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SÖMMERSDORF
Mächtiges Passionstor öffnet den Blick

Von unserer Mitarbeiterin

Silvia Eidel

 |  aktualisiert: 28.04.2013 13:33 Uhr

Fünf Tonnen schweben über seinem Kopf, nähern sich ihm ganz langsam. „Halt“, schreit Thomas Reuter dem Kranführer zu, winkt. Die Gewindestange aus dem unteren Muschelkalkblock muss genau in das vorgesehene Loch des darüber hängenden Steins bugsiert werden. Der Bildhauer gibt Anweisungen, Zentimeter für Zentimeter senkt sich das Monstrum, bis es präzise aufsitzt. Maßarbeit für das Passionstor, eine vier Meter hohe und 20 Tonnen schwere Skulptur auf dem neuen „Weg der Passion“ am Waldrand bei Sömmersdorf.

Beinahe andächtig beobachtet Euerbachs Bürgermeister Arthur Arnold das Zusammenspiel von Künstler, Helfer und Kranführer. Aus vier gebrochenen Steinblöcken, jeder an die 2,50 Meter auf 1,60 Meter groß und ebenso tief, setzen sie ein Tor zusammen, das der Form eines Kreuzes ähnelt. Nicht zufällig, schließlich war der Anspruch bei der Ausschreibung des Kunstobjekts, einen Andachtsort zu kreieren, an dem sich Besucher des Passionsspielorts mit dem Leiden Christi und der Bedeutung für ihr eigenes Leben auseinander setzen können.

Der Ort des Passionstores ist perfekt gewählt: Vögel zwitschern vom Waldrand herüber, der in der heißen Sonne Schatten auf das Stück Wiese wirft, der Blick von dieser sogenannten Brebersdorfer Höhe schweift über die Felder hinein ins Schweinfurter Becken. Die Gemeinde Euerbach hat dieses Stück Wiese, einige hundert Meter von Sömmersdorf entfernt, im Tausch erworben, die örtlichen Jagdpächter wollen sich darum kümmern, sagt der Bürgermeister.

Unterdessen kümmert sich Bildhauer Thomas Reuter um den letzten Muschelkalkblock, den der Kran mittels Rundschlingen angehoben hat. „Diese Seite lag nach unten, da ist noch Erde dran“, erklärt der Künstler aus Winterhausen und klopft und bürstet und wäscht den Lehm mit seinem Helfer Balthasar Alletsee ab.

Der rote Markewitsch-Ausleger hievt den Quader an seinen künftigen Platz, auf den 2,30 Meter hohen ersten Block. Dieser querformatige Stein schließt das Tor ab, lässt allerdings einen kleinen Spalt zum Durchsehen hinauf zum Himmel. „Da ist eine Öffnung nach oben, eine Hoffnung“, sagt Thomas Reuter.

Er hat sich sein Werk gut überlegt, er wollte, dass seine Kunst zum Thema „Passion in der Gegenwart“ erfahrbar ist, nicht nur eine Abbildung darstellt. Deshalb wird auch ein Weg aus Steinplatten zum Tor führen, mit eingemeißelten Sätzen aus der Bibel, die die Passion, das Leiden und Sterben nachempfinden. Jeder einzelne Buchstabe ist mit italienischen Murano-Glasmosaiken ausgefüllt, erst mit schwarzen, dann mit hell-beigen, schließlich, nach dem Durchgang mit weißen. „Murano-Glas ist das einzige, das die Witterung aushält“, ist der Bildhauer überzeugt.

Die ansonsten gebrochenen Muschelkalksteine des Tores sind an dessen Innenwänden glatt geschliffen, einladend. Aber die leichte Schrägstellung der Quader verengt die ohnehin schmale Öffnung, man muss sich bemühen durchzukommen. „Das ist Selbsterfahrung“, sagt Thomas Reuter, „man muss selbst den Weg gehen, selbst die Erfahrung machen“.

Die „Wege der Passion“ - einer im Norden, einer im Süden von Sömmersdorf - sind Teil des Leaderprojekts „Passionsgalerie“, bei dem eine multimediale Dauerausstellung in der alten Schule die Fränkischen Passionsspiele beleuchtet. 180.000 Euro werden beide Maßnahmen zusammen kosten, das Passionstor ist mit 20.000 Euro geplant. Nach Abzug der Förderung liegt der Eigenanteil der Gemeinde bei etwa 55.000 Euro.

Dass der Euerbacher Gemeinderat bereits im vergangenen Jahr eine Auswahl über ein Kunstobjekt getroffen hat, bezeichnet Bürgermeister Arnold als „einmalige Angelegenheit“. Die Entscheidung für das Passionstor als einer von drei Andachtsorten auf dem südlichen Weg war im wahrsten Wortsinn aber „verständlich“.

Eine Bank und eine Informationstafel werden diesen idyllischen Platz am Waldrand noch ergänzen. Der zweite Andachtsort liegt haargenau in der Sichtachse der Toröffnung: Ein Bildstock unter einem Kastanienbaum. Und den dritten, beziehungsweise ersten Andachtsort als Ausgangspunkt des Weges findet der Besucher an der Passionsgalerie im Ort, gleich neben der Pfarrkirche.

Auch die nördliche Route dieses spirituellen Weges wird Innehaltepunkte haben, erklärt Arnold. Damit auch dort Besucher, die zum Passionsspiel in den Ort kommen, das Gesehene beim Gang durch die Natur reflektieren können.

Die neue Passionsgalerie und der „Weg der Passion“ sind am Sonntag, 26. Mai, nach dem ZDF-Fernsehgottesdienst auf der Sömmersdorfer Freilichtbühne erstmals geöffnet.

In Arbeit: Das Passionstor.
Foto: Silvia Eidel | In Arbeit: Das Passionstor.
Maßarbeit: Vorsichtig müssen die tonnenschweren Steinblöcke aufeinandergesetzt werden. Bildhauer Thomas Reuter (rechts) und sein Helfer Balthasar Alletsee (links) weisen den Kranführer an.
Foto: Silvia Eidel | Maßarbeit: Vorsichtig müssen die tonnenschweren Steinblöcke aufeinandergesetzt werden. Bildhauer Thomas Reuter (rechts) und sein Helfer Balthasar Alletsee (links) weisen den Kranführer an.
 
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