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Mal Königin der Nacht, mal Jazzerin
Ein Trio, mehrere musikalische Welten: Aziza Mustafa Zadeh, Ralf Cetto (Bass) und Simon Zimbardo (Schlagzeug).
Foto: Bernd Zimmermann | Ein Trio, mehrere musikalische Welten: Aziza Mustafa Zadeh, Ralf Cetto (Bass) und Simon Zimbardo (Schlagzeug).
Das Gespräch führte Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 02.09.2012 11:15 Uhr

Im vergangenen Jahr musste sie ihren Nachsommer-Auftritt absagen. Also kommt sie heuer, und zwar am Freitag, 28. September, mit ihren Trio-Kollegen Simon Zimbardo (Schlagzeug) und Bassist Ralf Cetto in die Kunsthalle. Deshalb hier Auszüge aus einem Interview mit Aziza Mustafa Zadeh aus dem Jahr 2001.

Sie spielt und singt „Take five“ oder die Arie der Königin der Nacht. Sie kann Gräfin aus dem „Figaro“ sein oder swingende Jazzerin – die Pianistin, Sängerin und Komponistin Aziza Mustafa Zadeh verfügt über nahezu grenzenlose musikalische Möglichkeiten und vor allem Fantasie. Die Quellen ihrer Inspiration sind Klassik, Jazz und Mugam, die traditionelle Improvisationsmusik ihrer Heimat Aserbaidschan, wo sie 1969 in Baku geboren wurde. Heute lebt sie in Mainz. Ihre Eltern waren beide Musiker, ihr Vater Vagif Mustafa Zadeh entwickelte die Musikrichtung Jazz-Mugam und genoss die Hochachtung von Kollegen wie Dizzy Gillespie. Er starb 1979 mit 39 Jahren während eines Auftritts. Ihre Mutter Eliza, klassisch ausgebildete Sängerin aus Georgien, ist heute ihre Managerin. Aziza improvisierte bereits mit dreieinhalb Jahren. Sie mochte Bach und Chopin, besonders aber fiel ihr Improvisationstalent auf. „Ich habe nie genug geübt“, gesteht sie auf ihrer Internetseite, „wenn ich keine Lust habe zu spielen, spiele ich nicht.“

Mit 17 gewann sie den Thelonious-Monk-Klavierwettbewerb in Washington, weitere Preise folgten, darunter 1993 ein ECHO. Das erste ihrer mittlerweile zehn Alben erschien 1991. Bei „Dance of Fire“ (1995) wirkten Größen wie der Gitarrist Al Di Meola, Bassist Stanley Clarke, der ehemalige Weather-Report-Schlagzeuger Omar Hakim und Saxophonist Bills Evans mit.

Frage: Ihre Musik wird oft als Mischung aus Elementen des Jazz, der Klassik und der traditionellen aserbaidschanischen Musik Mugam beschrieben. Wie würden Sie selbst die Entwicklung ihrer Musik beschreiben?

Aziza Mustafa Zadeh: Das ist schwierig. Wenn Sie die Person sind, die diese Musik macht, denken Sie nicht darüber nach. Sie wächst ganz von selbst, wie ein Baum.

Es gibt kein Konzept oder einen Bauplan?

Mustafa Zadeh: Nein, Musik ist eine Spiegelung der Seele und des Herzens. Sie können dem Herzen kein Konzept vorlegen.

Sie spielen eigene Kompositionen, Jazz-Standards, Sie singen und spielen die „Königin der Nacht“ oder – eines meiner Lieblingsstücke – die Gräfin aus dem „Figaro“. . .

Mustafa Zadeh: . . . ja, das ist auch eines meiner Lieblingsstücke. . .

. . .gibt es eine Stimmung für Jazz, eine für Mozart, eine für Improvisation? Welche Stimmung entscheidet, welche Person Sie auf der Bühne sind?

Mustafa Zadeh: Ich verstehe, was Sie meinen, Sie fragen nach meiner Persönlichkeit. Musikalisch gesehen, bin ich sehr verschiedene Personen. Ich mag nicht immer dasselbe auf dieselbe Art spielen. Ich mag Wechsel, ich mag Kontraste. Ich liebe die Welt der Klassik, ich kann mir mich nicht ohne sie vorstellen, sie ist ein Teil von mir.

Die Jazzwelt kann ja sehr engstirnig sein. Jazzmusiker haben ziemlich strenge Vorstellungen, was erlaubt ist und was nicht. Das scheint Sie nicht wirklich zu kümmern.

Mustafa Zadeh: Doch, ich achte sehr darauf, was erlaubt ist und was nicht. Nur hat da jeder Musiker seine eigenen Vorstellungen. Ich denke, es ist nicht erlaubt, unprofessionell zu sein. Oder unethisch oder unästhetisch zu sein. Ich kann auch nicht im T-Shirt oder ohne Schuhe auf die Bühne gehen. Das ist aus meiner Sicht nicht erlaubt, weil es respektlos der Musik gegenüber wäre. Musik ist mein Leben, meine Religion. Das mag nicht für jeden so gelten, aber das ist nunmal meine Sicht.

Sie haben mit vielen und sehr unterschiedlichen Musikern gearbeitet, wie etwa mit Bobby McFerrin. Mit wem würden Sie gerne noch arbeiten?

Mustafa Zadeh: Ich hätte unglaublich gern mit Astor Piazzolla gearbeitet, aber dafür ist es leider zu spät. Oder mit meinem Vater – das war mein allererster Traum, aber auch das geht ja nicht mehr. Sonst fällt mir im Moment niemand mehr ein.

Sie lieben Bach, Mozart, Chopin. Gibt es lebende Komponisten, die Sie interessieren?

Mustafa Zadeh: Heute? Nein. Heute gibt es kaum interessante Sachen.

Viele Menschen sehen das so. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Mustafa Zadeh: Denken Sie an Architektur – schauen Sie, was da heute passiert. Oder in der Kunst oder eben der Musik. Nicht zu reden von der Klassik, denn die Klassik ist fast tot. Das Beste, was Menschen schaffen konnten, wurde bereits geschaffen – in allen Künsten. Wir leben in dieser furchtbaren technischen, industriellen, verpesteten Welt. Was nicht in Ordnung ist. Und was für mich am schmerzhaftesten ist: Niemanden kümmert es. Wenn Sie 150 Jahre zurückblicken - da war es vollkommen anders. Die Ästhetik des Lebens war eine völlig andere.

Sehen Sie in Ihrer Kunst eine Art Pflege dieses Erbes?

Mustafa Zadeh: All meine Inspiration kommt aus dem Klassischen – der klassischen Musik, dem klassischen Jazz. Wenn ich Klassik sage, meine ich etwas mit Klasse. Nichts an heutiger Kunst und Musik inspiriert mich. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich altmodisch bin. Und das ist das, was mich rettet. Aber ich tue das nicht bewusst, sondern es ist einfach so.

Vielleicht ist ja Ihre Musik die Musik der Zukunft. Oder zumindest die von heute?

Mustafa Zadeh: Ich denke darüber nicht nach. Wenn Musiker anfangen, über sich selbst nachzudenken, anstatt über die Musik, wird die Musik verschwinden. Die Zeit wird zeigen, was bleibt und was verschwindet. Wir Musiker müssen der Kunst dienen und sie lieben und nicht uns selbst.

Aziza Mustafa Zadeh Fr., 28. September, 19.30 Uhr Kunsthalle Schweinfurt Vorverkauf 18 bis 27 Euro.

 
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