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GEROLZHOFEN
Mehr als der Knorpel aushält
Matthias Beck
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:15 Uhr

Das Thema Arthrose war Gegenstand des jüngsten Arzt-Patienten-Seminars in der Geomed-Klinik in Gerolzhofen. Dr. Marco Börner, Chefarzt der Abteilung für Unfall- und orthopädische Chirurgie, referierte über diese Verschleißerkrankung der Gelenke, von der Entstehung über die Diagnose bis hin zur Behandlung. Mehr als 50 Besucher zeigten reges Interesse an seinem Vortrag und stellten zahlreiche Fragen.

Gelenkverschleiß hätten alle Menschen im Lauf ihres Lebens, machte Börner zu Beginn seines Vortrags klar. Allerdings sei das noch keine Arthrose. Eine solche liege erst dann vor, wenn der Gelenkverschleiß über das normale Maß der jeweiligen Altersgruppe hinausgehe. Eine Arthrose sei ein Missverhältnis zwischen dem, was der Knorpel aushalte, und dem, was man ihm zumute.

Insofern gebe es eine Reihe von Ursachen, so der Chefarzt. Profifußballer etwa hätten schon in jungen Jahren eine hochgradige Arthrose. Auch Übergewicht könne den Knorpel überanspruchen. Schiefe Gelenkachsen bei O- oder X-Beinen sorgten ebenfalls für eine starke einseitige Belastung. Die Widerstandsfähigkeit des Knorpels werde auch durch Stoffwechselstörungen, Ernährung, Alkohol und Rauchen verringert.

Bei der Arthrose unterscheide man vier Grade, so Börner. Grad eins sei eine Knorpelerweichung. Bei Grad zwei erweiche der Knorpel und franse zusätzlich aus. Von Grad drei spreche man, wenn der Knorpel nur noch hauchdünn sei. Bei Grad vier befinde sich überhaupt kein Knorpel mehr am Gelenk.

Die Arthrose laufe über Jahre und Jahrzehnte ab, so Börner. Im Zuge seines Zugrundegehens könne der Gelenkknorpel nicht mehr die Kräfte abfangen, die auf das Gelenk wirken. Diese wirken dann auf den Knochen, der hierfür nicht ausgelegt sei. Im Zuge dessen deformiere der Knochen durch Randanbauten (Osteophyten) und Kalkeinlagerungen (Sklerosierung). Zudem hätten Patienten eine verdickte Gelenkkapsel und gereizte Gelenke durch vermehrte Flüssigkeitsbildung.

Es gebe eine altersbedingte primäre Arthrose und eine sekundäre Arthrose, so Börner. Letztere entstehe im Zuge eines Gelenkschadens. Das könne ein Unfall sein, bei dem der Schienbeinkopf breche und so der darüber liegende Knorpel einreiße. Neben dieser posttraumatischen Einwirkung gebe es viele Menschen, deren Gelenke von Geburt aus falsch angelegt seien.

Prinzipiell treten Arthrosen in allen Gelenken auf, so der Mediziner. Besonders betroffen seien aber die Gelenke, die am meisten beansprucht werden: jene in Wirbelsäule, Hüfte und Knie. Viele Patienten mit Arthrose hätten Anlaufschmerzen nach dem Aufstehen. Häufig treten Belastungsschmerzen auf, die die Bewegung einschränken. Gelenkergüsse sorgen für Schwellungen. Achsabweichungen führen bei Männern häufig zu O-, bei Frauen zu X-Beinen.

Am Anfang der Diagnose stehe ein Gespräch, so Börner. Dann untersuche er die Beweglichkeit des Patienten. Weiterhin lasse er ein Röntgenbild anfertigen. Sollte dieses nicht ausreichen, stehe die Magnetressonanztomografie zur Verfügung. Wenn beides nicht genügten, könne man insbesondere bei Kniegelenken eine Arthroskopie durchführen.

Diese Gelenkspiegelung sei ein kleiner Eingriff, bei dem ambulant der Zustand des Knorpels festgestellt werde. Zunächst sollte eine Arthrose ohne Medikamente behandelt werden, so der Chefarzt. Der Patient benötige Bewegung ohne Belastung. Neben einem Heimtrainer sei vor allem Schwimmen zu empfehlen: Man bewege das Gelenk, belaste es aber nicht und spüre den kühlenden Effekt des Wassers. Sollte das nicht ausreichen, stünden verschiedene Medikamente zur Auswahl, sagte der Mediziner. Er nannte einige, die den Reizzustand des arthrotischen Gelenkes verringern. Auch wies er auf Hyaluronsäure hin, eine Gelenkschmiere, welche in Spritzen verabreicht werde.

Wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft seien und die Beweglichkeit zumindest noch akzeptabel ist, stehe eine Operation an. Dass eine Operation so spät wie möglich erfolgen solle, wie oft als Grundregel gesagt werde, diese Ansicht teilt Börner nicht. Die Beweglichkeit verbessere sich beim Einsatz eines neuen Gelenkes nämlich nicht mehr wesentlich, wenn sie bereits vorher massiv eingeschränkt war.

Als Therapiemaßnahmen bei Arthrose nannte er zunächst die Verminderung der Belastung durch Abnehmen sowie Schuheinlagen, zum Beispiel bei O-Beinen. Er sei ein Gegner von Cortisonspritzen, sagte Börner. Sie würden zwar helfen, brächten auf Dauer aber mehr Schaden als Nutzen. Bei einer Gelenkspiegelung könne man oft zumindest Knorpelfransen glätten, so Börner.

Dann gebe es die Operationen für einen Gelenkersatz. In jungen Jahren, das heißt mit 40 oder 45 Jahren, könne man eine sogenannte Umstellungsosteotomie durchführen. Hierbei stelle man die Beinachse gerade, um den Knorpel nicht mehr einseitig zu belasten. So verhindere man eventuell, dass der Patient schon mit 50 ein neues Gelenk brauche.

Vom Ersatz nur eines Teils des Gelenk rät Börner ab, da man in dem Gelenk später trotzdem eine Arthrose bekomme. Würde man nachträglich einen kompletten Gelenkersatz implantieren, müsste aber deutlich mehr Knochen entnommen werden, als wenn man diesen Eingriff gleich vorgenommen hätte. Helfe keine andere Methode mehr, bliebe nur noch die Gelenkversteifung. Die lindere zumindest die Schmerzen.

 
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