In der Operette „Die Großherzogin von Gerolstein“ (Uraufführung 1867) verspotten der Komponist Jacques Offenbach und seine Librettisten den Militarismus, dessen Günstlingsgestalten und die Kleinstaaterei der damaligen Zeit. Solche Militär-Persiflage sei heute schwer vermittelbar, meint Regisseur Ansgar Weigner, der die Operette für das Theater Hof inszenierte, seine erste Arbeit dort. Doch sind Kriegstreiberei und Machtmissbrauch keine aktuellen Themen?
Da Weigner „Großherzogin pur“ sich also nicht traut, hat er für das turbulente Geschehen eine Rahmenhandlung erfunden, „um das Stück gegenwärtiger zu machen“, wie er sagt. Ein kleines Mädchen, Antonia, trauert um seine verstorbene Mutter, Vater hat eine neue Partnerin. Antonia träumt sich zurück in bessere Zeiten.
Dominosteine und Mikado-Stäbchen
So spielt die erst jetzt beginnende Original-Operette in einem großen Kinderzimmer, in dem zwischen Dominosteinen und Mikado-Stäbchen seltsame Traumgestalten die amüsante Geschichte von der lebenslustigen Großherzogin und ihrer Schwäche für junge Soldaten erzählen: Während eines Krieges inspiziert sie ihre Truppen und verliebt sich in den feschen Soldaten Fritz. Sie befördert ihn auf die Schnelle zum General, schickt ihn in die Schlacht, aus der er als Held zurückkommt.
Jetzt will die Souveränin ihm ihre Liebe gestehen, doch Fritz zeigt ihr die kalte Schulter und heiratet Wanda. Welch ein Affront, die Hofschranzen toben und schmieden Mordpläne. Ausgerechnet in Fritzens und Wandas Hochzeitsnacht wollen sie Fritz den Garaus machen. Die Meuchelmörder wetzen schon ihre Messer, da bläst die gar edle Großherzogin den Plan ab, sie wird sich mit einem anderen Uniformierten trösten.
In Richtung Komik überzeichnet
Was gibt's zu sehen und zu hören? Manches erinnert an das Ballett „Der Nussknacker“: Nicht nur der Kunstgriff „Kind träumt Handlung“, auch die Soldaten und ihre Mädchen bewegen sich ruckartig wie mechanisches Spielzeug, die Großherzogin trägt am Rücken tatsächlich einen riesigen Aufziehschlüssel. Auch die Rollen und Kostüme der übrigen Sänger sind in Richtung Komik/Klamotte überzeichnet – doch Lachen im Zuschauerraum hat Pause. Das gilt sogar für den Brachial-Brüller in der erwähnten Hochzeitsnacht: Als Fritz sich seiner störenden Beinkleider entledigen will, klemmt der Reißverschluss, Wanda kommt ihm schnell mit Hammer und Meißel zu Hilfe.
Doch noch ist das Spiel nicht verloren, im Gegenteil: Denn die ausgezeichnete Darsteller-Riege und die Hofer Symphoniker treiben es in die Gewinnzone. Stefanie Rauhe ist mit ihrem leuchtenden Mezzosopran eine charmante, aber auch dominante Großherzogin, die ihr Auftrittslied mit schönen Koloraturen schmückt. Neu im Ensemble ist der junge Koreaner Minseok Kim als Fritz, der sich mit angenehm füllig timbriertem Tenor und sicheren Höhen vorstellt. Ebenfalls neu in Hof sind Laura Louisa Lietzmann als Wanda und Rainer Mesecke als General Bumm, der mit wohltönendem flexiblen Bass seine Soldaten antreten lässt.
Umwerfendes Komödianten-Trio
Mesecke bildet mit Karsten Jesgarz (Baron Puck) und besonders Thilo Andersson im Matrosenanzug (Prinz Paul) ein umwerfendes Komödianten-Trio, das sich souverän die Bälle der Macht und der Intrigen zuwirft. Ihr Terzett im zweiten Akt ist beste opera buffa. Übrigens, Karsten Jesgarz ist hier noch in bester Erinnerung von seiner Inszenierung der mitreißenden „Sisters of Swing“ im letzten Jahr.
Und noch ein Vergnügen: Die Hofer Symphoniker und ihr Dirigent Walter E. Gugerbauer bringen die schwungvolle dramatische Musik Offenbachs, die die karikierenden Darstellungen des Militärischen oft unterstreicht, zum Leuchten und Funkeln. Herzlicher Applaus für die sehr guten Leistungen des spielfreudigen Ensembles aus Hof.