In einem Raum im Untergeschoss der Ludwig-Derleth-Realschule (LDR) in Gerolzhofen wird augenscheinlich, wie derzeit Vergangenheit und Zukunft schulischen Lernens aufeinanderprallen. In dem Werkraum stehen hölzerne Werkbänke, wie es sie Generationen von Schülern kennengelernt haben. Diese Tische mit Schraubstock sollen auch dann nicht verschwinden, wenn der Raum künftig - technisch aufgemotzt - den Zugang zu Lernformen des 21. Jahrhunderts eröffnen soll – ganz im Zeichen der Digitalisierung.
Dass es dafür dann auch einen neuen Namen braucht, liegt auf der Hand: MakerSpace. "Werkraum" hört sich wohl wirklich zu sehr nach vergangenem Jahrhundert an, um diesem Begriff eine Zukunft zu geben. Die LDR hat es sich eigenen Angaben nach zum Ziel gesetzt, ihre Schülerinnen und Schüler bestmöglich "auf die Herausforderungen in einer digitalisierten Gesellschaft" vorzubereiten. Der MakerSpace ist ein Baustein dazu.
Raum soll Unterrichtsprojekte ermöglichen
Doch was verbirgt sich in der Praxis hinter der Idee? Ein neuer Name für einen vorhandenen Raum allein kann es schließlich nicht sein. Kunstlehrerin Sabine Belz und weitere Kolleginnen und Kollegen von ihr planen das Projekt seit einiger Zeit. Sie möchten in dem neu, eigens für Unterrichtsprojekte ausgestatteten Raum Schülern die Möglichkeit bieten, sich als Forscher, Entwickler und Tüftler zu probieren. Sie sollen dort Unterrichtsinhalte gemeinsam in kleinen Teams erarbeiten und umsetzen. In einem Arbeitspapier der LDR wird der MakerSpace deshalb auch als "Raum der Möglichkeiten" bezeichnet, in dem digitale Medien eine zentrale Rolle spielen. Tablet-Computer und Apps sollen dort als Arbeitsgeräte die vorhandenen Werkbänke in den Hintergrund rücken.
Das Inventar eines solchen Raums kann der Schule zufolge je nach Bedarf sehr unterschiedlich ausfallen. Denkbar seien eine Art Forschungslabor, eine Medienwerkstatt, ein Werkraum oder eine Kombination aus verschiedenen Bereichen, heißt es in der Beschreibung des geplanten Raums weiter.
Liste mit dem benötigten Equipment
Denn: Noch ist es nicht soweit. Auch ein schulisches Konzept muss noch erstellt werden. Ob ein anvisierter Start zum kommenden Schuljahr realisierbar ist, da möchte Konrektor Stefan Greb sich nicht festlegen. Dies hängt auch davon ab, ob das benötigte technische Equipment, beispielsweise ein 3D-Drucker, Tablett-PC oder Software-Programme, wie gewünscht beschafft werden können. Auf knapp 8000 Euro beläuft sich die noch nicht abgeschlossene Liste mit der bisher geplanten Ausstattung.
Was für Greb wichtiger als ein fester Zeitplan ist, ist die Chance, Schüler in die Planung des MakerSpace einzubinden und deren Stärken weiterzuentwickeln, Kreativität und Individualität zu fördern. Was sich zunächst sehr nach pädagogischer Theorie anhört, wird fassbar beim Besuch des Unterrichts in der Klasse 10a. Deren diesjährige Projektarbeit im Fach IT mit Schwerpunkt CAD (ehemals Technisches Zeichnen) beschäftigt sich konkret mit der Planung eines MakerSpace für die LDR.
Werkraum wird am Computer maßstabsgetreu abgebildet
Schüler Fynn Oberle (15) aus Donnersdorf schildert, wie er und seine Mitschüler den vorhandenen Werkraum zuerst einmal komplett ausgemessen haben, inklusive Inventar – und das maßstabsgetreu, weil die Werte als Grundlage für die Berechnungen des Raummodells am Computer benötigt wurden. Dies sei gar nicht so einfach gewesen sei, bestätigt Lorenz Back (15) aus Mönchstockheim, der mit Linus Thiel (16) aus Sulzheim zum Dreierteam gehört.
Das von der Klasse verwendete Computerprogramm Solid Edge kannte Elias Ringelmann (16) aus Dingolshausen bereits von schulischen Arbeiten seines älteren Bruders. Auch für Florian Schmitt (16) aus Gerolzhofen ist das Arbeiten mit Modellprogrammen am PC nichts Neues. Er wird nach Ende dieses Schuljahres als Schreiner lernen und weiß, dass solche Arbeiten zu seinem künftigen Job dazugehören werden.
Schüler gewinnen Eindrücke für ihren Berufswunsch
Für alle Gegenstände in dem am Computerprogramm abgebildeten Raum den richtigen Maßstab zu finden, war gar nicht so einfach, bestätigt Julia Scheiner (15) aus Dürrfeld. Einmal sei plötzlich der Schraubstock einer Werkbank am Bildschirm größer erschienen als alles andere im Raum, doch das war schnell korrigiert. Aus dem Schulprojekt hat sie auch etwas für ihren Berufswunsch mitgenommen: "Ich möchte eher etwas Handwerkliches machen", sagt sie. Das viele Arbeiten vor dem Bildschirm sei auf Dauer nichts für sie. Franziska Bauer (17) aus Järkendorf stimmt ihr zu.
Benno Gerlach (16) aus Alitzheim integriert das Modell einer Kamera-Drohne in den virtuellen MakerSpace. Er würde sich wünschen, dass ein solches Fluggerät für Luftaufnahmen tatsächlich angeschafft wird. Er selbst besitzt eine solche Drohne.
Mit der Umsetzung der Idee ist es nicht getan
Insgesamt sind es 19 Schülerinnen und Schüler in der 10a, die in dem Projekt mitarbeiten, sagt Lehrerin Martina Gutzmann. Im Wahlfach IT ist zudem noch ein Teil der Klasse 9a daran beteiligt. Die Jugendlichen planen den MakerSpace samt Inventar, welchen sie gerade als 3D-Modell visualisieren. Sie werden das Projekt samt Flyer auch noch präsentieren. Eine weitere Herausforderung sei: Die in die Tat umgesetzte Idee eines MakerSpace muss seitens der Schule auch betreut, fortentwickelt und umgesetzt werden.
Dass hierbei auf das Engagement der Schüler gesetzt werden kann, zeigt sich während der Projektarbeit der diesjährigen Abschlussklasse. "Ich war wirklich überrascht, wie viel Zeit die Schüler zum Teil auch noch daheim darin investiert haben. Das war viel mehr, als ich es erwartet habe", berichtet Lehrerin Belz. Und sie hätten dabei gelernt: Mit Computern lässt sich nicht nur spielen, sondern auch etwas Kreatives herstellen.