
Alle zwei Jahre lädt das Partnerschaftskomitee Gerolzhofen-Mamers Bürger aus Stadt und Umland zu einer von Burkhard Tebbe organisierten Studienreise nach Frankreich ein. Heuer hatte der Frankreichkenner die Region Rhone-Alpes mit ihrer Hauptstadt Lyon als Ziel ausgesucht.
Abertausende von Urlaubern durchqueren jedes Jahr Frankreich im Sommer von Nord nach Süd, um in einem Rutsch ans Mittelmeer zu kommen. Die Sehenswürdigkeiten des Rhonetals lassen sie in der Regel links liegen. Die 52-köpfige Gerolzhöfer Reisegruppe lenkte hingegen gerade auf diese Region für eine Woche ihre Aufmerksamkeit.
An drei Tagen war die drittgrößte Stadt Frankreichs, Lyon, auch „Tor zum Süden“ genannt, Schwerpunkt des Programms. Die Stadt wird von zwei Hügeln dominiert und liegt am Zusammenfluss von Rhone und Saone. An diesem strategisch wichtigen Ort wurde zur Römerzeit Lugdunum erbaut. Heute ist Lyon Weltkulturerbe der Unesco. Neben dem Reichtum an Baukunst und Architektur spielen Lebenskunst und insbesondere Gastronomie in Lyon eine wichtige Rolle, die mit dem Namen Paul Bocuse und weiteren berühmten Köchen in Verbindung stehen.
Wege im Verborgenen
Bei der Stadtbesichtigung durften die über die ganze Stadt verteilten riesigen Wandfresken, wie die „Mauer der berühmten Lyoneser“ oder „Die Wand der Seidenweber“, nicht fehlen. Bei einem Streifzug durch die engen Gassen der Altstadt besichtigte die Gruppe mit ihrer Führerin versteckte Innenhöfe. Dabei spaziert man durch Hausflure, Innenhöfe und Treppenhäuser, die alle durch Gänge miteinander verbunden sind.
Diese Wege im Verborgenen erlaubten den Tuchhändlern und Seidenwebern, ihre Tücher und andere Stoffe geschützt vor Regen durch die Stadt zu transportieren. Auch die Resistance, der französische Widerstand, nutzte während des Zweiten Weltkrieges die versteckten Pfade.
Ein weiterer Schwerpunkt galt der Geschichte der Seidenweberei. Seit der Erfindung eines mit Lochkarten gesteuerten Webstuhls durch Joseph-Marie Jacquard 1805 hallte im Viertel der Seidenweber das Klappern und Rattern der Webstühle wider, von denen die schönsten in einem Atelier in Betrieb besichtigt werden konnten. Die Handwerker der Weberinnung der Heimarbeiter bewahren hier die Traditionen und die alte Kunst des Seidewebens.
Danach stand das Wohnviertel der Seidenweber auf dem Programm. Des Weiteren besichtigte die Gruppe das Atelier de Soierie, das sich der für Lyon typischen Seidenmalerei und dem Seidendruck widmet.
Dritter Schwerpunkt waren Architektur und Städtebau. Hier bot sich die Besichtigung des Tony-Garnier-Museums an. Das ungewöhnliche Open-Air-Museum wurde nach einem Architekten benannt. Die Gruppe durchstreifte ein kleines Viertel mit Gebäudekomplexen, dessen Fassaden eine Reihe monumentaler Mauermalereien aufweisen.
Ein Beispiel moderner Stadtplanung ist das künftige Stadtviertel „La Confluence“ (der Zusammenfluss). Bis 2030 sollen hier auf der dreieckigen Südspitze der Perrache-Halbinsel zwischen Saone und Rhone Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Kultur vereinen und Menschen aller Einkommens- und Altersklassen zusammenbringen. Eine Fahrt auf der Saone und Rhone rundete die Stadtbesichtigung von Lyon ab.
Auch das Kennenlernen des Umlandes kam von dem in den Weinbergen gelegenen Hotel im kleinen Dorf Sarcey nordwestlich von Lyon nicht zu kurz. Gen Osten durchstreifte die Gruppe La Dombes, das Land der 1000 Seen, die der Fischzucht dienen und einen erheblichen Teil der Süßwasserfischproduktion Frankreichs decken. Einen Einblick in die Fischverarbeitung vermittelte die Besichtigung einer Fischräucherei mit Verköstigung.
Das Rothenburg Frankreichs
Südlich der Dombes liegt Perouges. Die mittelalterliche Stadt wird in manchen Reiseführern auch das Rothenburg ob der Tauber von Frankreich genannt. Ihre Gassen zogen auch die Gerolzhöfer Besucher in ihren Bann. Auch ein Abstecher in die Alpen durfte nicht fehlen: Ziele waren hier der See Bourget, der größte Natursee Frankreichs, Chambery, der Badeort Aix-les-Bains oder die Römerstadt Vienne im Süden von Lyon. Danach erkundete die Gruppe die Weinanbaugebiete der Cote du Rhone und des Beaujolais. Auf vielfältige Weise bekamen die Reiseteilnehmer einen Eindruck von der regionalen Küche und ihren Spezialitäten sowie von den Weinen.
Während es sich anbot, in der Freizeit in einem der kleinen „Bouchons“, den traditionellen, kleinen Lyoner Restaurants, zu essen, lockten auch kleine Märkte mit Spezialitätenständen oder gar die große Markthalle. Zwei Tagesausflüge wurden mit einem Überraschungspicknick im Grünen gekrönt. So überraschte Burkhard Tebbe am Ufer eines Sees die Gruppe mit frisch geräucherten Lachsforellen, Fischpasteten und Lyoner Wurstvariationen. Ein Picknick mit Lyoner Brühwurst in Rotweinsauce als Hauptgang war im Garten eines befreundeten Hoteliers vorbereitet worden.
Für 2015 plant das Partnerschaftskomitee mit Tebbe eine für alle Bürger offene Fahrt nach Paris. 2016 soll dann wieder die traditionelle Zweijahresfahrt stattfinden. Das Ziel steht allerdings noch nicht fest.