Hier wie dort aber stießen sie immer wieder auf die Normen einer viktorianisch-wilhelminischen Zeit, auf eine vorgeprägte Ansicht, was Kunst sein sollte. Diese klar umgrenzte Kunstzivilisation und die von den Kunstakademien immer noch geförderte Idealisierung des Alltags stieß auf Widerspruch. Das in der Ferne bei den Südseevölkern ebenso wie in Europa ethisch wiederzuentdeckende „Urwesenhafte“ (Nolde) war Herausforderung und Ziel. Dazu dienten Aufenthalte im kleinen Kreis an abgelegenen Waldseen, an einsamen Stränden und Küstenstreifen. Dazu diente auch der Einsatz starker Ausdruckswerte sowie der Bruch mit den Traditionen der Malerei. Auch bei jenen Künstlern, welche Europa nicht verließen, war damit eine gewollte schöpferische Isolation der Künstler vom Kunstmarkt und seinen Gesetzen verbunden. Die Moderne tat einen großen Schritt, auch wenn sie sich von dem unterschied, was sich weite Kreise bis dato von der Kunst erhofften.
Einzig die Lebensreform-Bewegung deckte sich im Ansatz mit dem bis heute in seiner philosophischen Dimension zu wenig untersuchten Werk der Expressionisten.
In der Sichtweise des Paradiesischen als privater Seelengarten wird auch der Zugang geregelt: Der Dritte als Betrachter erhält durch die Kunst, das Bild, nur einen Einblick, aber keinen Überblick. Der Maler öffnet uns nur ein Fenster zum privaten Paradies. Damit wehrten sich die Künstler auch gegenüber den Kunsthistorikern, welche gerade in jener Zeit die Stilgeschichte schablonenartig zum Zuordnungssystem verengten: Die moderne, individuelle Vorstellung vom Paradies der Künstler einerseits traf auf eine streng wissenschaftliche Eingruppierung und Klassifikation andererseits.
Die Zusammenführung dreier Sammlungen in Schweinfurt dient dem Zweck, dem Betrachter sowohl den Expressionismus als Ganzes verständlich, als auch das Individuelle jedes einzelnen Künstlers erlebbar zu machen. Hierfür sind insbesondere die frühen Werke der Künstler wichtig, als die Gruppenzugehörigkeit noch nicht den Stempel „Klassische Moderne“ trug. In einer qualitativ kaum vergleichbaren Dichte stellen die Exponate ohne Zutun selbst ihre künstlerische Welt vor, zeigen in jedem einzelnen Meisterwerk immer wieder aufs Neue deren bunte Facetten.
Ausstellung Back to Paradise – Meisterwerke des Expressionismus aus dem Aargauer Kunsthaus Aarau, dem Ostheim Museum Hagen und einer Privatsammlung; Kurator Wolf Eiermann, Museum Georg Schäfer, 17. Dezember bis 8. April 2018; Eröffnung: Samstag, 16. Dezember, 15 Uhr. Dienstag bis Sonntag 10-17 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr; Eintritt: 11 Euro, erm. 9; Jeden ersten Dienstag im Monat freier Eintritt. Infos: www.museumgeorgschaefer.de Katalog: Back to Paradise. Meisterwerke des Expressionismus aus dem Aargauer Kunsthaus und dem Osthaus Museum Hagen, hrsg. von Tayfun Belgin, Wolf Eiermann, Otto Letze und Thomas Schmutz, München 2017, 212 Seiten, 168 Abbildungen, ISBN 978-3-943017-16-8, 35 Euro. Begleitprogramm: Sonntag, 17. Dezember, 11 Uhr und 14 Uhr: Kuratorenführung mit Wolf Eiermann Donnerstag, 21. Dezember, 19 Uhr: „Die Brücke“ – Wegbereiter des Expressionismus, Themenführung mit David Grube Donnerstag, 28. Dezember, 19 Uhr: Die Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“, Führung mit David Grube Dienstag, 26. Dezember, 14 Uhr: Ein Fest der Farben, Führung mit Karla Wiedorfer Sonntag, 30. Dezember, 14 Uhr: Sehnsucht nach dem Ursprünglichen, Führung mit Colleen Reuss Dienstag, 2. Januar, 14 Uhr: Kuratorenführung mit Wolf Eiermann Sonntag, 7. Januar, 14 Uhr: Vom Glück des Paradieses, Führung mit Colleen Reuss. Anmeldung unter www.museumgeorgschaefer.de oder Tel. (0 97 21) 51 48 30.