
Die Abschaltung des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld (KKG) hat auch Auswirkungen auf den Main: Dessen Wasser ist nun etwas kälter als in den vergangenen 30 Jahren. Denn das Werk leitet kein aufgewärmtes Kühlwasser mehr in den Fluss. Und die Temperatur hat großen Einfluss auf die Ökologie eines Gewässers.
Wassermassen und Dampfwolken
Es waren gewaltige Wassermassen, die zum Kühlen der Systeme benötigt worden sind, als das KKG noch Strom produziert hat. 18 000 Kubikmeter sind pro Stunde in zwei Schächten am Mainufer angesaugt und ins Kraftwerk gepumpt worden.
Der Löwenanteil des Wassers ist weithin sichtbar über die beiden Kühltürme verdampft. Etwa zehn Prozent aber sind über ein so genannten Rückgabebauwerk dem Fluss zurückgegeben worden. . Nach Angaben des Betreibers ist dadurch die Temperatur des Mainwasser um 0,1 bis 0,2 Grad gestiegen.
Fische vertragen keine Wärme
Das klingt zunächst wenig. Doch Temperatursteigerungen haben Einfluss auf das Ökosystem im Fluss, vor allem auf die wechselwarmen Fische. „Viele Stoffwechselaktivitäten und physiologische Vorgänge bei Fischen sind von der Temperatur abhängig und laufen bei erhöhten Temperaturen beschleunigt ab. Die geringere Sauerstoffsättigung warmen Wassers sowie Einschränkungen der Stoffwechselleistung setzen dem jedoch für Fische physiologische Grenzen“, erklärt eine Studie des Landesamts für Umwelt die Folgen. Barben, wie sie im Main vorkommen, überleben Wassertemperaturen jenseits der 30 Grad nicht.
Höchstgrenze 28 Grad
Im so genannten Wärmelastplan sind für den Main 28 Grad als Höchstgrenze festgelegt worden. In die Nähe dieses Limits kamen die Werte im Jahr 2003: Im Westen Frankfurts sind 27,7 Grad gemessen worden. Wäre der Grenzwert überschritten worden, hätten Kraftwerke ihre Leistung und Wirtschaftsbetriebe ihre Einleitung drosseln müssen.
Das eingeleitete Kühlwasser aus Grafenrheinfeld bildete aber nur ein kleines Mosaiksteinchen in der Temperaturentwicklung des Mainwassers. Zum Anstieg tragen auch Industriebetriebe und Kraftwerke im Großraum Frankfurt bei.
Staustufen begünstigen Temperaturanstieg
Hauptgrund aber ist der bauliche Zustand: Über 30 Staustufen verlangsamen die Fließgeschwindigkeit, weswegen die Sonne das Wasser schneller erwärmen kann. Dies ist aus den Werten ersichtlich, die die Wasserstraßenverwaltung des Bundes tagesaktuell und stündlich veröffentlicht. Danach erhöht sich die Temperatur des Mainwassers zwischen den Messabschnitten Schweinfurt, Astheim (Lkr. Kitzingen) und Würzburg um jeweils etwa ein Grad. In diesem Jahr erreichte der Höchstwert in Astheim 23,6 Grad. In einem durchschnittlichen Sommer wie diesem pendelt das Mainwasser je nach Tageszeit zwischen 19 und 21 Grad.
Alarmplan soll Wasserqualität sichern
Insgesamt rechnen die Experten alleine schon wegen des Klimawandels mit einem tendenziellen Anstieg. Um die in den vergangenen Jahren gestiegene Wasserqualität und Artenvielfalt des Mains zu schützen, hat die Regierung von Unterfranken 2012 einen Alarmplan aufgestellt, dessen erste Stufe bei 25 Grad ausgelöst wird. Ab 27 Grad rechnet man mit „einer deutlichen Schädigung von Kleinlebewesen sowie Fischen“. Dann müssen unter Umstände Betriebe ihre Einleitungen reduzieren. „Im Notfall werden die Feuerwehr, das Technische Hilfswerk und die Polizei zum Einsatz kommen“, heißt es im Plan.
In einer früheren Version des Artikels war zu lesen, bei Betrieb der Anlage seien dem Main 160 000 Kubikmeter pro Stunde entnommen worden. PreussenElektra weist darauf hin, dass bei Betrieb der Anlage der Main um zirka 0,1 bis 0,2 Grad aufgewärmt wurde, nicht wie Geschrieben um 0,5 bis 1 Grad.