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Oberndorf
"Maintal Imbiss" kämpft mit den Folgen der Pandemie
Mit einem Imbisswagen hat sich der Kurde Abdurrahim Duran eine kleine Existenz aufgebaut. Die Pandemie und seine Krankheit schüren Existenzängste.
Abdurrahim Duran vor seinem "Maintal Imbiss", der momentan verwaist auf einem Firmenparkplatz in der Amsterdamer Straße im Schweinfurter Maintal steht.
Foto: Steffen Krapf | Abdurrahim Duran vor seinem "Maintal Imbiss", der momentan verwaist auf einem Firmenparkplatz in der Amsterdamer Straße im Schweinfurter Maintal steht.
Steffen Krapf
 |  aktualisiert: 11.02.2024 16:54 Uhr

"Ich habe an jede Tür geklopft", erzählt Abdurrahim Duran. Völlig verzweifelt wandte sich der Schweinfurter kurz vor Ostern an diese Redaktion. Mit Eigenmitteln hatte er sich im vergangenen Sommer einen eigenen Imbisswagen gekauft, in dem er Döner und andere Speisen im Schweinfurter Maintal anbot. Doch seit dem Lockdown im vergangenen November brach sein Umsatz ein.

Mittlerweile steht sein Wagen geparkt, völlig verwaist auf einem Parkplatz in der Amsterdamer Straße. In "seinem" Gebiet im Maintal geht seit dem Lockdown fast nichts mehr. Dadurch, dass ein Großteil der Beschäftigten dort sich im Homeffice befindet, brach sein Umsatz drastisch um schätzungsweise 90 Prozent ein. Durch die Verkäufe, die er aktuell erzielen könnte, würde er noch nicht einmal seine Selbstkosten decken.

Doch Durans Probleme sind weit vielschichtiger und tiefgreifender. Der Redaktion offenbarte der 51-jährige Kurde, der 1998 aus der Türkei nach Deutschland kam, seine Lebensgeschichte. In der Türkei sah er sich als Kurde schon von Kindesbeinen an Diskriminierung, Verfolgung und Willkür ausgesetzt, berichtet er. Als 13-Jähriger wurde er erstmals willkürlich von der Polizei festgehalten. Duran berichtet von Foltererfahrungen, die bei ihm Traumata ausgelöst haben. Noch heute zuckt er zusammen, wenn er ein Polizeiauto sieht.

Duran leidet an einer Depression und bezieht mittlerweile eine Erwerbsminderungsrente. Von den 326 Euro vom Staat alleine kann er allerdings nicht leben. Er möchte aktiv werden, im Rahmen seiner gesundheitlichen Möglichkeiten, von Sozialhilfe will er nicht leben. Mit seinem Imbisswagen konnte er für sich einen Weg finden, Geld zu verdienen. Selbst inmitten von Corona konnte er damit im vergangenen Sommer und Herbst durchaus erfolgreich wirtschaften.

Ausbildung als Hotelfachmann

In der Gastronomie ist er zuhause. In der Türkei schloss er eine Ausbildung als Hotelfachmann ab, die in Deutschland jedoch nicht anerkannt wurde. Sieben Jahre arbeitete er unter anderem im Bamberger Residenzschloss, aber ohne jegliche Aufstiegschancen, bemerkt er.

Aus seiner geschiedenen ersten Ehe hat er zwei mittlerweile erwachsene Kinder, eines davon studiert  in Hannover. Duran erzählt voller Stolz von seinen Kindern,  auch wenn er bedauert, dass er sie nicht unterstützen kann. Größer werden seine Sorgen, wenn er an seine aktuelle Partnerschaft denkt. Seine Frau und ihr gemeinsames Kind sind seit fünf Jahren wieder in der Türkei, ihm gelingt es seither nicht, ihren Nachzug zu bewerkstelligen. "Ich will mein Kind", sagt er und zeigt Handybilder von seinem Sohn, den er selbst nur von Handybildern kennt. Für die Beiden hat er die Idee mit dem eigenen Imbiss durchgezogen, als finanzielle Basis für den Fall des erhofften Zuzugs.

Die Probleme türmen sich bei ihm jedoch in Zeiten der Pandemie. Hilfe durch Verwandte oder Freunde hat er in Deutschland keine. Die Corona-Soforthilfe kann er aufgrund der Erwerbsminderungsrente nicht beantragen. "Ich stehe kurz vor der Obdachlosigkeit", sagt er. Im vergangenen Jahr erlitt er auch noch einen Herzinfarkt. Die Ärzte im Leopoldina-Krankenhaus mussten ihn wiederbeleben, erzählt er.

In die Türkei, wo ihm so viel Negatives widerfahren ist, möchte er nicht zurück. Seine zwei Kinder hier will er nicht alleine lassen. Im Osten des Landes, wo seine Frau mit ihrem Kind derzeit bei ihren Eltern lebt, herrscht eine gefährliche Gemengelage, in der man als Kurde schnell unter Generalverdacht gerät, erklärt Duran.

Wie soll es für ihn weitergehen? Er möchte wieder leckere Speisen aus seinem Imbiss anbieten. Doch bislang sucht er vergebens nach bezahlbaren, attraktiven Stellplätzen. Auch bei der Stadt hat er angefragt, ob sie ihm in seiner Not einen stadteigenen Platz zur Verfügung stellen würden. Ohne Erfolg, er durfte noch nichteinmal die Hinweisschilder zu seinem Imbiss an der Straße platzieren.

Falls sich doch noch eine Tür öffnet, in der Stadt oder im Landkreis: Abdurrahim Duran wäre bereit.

 
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Kommentare
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  • mppthi
    wieder einmal die BRD soll die welt retten.deutsche rentner beklagen weniger geld als migranten zu bekommen
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