
Bei der „Titanic“ gab es sie schon mal nicht, vor der desaströsen Jungfernfahrt, die Sektdusche zur Namensgebung. Eine feierliche Schiffstaufe soll seit jeher Glück bringen und böse Geister abwehren, bevor es hinausgeht zu Wind und Wogen. Beim „Schwimmclub 1913 Schweinfurt“ (gegründet im Jahr nach dem Untergang des legendären Luxusliners) ist die letzte Bootstaufe zumindest schon etwas länger her: Das letzte Mal hat man sich 2000, zur Jahrtausendwende, getroffen, damals erhielten acht Boote ihre Schampus-Weihe, im Clubhafen an den Wehranlagen. Seither ist sehr viel Wasser den Main hinuntergeflossen.
Kein Dauerzustand, fand Ralf Keidel, seit letztem Jahr Leiter der Motorbootabteilung – also wurde wieder getauft. Nun führen sie ganz offiziell verwegene Namen wie „Conny 2”, „Cindy Lou”, „Dominique“, „Lady“, „Mücke“, „Sir Gismo“, „Tabucian“, „Team Spirit“, „Vivien“ oder „Wild & Free“: Insgesamt 13 Boote haben den kirchlichen Segen durch Diakon Bernd Wagenhäuser erhalten.
Clubchef Karl Mayer, verstärkt durch das Festkomitee Alexandra Zier und Christine Keidel, schritt als Neptun, Gott des Wassers, über die schwankenden Stege von Boot zu Boot, um die traditionellen Worte zu sprechen: „Allzeit eine gute Fahrt und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.“
Den Karton mit Sekt hat ein Schwebheimer Bootslieferant spendiert, die Flaschen werden vorsichtshalber nicht an der blumen- oder ballongeschmückten Bordwand zerschlagen, sondern der Täufling wird lediglich damit begossen, von der jeweiligen Dame der Besatzung.
Meefahrer sind wie Seefahrer ein leicht abergläubisches Völkchen. Also hat sich Ralf Keidel im Internet erst einmal schlau gemacht, wie so eine Zeremonie überhaupt ablaufen muss, damit sie wirksam ist.
„Beschreibungen von Bootstaufen gab es zuhauf“, sagt der Niederwerrner Glasermeister in seiner Ansprache: „In jeder stand, dass das Boot von einer Jungfrau am Bug mit Sekt getauft werden muss. Ich sagte zu Karl Mayer, eine Jungfrau, das wird hart und ist auch heute so, denn Sternzeichen gelten nicht. Wir feiern trotzdem.
“ Insgesamt 45 Boote liegen hier, an der romantischen Schweinfurter Riviera, unter der Obhut von Hafenmeister Günther Zier, sogar mit eigenem Stromanschluss. Der kleine Hafen ist voll ausgebucht, außer Motorbootsport und Schwimmen hat der 690 Mitglieder starke Traditionsverein auch noch Segeln und Kanufahren im Angebot.
Manche sind über das Wasserskifahren zum eigenen, PS-starken Flussgefährt gekommen. Im Sommer waren die Boote über sämtliche Gewässer Neptuns verstreut, nun, gegen Saisonende, hat der Vizevorsitzende Keidel sie im Heimathafen zusammengerufen. Am Ende wird der übrig gebliebene Sekt zum Festessen verzehrt, auch Bürgermeisterin Sorya Lippert stößt noch dazu und mit an.