Jeder Bus im Nahverkehr fährt nach einem strengen Fahrplan, ist zur bestimmten Zeit am bestimmten Ort. Der Flexibus funktioniert genauso. Der Unterschied: Er startet aber nur, wenn ihn die Kunden vorher bestellen. Sechs neue Linien soll das „bedarfgesteuerte System“ ab Sommer im südlichen Landkreis abdecken. Der Flexibus soll Lücken auf dem flachen Land schließen.
Arbeitsreiche Zeiten hat Werner Holzapfel hinter sich. Er ist für den Öffentlichen Nahverkehr im Landratsamt zuständig und hat in den vergangenen Wochen Fahrpläne ausgetüftelt – für die sechs neuen Buslinien. Drei davon sind auf den Zielort Gerolzhofen zugeschnitten; eine Linie führt aus Kolitzheim zum Sitz der Verwaltungsgemeinschaft. Zwei Touren bedienen die vielen Dörfer der Großgemeinde Werneck: Ein Bus pendelt zwischen Eßleben und Schnackenwerth, ein anderer fährt bis Egenhausen und Schraudenbach.
Als besonders reizvoll findet Holzapfel die Linie von Wipfeld über Schwanfeld und Waigolshausen nach Werneck. Eine solche Querverbindung durch den südlichen Landkreis hat es bislang noch nicht gegeben. Ansonsten führen nämlich alle Buslinien entweder nach Schweinfurt oder Gerolzhofen. Den Fahrplan hat Holzapfel nach den Wünschen und Vorstellungen der Kommunen zusammengestellt. So wird zum Beispiel der Bus von Gerolzhofen über Lülsfeld und Oberschwarzach nach Siegendorf nur dienstags und donnerstags fahren sowie an Sonn- und Feiertagen.
Das System funktioniert so: Der Fahrgast kann bis eine Stunde vor Abfahrt dem Busunternehmen melden, dass er mitfahren will und an welcher Haltestelle er wartet. Dieses Anrufsystem ist nicht nur flexibel, sondern auch von der Regierung von Unterfranken so gefordert. Es stellt für Busunternehmen eine besondere Herausforderung dar, die entweder eine Telefonzentrale einrichten müssen oder sie von Dienstleistern wie der Taxizentrale oder dem OVF abdecken lassen. Holzapfel ist zuversichtlich, dass sich genug Unternehmen für die Konzessionen bewerben werden. In zwei Wochen soll die Ausschreibung starten.
Hier die Fahrstrecken als PDF:
Eine weitere Vorgabe hat das Landratsamt zu berücksichtigen. Die neuen Flexibus-Linien dürfen nicht mit bereits bestehenden Buslinien kollidieren: „Wir dürfen nicht als Konkurrenz auftreten.“ Eine halbe Stunde Differenz müssen zwischen Abfahrt der bisherigen und den künftigen Flexibuslinien liegen. Wird dieser Zeitraum unterschritten, dann dürfen Fahrgäste an bestimmten Haltestellen nicht ein- oder aussteigen. Dies ist im Fahrplan vermerkt.
„Ich bin sehr gespannt“, wie das Angebot angenommen wird, sagt Holzapfel. Mit Prognosen ist er vorsichtig. Wenn die Linien im Sommer starten, sollen sie beworben werden. Auch die Gemeinden, deren Interessen bei diesem Angebot berücksichtigt worden sind, sieht der Sachgebietsleiter in der Pflicht, sich für das System stark zu machen. Denn auch finanziell geht der Landkreis in Vorleistung, nachdem der Transport keinesfalls kostendeckend organisiert werden kann: 45 000 Euro hat der Kreis für das Halbjahr 2015 eingeplant. Das kann mehr werden, wenn die Fahrgastzahlen nach oben gehen, denn die Busunternehmen werden nur nach den tatsächlichen Fahrten bezahlt.
Das System geht zurück auf einen Besuch des Kreistags im Landkreis Günzburg im Jahr 2013: Damals war es zwar um die Konversion gegangen, dennoch ließen sich die Lokalpolitiker auch über das dortige Flexibus-Angebot informieren, was Kreisräte und Landrat Florian Töpper nachhaltig beeindruckte. Letzterer hatte den ÖPNV im Landratswahlkampf als wichtiges Thema herausgestellt.
Allerdings: Flexibus wird das Angebot im Schweinfurter Land höchstens im allgemeinen Sprachgebrauch heißen, aber nicht offiziell. Diesen Markennamen hat sich ein Günzburger Busunternehmen schützen lassen, weswegen man im Schweinfurter Landratsamt derzeit etwas sperrig von einem „bedarfgestützenden System“ spricht. Einen eingängigen Namen soll die Kreativabteilung im Amt finden, möglicherweise wird Holzapfel auch einen Ideenwettbewerb ausrufen.