Wie eigentlich kam die neue Glaubenslehre Martin Luthers aus Wittenberg im heutigen Sachsen-Anhalt nach Franken? Wer waren die Menschen, die die Reformation hier Wurzeln schlagen ließen? Ein Thema, das das Interesse von Pfarrer Reiner Apel weckte, als er sich mit einem Kollegen darüber unterhielt. Was er beim Mittwochstreff der evangelischen Gemeinde im Gemeindehaus dazu zu sagen hatte, war überaus erhellend.
Als Grundlage seiner Ausführungen nutzte der Pfarrer Hans Rosers Buch „Franken und Luther“ (1996). Das Buch sei zwar eine Fundgrube, aber im Grunde nur ein Zwischenergebnis. Bei vielen Biografien und Zusammenhängen gelte es noch nachzubohren.
Glaubensinhalte waren nicht mehr wichtig
Auslöser der Reformation waren die Zustände in der katholischen Kirche. Die kümmerte sich kaum mehr um Glaubensinhalte, sondern lieber um Macht und Geld. Es gab zeitgleich mehrere Päpste. Die Menschen stöhnten unter hohen Abgaben. Auch einfache Leute merkten, dass die Vertreter der katholischen Kirche längst nicht mehr das lebten, was sie predigten. All das kam zwischen 1517 und 1527 zusammen.
Der in der Renaissance aufblühende Humanismus hat die Reformation stark unterstützt. Reiner Apel nannte hier an erster Stelle die vier Karlstädter Humanisten. Einer von ihnen war Johannes Schöner, nach dem das Gymnasium benannt ist. Er war eigentlich ein Naturwissenschaftler, interessierte sich aber stark für Luthers Lehre und befand sie für gut.
Der zweite war Dr. Michael Beuther, Professor für Geschichte und Poesie an der Universität Greifswald. Sein Förderer war kein Geringerer als Philipp Melanchthon. Obwohl er humanistische Prägung und seine protestantische Gesinnung nie verbarg, stand er später in Diensten des katholischen Fürstbischofs Melchior Zobel und nahm in seinem Auftrag an den Verhandlungen zur Schaffung eines allgemeinen Religionsfriedens 1555 in Augsburg teil.
Weitere aus Karlstadt stammende Humanisten, die der Reformation nahe standen, waren Andreas Bodenstein und Johannes Drach. Letzterer versuchte sich an einer fünfsprachigen Ausgabe des Alten Testaments, erreichte dieses Ziel aber nicht.
Hochburgen des Protestantismus
Der lutherische Theologe und Reformator Wenzel Linck wirkte in Nürnberg, neben Schweinfurt und Wertheim eine der Hochburgen des Protestantismus in Franken. Wie Luther trat er zunächst dem Orden der Augustiner-Eremiten bei. Dieser Orden überlebte die Reformation nicht. Linck war ein enger Vertrauter Martin Luthers.
Ein Akteur der Reformation in Nürnberg war auch Lazarus Spengler. Er schrieb evangelische Kirchenlieder in deutscher Sprache, nachdem es bis dahin nur lateinische Kirchengesänge gegeben hatte. Reiner Apel: „Die Reformation war eine singende Reformation.“
In Nürnberg ging die neue Bewegung vom Rat der Stadt aus. Sie hatte bald so großen Zulauf, dass in der Kirche St. Sebald neue Emporen gebaut werden mussten. An diesem Beispiel zeigte der Referent, dass oft weltliche Obrigkeiten treibende Kräfte der Reformation waren.
Auch Künstler wie Ulrich von Hutten halfen. Obwohl er Martin Luther nicht besonders nahe stand, übte er scharfe Kritik an der römischen Kirche.
„Die Wittenberger Nachtigall“
Der Nürnberger Schuhmachermeister Hans Sachs schrieb über 4000 Meistergesänge und stellte sich schon früh auf dieSeite der Reformation. Er brachte mit seinen Gedichten Martin Luthers Lehre unter das Volk. Ein bekanntes Lied auf Martin Luther heißt „Die Wittenberger Nachtigall“.
Pfarrer Apel nannte noch viele weitere Humanisten, die Luthers Schriften verteidigten. „Ad fontes“ – zurück zu den Quellen, hieß der Wahlspruch des Humanismus, der sich auf die griechische Sprache, Poesie und Philosophie zurückbesann, alles Bereiche, die die katholische Kirche ignorierte. Wie die Reformation legte der Humanismus Wert auf Bildung und freies Denken. Beide seien allerdings nicht identisch, sagte Apel in seiner weitgehend frei vorgetragenen Abhandlung.
Und: Es waren nicht nur gebildete Menschen, die sich der Reformation zuwandten. Auch einfache Leute standen intuitiv näher am Wesen der Religion als so mancher Kirchenherr.
Politische Gründe des Adels
Eher politische Gründe bewegten dagegen den Adel, sich der Reformation zuzuwenden. Jetzt konnten sie sich von ihrem Bischof lossagen. Solche fränkischen Adelsgeschlechter waren die Schwarzenberger oder die Henneberger Grafen.
Im Fortgang der Reformation wurde auch Ansbach ein geistiges Zentrum der Bewegung. Zu seinem Einflussbereich gehörte Prichsenstadt. Dorthin zogen viele Gerolzhöfer, die ihrem neuen Glauben treu blieben und deswegen die Stadt verlassen mussten.
Schließlich noch zwei Bezüge zu Schweinfurt: Georg Spalatin, der sich nach seinem Geburtsort Spalt nannte, predigte 1532 in Schweinfurt. Aus religiösen Gründen floh dorthin 1550 auch Olympia Morata, eine italienische Dichterin und humanistische Gelehrte.
Bei seinen Recherchen hat Pfarrer Apel festgestellt, dass die meisten Geschichtsbücher entweder aus evangelischer oder katholischer Sicht geschrieben sind. „Da gäbe es viel zusammenzuführen“, meint er.
Prädikantin Ursula Oeters, wies darauf hin, dass die Mittwochstreffs sozusagen als Erwachsenenbildung für das Luther-Jahr gedacht sind. Beim nächsten Termin am 26. April spricht Pfarrer Apel über die Ursachen der Reformation.