Normalerweise leben auch Rechtsanwälte nicht nur von Luft und Liebe, weshalb sie sich ihre Dienste von ihren Auftraggebern bezahlen lassen. Nicht jeder Mandant tut das. So kommt es, dass ein Advokat aus dem Landkreis Schweinfurt seinen Mandanten angezeigt hat – wegen Betrugs.
Im November 2015 kommt der heute 27-jährige in die Kanzlei, der 65-jährige Rechtsanwalt soll in einer Kündigungssache gegen seinen Arbeitgeber tätig werden.
Zum Anwalt kam er auf den letzten Drücker
Das tut er unverzüglich. Der Mandant kommt, was eine arbeitsrechtliche Klage betrifft, „auf den letzten Drücker“ – wie sich später herausstellt, sogar zu spät. Der Advokat muss die Kündigungsschutzklage wegen Aussichtslosigkeit sogar zurücknehmen, weil die Frist bereits verstrichen ist.
Statt gut 800 nur 312 Euro verlangt
Da hat er aber nach ordentlicher Mandatsvollmacht schon gearbeitet. Statt der möglichen Gebühr von über 800 Euro stellt er lediglich 312 Euro in Rechnung, „weit unter dem möglichen Satz, die reinen Selbstkosten“, sagt der Geschädigte als Zeuge vor der Amtsrichterin: „Ich kenne die Familie seit 15 Jahren.“
Der 27-jährige gelernte Berufskraftfahrer reagiert aber gar nicht. Er habe sich um seine wirtschaftlichen Probleme kümmern müssen, sagt er. Im Februar dieses Jahres stellt er Antrag auf Privatinsolvenz, der Rechtsanwalt zeigt ihn wegen Betrugs an. Die Staatsanwaltschaft erlässt einen Strafbefehl über 1200 Euro, wogegen der 27-Jährige Einspruch einlegt. Also landet die Angelegenheit am Montag vor dem Amtsgericht.
Bei Mandatserteilung fallen Kosten an
Hier behauptet der Angeklagte zuerst, der Anwalt habe ihm versprochen, für seine Sache Prozesskostenhilfe zu bekommen; dann sagt der Angeklagte, er habe ihm gesagt, dass er kein Geld habe und ihn auf keinen Fall bezahlen könne. „Ein Widerspruch“, meint der Staatsanwalt, jedenfalls wäre eine derartige Abmachung „sehr ungewöhnlich“. Bei Mandatserteilung fielen nun einmal Kosten an.
Vor zwei Jahren verdiente der Angeklagte ganz ordentlich
Wie sich bei der Zeugenvernehmung des geschädigten Anwalts schnell herausstellt, hat sein Mandant im Jahr 2015 noch ganz ordentlich verdient – zwischen 2400 und 3100 Euro brutto im Monat. Das geht aus Lohnabrechnungen hervor, die zur Beantragung von Prozesskostenhilfe auf jeden Fall nötig sind. Der Angeklagte hatte behauptet, er sei damals ohne Einkommen und Vermögen gewesen.
„Ich hätte das Mandat nicht angenommen, wenn er damals gesagt hätte, er zahlt nicht“, so der 65-Jährige. Seine nach wie vor offene Forderung von 312 Euro hat er zur Insolvenztabelle zwar angemeldet.
Strafe fast das Vierfache der Anwaltsrechnung
Ob er die Gebühr jemals bekommt, ist offen. Offiziell ist dagegen die Geldstrafe, die der 27-Jährige für seinen Betrug zu zahlen hat, nachdem er nach einer Beratung mit seinem Verteidiger seinen Einspruch zurückgenommen hatte: 1200 Euro, fast das Vierfache der ziemlich moderaten Kostennote seines damaligen Rechtsanwaltes.