
Dann wird das Stahlskelett, das auf Grafenrheinfelder Seite seit Monaten zusammengeschweißt wird, auf seinen Standort zwischen den Pfeilern „eingeschwommen“. Der Projektleiter des Brückenneubaus, Diplomingenieur Robert Haupt vom Staatlichen Bauamt, erwartet so viele Zuschauer, dass vorsichtshalber die Staatsstraße gesperrt werden wird.
Höhepunkt eines Baustellen-Tourismus. Seit die ersten Stahlträger angeliefert worden sind, belagern Schaulustige den nördlichen Gehweg der alten Brücke. „20 bis 30 Zuschauer hatten wir bei entsprechendem Wetter ständig“, erinnert sich Haupt. So mancher Radwanderer auf dem Maintalradweg habe im Schatten der wachsenden Brücke eine Pause eingelegt. Nicht zählen konnte Haupt die Autofahrer, die extra anrollten oder Umwege in Kauf nahmen, um sich den Bau aus der Nähe anzuschauen.
Manchmal kamen auch ganze Gruppen. Wie die von Gästeführerin Herlinde Heinisch, die eine Führung mit Projektleiter Haupt organisiert hatte. 21 Neugierige fanden sich ein, trotz der Kälte. Haupt ließ nichts aus. Auch nicht, dass neben dem Planentwurf zwei „Fiktiventwürfe“ angefertigt werden mussten. Die sei nötig gewesen, weil es zwei Kostenträger gebe. Dem Wasser- und Schifffahrtsamt sei daran gelegen, die Pfeiler aus dem Main zu bekommen und so eine breitere Fahrrinne. Das Straßenbauamt habe der Ausbau des Straßenquerschnittes mehr interessiert. „So haben erstere ausrechnen lassen, was es kostet, bei gleichem Straßenquerschnitt eine Brücke mit größerer Spannweite zu bauen; die anderen die Kosten für eine Brücke mit Pfeilern im Main und breiterer Fahrbahn ermitteln lassen“, erklärte Haupt. So sei eine ungefähr 60- zu 40-Aufteilung der knapp elf Millionen Euro zu Lasten der Straßenbauverwaltung des Freistaates herausgekommen. Kopfschütteln bei den Zuschauern angesichts so viel Bürokratie.
Achtung hatten die Gäste vor der Leistung der vielen Arbeiter, die zwischen den acht Kränen und Hebebühnen konzentriert zugange waren. Rund 800 Tonnen wiegt laut Haupt das Bauteil, allein 100 Tonnen davon die Sicherungseinrichtungen, die das Zusammenbrechen der Brücke beim Transport verhindern sollen.
Spektakulär wird das Einschwimmen der Brücke: Das Bauteil wird zunächst mit „Tausendfüßlern“ (Schwerlasttiefladern) angehoben und quer zur Flussrinne in Richtung Main auf Pontons verschoben. Diese werden dann einige Meter Main abwärts fahren und die Stahlkonstruktion auf die gegossenen Brückenpfeiler setzten. „Für die ganze Aktion haben wir einen Tag Sperre der Schifffahrtsstraße Main zur Verfügung“, erklärte Haupt. Die gelben Stahlstreben werden nach dem Einbau der Brücke entfernt. Am Ende, so Haupt, wird allein der Brückenoberbau über 1000 Tonnen wiegen. Nicht zu viel angesichts des zwölfeinhalb Meter breiten, lichten Raums zwischen den in der Mitte 17 Meter hohen Bögen. Im Sommer soll der Verkehr über die neue Brücke rollen. Unmittelbar danach wird ihre Vorgängerin abgebaut. Spezialbagger rücken für den Abbau an. Auch für diese Aktion ist die Schifffahrt gesperrt, ebenfalls für einen Tag.
Sprengen kommt laut Haupt nicht in Frage, damit nicht der ein oder andere Brocken in der Schifffahrtsrinne bleibt. 1960 wurden die Pfeiler der alten Brücke gesprengt. Mancher Zuhörer konnte sich erinnern. Und auch an den Nebeneffekt. „Da hat es eine reiche Fischernte gegeben“, schmunzelte einer am Rande.