Das Thema Innenentwicklung, Flächensparen und Baukultur muss stärker in die Köpfe der Menschen gelangen. Die Bauhütte Obbach macht seit 15 Jahren vor, wie es geht. Sie ist zur Marke geworden, sie steht für die erfolgreiche Arbeit der Allianz Oberes Werntal. Mit einem neuen Konzept und einem neuen Modellgrundstück, einem alten Gehöft gegenüber, wollen die zehn Kommunen jetzt auf zeitgemäße Weise zeigen, wie künftiges Bauen und Leben im Ort funktionieren kann.
Auf dem Grundstück der Bauhütte an der Schweinfurter Straße wurde ab 2006 in dem bayernweiten Modellprojekt praktisch vorgeführt, wie im Ortskern saniert, abgerissen und neu gebaut werden kann. Neben der Errichtung des eigentlichen Bauhüttengebäudes für Information und Beratung wurden auch das ehemalige Wohnhaus renoviert, eine alte Scheune abgerissen und ein neues Einfamilienhaus im hinteren Hofbereich errichtet. Fachvorträge runden das Angebot ab. Alles mit Unterstützung des Amts für Ländliche Entwicklung (ALE) Unterfranken.
Corona hat die Arbeit aufs Land gebracht
Die Bindungsfrist für das Grundstück und die Förderung des Betriebs der Bauhütte ist jetzt abgelaufen. Weshalb die Allianz die Arbeit neu aufstellen will. Dazu trafen sich im Sommer Engagierte und Interessierte zu einer Ideenwerkstatt, begleitet vom Büro nonconform. Die Ergebnisse wurden jetzt bei einer Interkommunalen Gemeinderatssitzung, coronabedingt online gehalten, präsentiert. Deutlich wurde: Die neue Bauhütte Obbach wird mehr sein als ein Haus für Baukultur im Oberen Werntal. So lautet auch ihr Titel.
Dass sie wichtiger denn je ist, beleuchteten ALE-Projektleiter Johannes Krüger und ALE-Beauftragte Mirjam Räth. Es geht um aktives Flächensparen, um Ressourcen, die in Altbauten stecken und um deren Beitrag zum Klimaschutz, um den Verlust an Baukultur und Dorfgeschichte bei einem Gebäudeabbruch, um den Umgang mit Baumaterial, um innovatives Handwerk.
Hinzu kommt, dass sich auch im ländlichen Raum die Gesellschaft verändert hat, bunter wurde, mit unterschiedlichen Lebensentwürfen und Wohnbedürfnissen. Corona zeigt zudem, dass auch die Arbeit wieder aufs Land gebracht werden kann, weshalb Coworking ein Thema sein kann. Finanzielle Unterstützung für die Umsetzung der neuen Bauhütte sicherte Krüger zu.
Alle Bauwilligen sollen Bauberatung erhalten
Dass die Allianz Oberes Werntal bereits die Modellregion für ganzheitliche Innenentwicklung ist, haben die Verantwortlichen bei ihren Workshops festgehalten, erläuterte Thorsten Klafft von nonconform. Im Mittelpunkt des neuen Bauhüttenkonzepts steht daher der Leitgedanke: Einfach – fränkisch – weiterbauen. Klare Lösungen sollen gezeigt werden, in typischer Baukultur und Techniken, in Wertschätzung für das Bestehende.
Gelungene Beispiele sollen sichtbar gemacht werden, etwa durch sogenannte BauSchauHäuser oder durch spezielle Bauhütten-Fahrzeuganhänger an den Baustellen. Wichtig sei es, die Menschen vor Ort in der Entwicklung, Umsetzung und Beteiligung mitzunehmen. Dazu müsse die Faszination von "Alt mit Neu" in die Köpfe der Menschen gebracht werden. Einfaches Bauen müsse auch einfach erklärt werden, etwa in erlebbaren Workshops.
Um die Angst vor Altbauten zu nehmen, um die Lust auf Weiterbauen zu erzeugen, sollen künftig alle Bauwilligen eine Bauberatung erhalten können. Dazu soll es ein niederschwelliges Jahresprogramm geben, nicht nur in der Bauhütte in Obbach, sondern in der Region. Das können Fachvorträge sein, Ortsspaziergänge, Tage der Innenentwicklung oder Mitmachworkshops.
Wohnhaus soll "Zentrum des Wissens" werden
Auch digitale Angebote wird es geben, mit Interviews über Erfahrungen beim Sanieren, mit Videos übers Selbermachen, mit Checklisten, einer Jugendbauhütte oder der Vorstellung von Handwerkern.
Den Standort der neuen Bauhütte Obbach, ein langgestreckter verfallender Hof zwischen der Schweinfurter Straße und dem Dorfgraben, hat die Gemeinde Euerbach bereits gekauft. Das Wohnhaus soll als Ausstellungsgebäude und Besprechungsraum, als "Zentrum des Wissens" dienen, stellte Klafft vor. Der Hofraum soll ein praktischer Handwerkerhof werden, auf dem Workshops stattfinden und Materialien gezeigt werden. In Form eines Brunnens wird die Förderquelle dargestellt als Symbol für mögliche finanzielle Unterstützung für Bauherren.
Im hinteren Teil könnte ein Coworking Space für gemeinsames Arbeiten von Freiberuflern oder Firmen entstehen, ein Gebäude, in dem auch Übernachtungen möglich sind. Auch alte Baustoffe könnten auf dem Gelände gelagert werden.
Bauhütte soll im Main 2025 eröffnet werden
In 2022 soll eine architektonische Machbarkeitsstudie erstellt werden, welche Gebäudeteile bleiben, welche abgerissen werden, erklärte Allianzmanagerin Julia Eisenmann. Zum Inhalt gehören auch eine Kostenschätzung und mögliche Fördermittel. Dann wird entschieden, ob eine Umsetzung der neuen Bauhütte erfolgt.
Wenn Ja, soll ab 2023 ein Architektenwettbewerb erfolgen, ab 2024 die Bauphase und im Mai 2025 die Eröffnung der Bauhütte. "Wir müssen sie mit Leben füllen", gab Euerbachs Bürgermeisterin Simone Seufert als Allianzsprecherin vor. "Die Bauhütte kann, soll, muss ein Aushängeschild für die ganze Allianz Oberes Werntal werden."