Lebensräume für blütenbesuchende Insekten schaffen und gleichzeitig Biomasse für die Biogasproduktion gewinnen - das ist nicht die Quadratur des Kreises, sondern das erklärte Ziel der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim. In einem Projekt werden spätblühende Wildpflanzen für die Energiegewinnung getestet, zum Beispiel Sonnenhut und das hohe Mädchenauge, und auch ein wenig Hanf tummelt sich in diesem Projekt.
Auf einer Fläche von einem Hektar bei Ettleben (Landkreis Schweinfurt) fühlen sich diese Pflanzen bei der aktuellen Trockenheit pudelwohl, stammen sie doch aus der amerikanischen Prärie. In Jahren wie diesen verfügen sie damit über einen entscheidenden Vorteil gegenüber dem Mais. Und: bis sie in einer Biogasanlage ein zweites Leben führen, bieten sie mehr als genug Nektar und Pollen für Bienen und Co. Die Biene belegt in der Hierarchie der „Wertschöpfung“ der Nutztiere nach Rind und Schwein immerhin den dritten Platz.
Einmal säen, mehrmals ernten
Rund 30 Experten aus Forschung und Beratung, Verbandsvertreter und Landwirte nutzten nun die Gelegenheit, sich nach Fachgesprächen am Vormittag nachmittags vor Ort in Ettleben vom aktuellen Stand der Forschung des Projektes „Prärie-Mix“ zu überzeugen.
Die LWG entwickelt seit vielen Jahren ihre bekannten und beliebten Wildpflanzenmischungen für unterschiedliche Einsatzgebiete. Der aktuell entwickelte Prärie-Mix, erfuhren die Experten von Dr. Ina Heidinger und Dr. Ingrid Illies vom Institut für Bienenkunde und Imkerei sowie von Kornelia Marzini und Martin Degenbeck (Institut für Stadtgrün und Landschaftsbau), ist eine mehrjährige Mischung zur Biogasgewinnung, die nur einmal gesät und mehrere Jahre geerntet werden kann.
Umzingelt von Bienen und Hummeln
Geerntet werden kann ab dem zweiten Standjahr zeitgleich mit dem Mais, was als dritter Aspekt einen wirtschaftlichen Vorteil für die Landwirtschaft mit sich bringt. Die späte Blüte (August/September) sorgt zudem für eine gute Nahrungsversorgung von Honig- und Wildbienen. Was die Insekten auch reichlich ausnutzten. So waren die Experten beim Ortstermin regelrecht umzingelt von Bienen, Hummeln und sonstigen nektarliebenden Insekten. Die Bienenvölker an den Versuchsflächen trugen in den letzten Jahren Nektar ein, der auch als Honig geerntet wurde. Und das nicht zu knapp: gute sieben Kilo pro Volk brachte der Nektar des „Prärie-Mixes“ ein. Freuen durften sich darüber die Imker, denn sie brauchten für die Überwinterung ihrer Völker auch weniger zusätzliches Futter.
Neben der Honigbiene profitieren auch zahlreiche Wildbienen und viele andere blütenbesuchende Insekten von der Mischung. Hummeln, Furchen-, Masken- und Sandbienen, Schwebfliegen und viele mehr waren auf den Blüten beobachtet worden. Durch diese Mischungen wird die Biodiversität (ökologische Vielfalt, Vielfalt der Arten und genetische Vielfalt innerhalb der Arten) auf dem Acker deutlich erhöht, und zwar so, dass sich auch der Feldhamster dort niedergelassen hat.
Gleichzeitig wird nach der Ernte die Biomasse erzeugt. Zwar wird das Niveau von Mais hinsichtlich der Methanausbeute nicht erreicht, erfuhren die Experten, aber durch die deutliche Förderung der Biodiversität und dem erheblich geringeren Aufwand für die Anlage und Pflege der Flächen ist der „Prärie-Mix“ durchaus eine gute Alternative.
Blühmischungen gegen das Verschwinden
Welchen Stellenwert übrigens die Biene in der Ernährung hat, zeigte sich ganz deutlich bei den Fachgesprächen im Sebastian-Englerth-Saal in Veitshöchheim: Ein Foto zeigt eine Obst- und Gemüseabteilung eines Supermarktes mit von Bienen und Co bestäubten Produkten und eines ohne - und da war das Sortiment extrem geschrumpft. Um die Entwicklung bundesweit im Auge zu behalten, werden die Bienen beim Netzwerk „TrachtNet“ beobachtet. Unter einer Tracht versteht ein Imker das gesamte Angebot an Nektar, Pollen und Honigtau, den die Honigbienen in den heimischen Bienenstock bringen.
Im TrachtNet erfassen automatische Waagen die Gewichtsverläufe von Bienenvölkern während einer Vegetationsperiode in Kombination mit lokalen Wetterdaten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen (Stadt, Land) werden im Bezug auf die Nahrungsverfügbarkeit verglichen, und es werden die Folgen des Klimawandels und die Wirkung von Agrarumweltmaßnahmen mit in dieses Netzwerk eingespeist. Verschwinden die Bienen und die Fluginsekten, die sich von Nektar ernähren, verschwinden auch die Vögel, Fledermäuse und Igel, die sich von Insekten ernähren. Um dem ein Stück weit entgegen zu wirken, bietet die LWG seit Jahren insekten- und bienenfreundliche Blühmischungen an.
Viele Informationen zu dem Thema finden sich im Internet unter https://www.lwg.bayern.de/