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SCHWEINFURT
Magdalena Abele bei der Triennale: Gleich-Zeitig
Die Jüngste: Magdalena Abele vor zwei ihrer Fotografien in der Großen Halle.
Foto: Katharina Winterhalter | Die Jüngste: Magdalena Abele vor zwei ihrer Fotografien in der Großen Halle.

Von unserem Redaktionsmitglied

Katharina Winterhalter

 |  aktualisiert: 27.08.2012 11:12 Uhr

Betrachter, die vielleicht nicht so genau hinschauen, sehen in Magdalena Abeles Fotografien nur klassische, gut komponierte Landschaftsaufnahmen von attraktiven Orten, die von vielen Menschen besucht werden. Wer ein bisschen mehr Zeit hat, nimmt viele kleine Szenen wahr, wie in einem Wimmelbild von Ali Mitgutsch: Da springt ein Junge in den Fluss, ein Paar umarmt sich, ein Mädchen zeigt seinen nackten Po. Wer länger schaut, ist irritiert, stutzt. Den Mann in der schwarzen Badehose, der sich abtrocknet, gibt es zweimal, er steht quasi neben sich.

Wer eine Dopplung gefunden hat, fängt an zu suchen und wird schnell fündig: Einzelne Personen, kleine Gruppen oder Paare tauchen mehrmals auf. Das gilt für die Aufnahme vom „Zabriskie Point“ ebenso wie für die Badeszene im wunderschönen schweizerischen „Verzascatal“ – beide zu sehen bei der Triennale für zeitgenössische Kunst in der Kunsthalle. Die Fotografien von Magdalena Abele funktionieren also auf mehreren Ebenen.

Die 26-Jährige interessieren vor allem Ballungsräume, an denen sich Menschen in größeren Gruppen auf vorgegebenen Pfaden bewegen. Weil dieses Phänomen vermehrt an touristisch attraktiven Orten auftaucht, landet die 26-Jährige eben dort. Der „Zabriskie Point“ ist ein gutes Beispiel. Der Hügel liegt abgelegen in der amerikanischen Wüste. Alles, was man dort tut, ist vorgegeben: Besucher stellen ihr Auto auf den Parkplatz, gehen den Zick-Zack-Weg hinauf, fotografieren die Aussicht und gehen wieder hinunter. Genau das hat Magdalena Abele fotografiert, als sie 2011 in Kalifornien unterwegs war.

Wie immer hat sie mehrere Aufnahmen gemacht. Wieder zurück im Atelier in Nürnberg, hat sie eine Aufnahme als Grundbild ausgewählt, quasi als Bühne, auf der weitere Protagonisten auftreten – und zwar an Stellen, an denen Abele es kompositorisch für nötig hält. Diese Personen holt sie sich aus den anderen Aufnahmen, setzt sie aber nicht willkürlich an irgendeine Stelle, sondern dahin, wo sie auf dem Ursprungsbild waren. Das heißt, sie zeigt die Menschen an den Plätzen, an denen sie wirklich waren, komprimiert dabei nur die Zeit. Ein einziges Bild zeigt die Realität zu verschiedenen Zeitpunkten.

Wir sehen also eine vierköpfige Familie, die kurz vor dem Aufstieg zum Zabriskie Point stehen bleibt und nach oben schaut. Gleich daneben sehen wir diese vier Menschen auf dem Rückweg. Noch auffälliger ist der Mann im roten Hemd, mit der Kamera in der Hand, der „gleichzeitig“ unten losläuft, auf halbem Weg geht und oben fotografiert. „Die Vermehrung dient nur dazu, den Strom der Menschen deutlicher zu machen“, sagt Magdalena Abele. Gleichzeitig liebt sie das Spiel mit der Irritation und freut sich, wenn die Betrachter ihren Spaß beim Suchen der „Doppelgänger“ haben.

Abeles Arbeiten fordern unsere Wahrnehmung und sie fordern eigentlich auch eine Auseinandersetzung mit der Welt der modernen Medien. Wir wissen alle, dass die Fotografie keine objektiven Bilder liefert, dass man mit ihr irritieren, täuschen und lügen kann. Trotzdem sind wir immer noch versucht, einer Fotografie zu glauben.

Viele Künstler führen uns diesen Widerspruch vor Augen, denken wir beispielsweise an Thomas Demand, der Räume nachbaut, in denen Schreckliches passiert ist, und sie so fotografiert, dass die Aufnahmen den originalen Pressebildern erschreckend ähneln. Magdalena Abeles Bilder täuschen auf sehr humorvolle Weise. Sie können darüber hinaus als Auseinandersetzung mit dem menschlichen Verhalten gelesen werden.

Die 26-Jährige ist die jüngste Teilnehmerin der Triennale. Sie lebt in Nürnberg. Studiert hat sie an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. In diesem Jahr bekommt sie die Debütantenförderung des Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Ihre Debütantenausstellung im Kunsthaus Nürnberg ist ab 23. August zu sehen.

In dieser Serie stellen wir die Künstler der Triennale für zeitgenössische Kunst vor. Die Ausstellung ist bis 23. September in der Kunsthalle zu sehen.

„Verzascatal“: Ein Suchbild. Ein Schwimmer beispielsweise steht quasi neben sich.
Foto: Magdalena Abele | „Verzascatal“: Ein Suchbild. Ein Schwimmer beispielsweise steht quasi neben sich.
 
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