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GEROLZHOFEN
Mehr Wir-Gefühl für bessere Geschäfte
Einkaufen in der eigenen Stadt: Was die Geschäftswelt tun kann, dass mehr Gerolzhöfer in Gerolzhofen einkaufen, erfahren Geschäftsleute neben vielem anderen beim Cima-Coaching, das derzeit läuft.
Foto: Katharina Winterhalter | Einkaufen in der eigenen Stadt: Was die Geschäftswelt tun kann, dass mehr Gerolzhöfer in Gerolzhofen einkaufen, erfahren Geschäftsleute neben vielem anderen beim Cima-Coaching, das derzeit läuft.
Norbert Finster
Norbert Finster
 |  aktualisiert: 20.06.2014 15:56 Uhr

Wenn Rudi Kühl in ein Geschäft geht, merkt er gleich, ob das Personal geschult ist oder nicht. „Freundlichkeit kann man lernen“, sagt der Vorsitzende von Gerolzhofen-aktiv. Genau das ist es, auf was Gerolzhöfer Geschäftsleute in diesen Tagen und Monaten aufmerksam gemacht werden. Oder: Wie präsentiere ich mein Geschäft, wie behandle ich meine Mitarbeiter, wie gestalte ich meine Schaufenster? Das sind nur kleine Facetten des professionellen Coachings, das derzeit in der Stadt läuft.

Die Geschäftswelt ist dabei, von einem Preis zu profitieren, den Gerolzhofen-aktiv im Mai 2013 bei einem Wettbewerb der renommierten Rid-Stftung in München gewonnen hatte. Der Hauptgewinn eines Coachings im Wert von 15 000 Euro ging dabei an die ehrenamtlich geführte Werbegemeinschaft in der Steigerwaldstadt.

Das Coaching führt die „Cima Beratung + Management GmbH“ mit zwei Profis in Gerolzhofen durch. Etwa die Hälfte des gewonnenen Werts ist bereits „verbraucht“, sagt Rudi Kühl. Sein grundsätzliches Anliegen: Es soll sich etwas bewegen in der Stadt, das Leben soll nicht in die Außenbereiche oder ganz aus Gerolzhofen abwandern.

Bei einer Bestandsaufnahme zeigte sich, dass Gerolzhofen bei den Leerständen nicht unbedingt schlecht da steht. In anderen von der Cima gecoachten Städten sehe das noch schlimmer aus. In Amberg stehe zum Beispiel ein siebenstöckiges Einkaufszentrum mitten in der Stadt komplett leer.

Als deutlichen Negativfaktor machten die Trainer allerdings die überall differierenden Öffnungszeiten der Geschäfte aus. Trotz mehrfacher Versuche Rudi Kühls hat sich bisher nichts dran geändert. Auch bei den Gastwirten ist das so. Wenn schon geschlossen sei, sollte wenigstens ein Hinweis auf Kollegen an der Tür hängen, die geöffnet haben.

Ein Workshop zu diesem Thema hatte als Nebenergebnis die „nette Toilette“, bei der sich vier Gastwirte bereit erklären, ihre Toiletten ohne Verzehrzwang und Gebühren zu öffnen (wir berichteten). Das verbessere die Stimmung bei Besuchern der Stadt, die sich bisher immer mit schlechte Gewissen in eine Gaststätte geschlichen haben, um eine Toilette aufzusuchen, meint Kühl.

Weiteres Ergebnis war ein Faltblatt, in dem auf Öffnungszeiten und Spezialitäten von Gaststätten hingewiesen wird. Nicht gut kam auch die Parkplatzbewirtschaftung mit unterschiedlicher Parkdauer und sehr strengen Politessen davon. Außerdem fehle in Gerolzhofen ein gezieltes Stadtmarketing.

Ein Rat der Cima-Experten: Die Gerolzhöfer sollten ihr Wir-Gefühl stärken, Einzelhandel und Gastronomie besser kooperieren. Auch Rudi Kühl sieht darin ein Hauptthema. Ändern müsse sich zudem die Tatsache, dass die Gerolzhöfer ihre Stadt viel negativer bewerten als Besucher von außerhalb.

Ausfluss des Coachings ist auch ein Fragebogen, der an 100 Geschäftsleute verschickt wurde. Darin wird gefragt, ob die Gerolzhofen-aktiv-Mitglieder mit der Arbeit des Vorstands zufrieden sind oder mit den Aktionen der Werbegemeinschaft vom Frühlings- bis zum Herbstfest. Der Rücklauf ist mit rund 20 Prozent allerdings bisher ernüchternd.

Weitere direkte Konsequenz aus der Cima-Beratung: An sechs bis sieben frequentierten Stellen der Stadt werden Banner aufgehängt. Zu sehen sind immer zwei Persönlichkeiten aus der Stadt, etwa ein Bäcker und ein Metzger, die gemeinsam für ihre zusammen gehörenden Produkte werben. Diese Banner sind bereits in Vorbereitung und werden von Gerolzhofen-aktiv finanziert.

Und es gab bereits ein Besenfest, bei dem zeitgleich Geschäftsleute in der ganzen Stadt Ware zu vergünstigten Preisen vor die Tür stellen, die sie nicht mehr im Laden haben möchten.

Für gelungen halten die Cima-Fachleute die Geo-Card, eine Art Gutschein, der in den meisten Geschäften gilt. Das Geld bleibe in der Stadt. Um die Karte noch attraktiver zu machen, soll es sie künftig mit mehreren Gerolzhöfer Motiven geben, so dass sie auch Sammelwert haben. Im November wird Gerolzhofen Gastgeber für andere nordbayerische Städte von Amberg bis Zirndorf sein, die sich ebenfalls mit ihrem Renommee beschäftigen.

Gut fanden die Cima-Leute die Gestaltung von Schaufenstern der Leerstände. Dort stellen etwa Künstler ihre Bilder aus oder Vereine bekommen sie für ihre Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung gestellt. „Es ist aber immer noch schwer, die Besitzer von solchen Ideen zu überzeugen“, berichtet Rudi Kühl.

Weiteres Ziel ist es, eine fatale Kette zu unterbrechen. „Die Dingolshäuser oder Lülsfelder fahren nach Gerolzhofen zum Einkaufen, die Gerolzhöfer nach Schweinfurt oder Würzburg, die Schweinfurter nach Nürnberg oder München und die Münchner nach Rom oder New York“, so Kühl. Zeitaufwand und Fahrtkosten werden dabei überhaupt nicht gerechnet. Eine Möglichkeit, das zu ändern, sehen die Berater in der Belohnung von Stammkunden.

Rudi Kühls Fazit zur Halbzeit: „Ideen sind da, nun brauchen wir noch die Leute, die sie umsetzen.“

Cima-Coaching

Die „Cima Beratung + Management GmbH“ ist ein Kompetenzzentrum für Stadt- und Regionalentwicklung und für Marketing im öffentlichen Sektor im gesamten deutschsprachigen Raum. Derzeit gibt es sechs Bürostandorte und zwei Projektbüros, die im gesamten Bundesgebiet und Österreich gelegen sind. Die Cima sieht ihre Stärke in der Kommunikation und Kooperation an der Schnittstelle zwischen öffentlicher Hand, privater Wirtschaft und den aktiven Teilen einer Stadtgesellschaft.

 
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