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SCHWEINFURT
Luther – Rebell Gottes: Ein Musical für den Reformator
Erst vor kurzem wurde das Musical „Luther – Rebell Gottes“ in Fürth uraufgeführt. Nun war es im ausverkauften Theater der Stadt Schweinfurt zu sehen und wurde als rundum gelungene Produktion gefeiert.
Foto: Thomas Langer | Erst vor kurzem wurde das Musical „Luther – Rebell Gottes“ in Fürth uraufgeführt. Nun war es im ausverkauften Theater der Stadt Schweinfurt zu sehen und wurde als rundum gelungene Produktion gefeiert.
Manfred Herker
 |  aktualisiert: 18.03.2017 03:24 Uhr

Das Stadttheater Fürth ist zwar wie das hiesige Theater ein so genanntes Bespieltheater, doch werden dort seit 1994 auch erfolgreich Eigenproduktionen mit Gästen herausgebracht. 2016 wurden die Fürther für ihr Broadway-Musical „Next to normal“ zum innovativsten deutschen Musicaltheater gewählt. Am Sonntag war nun in Schweinfurt die kürzlich uraufgeführte Produktion „Luther – Rebell Gottes“ in der Inszenierung von Werner Bauer zu sehen, vor ausverkauftem Haus.

Es wurde ein außergewöhnlich spannender Abend mit vielen Überraschungen, eine kurzweilige und unterhaltsame Schilderung der Lebensgeschichte des großen Reformators. Dazu standen den Fürther Musicalmachern gefragte Künstler zur Seite: Der Münchner Komponist Christian Auer und die österreichische Autorin Nina Schneider zeichneten ein berührendes Bild des Zweiflers, Beters, Kämpfers, von Albträumen geplagten Luthers mit Stilmitteln von Rockmusik, Rap und kirchenmusikalischen Klängen. „Für mich ist Luther eine Rock'n'Roll-Figur“, sagt Komponist Auer, der an den Keyboards die kleine Band aus zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug leitet.

Mit Musicalstar Thomas Borchert als Luther setzen sich die Glücksfälle dieser gelungenen Produktion fort. Mit seiner schauspielerischen und sängerischen Kraft und seiner großen Bühnenpräsenz ist er wohl die Idealbesetzung. Die nächste Überraschung sind die Video-Bühnenbilder von Marc Jungreithmeier, die er mit so genanntem Videomapping dreidimensional erfahrbar macht: Etwa die Bibliothek von Kurfürst Friedrich III. von Sachsen, einen Marktplatz mit pickenden Hühnern, Luthers Erscheinungen der Heiligen Anna oder lodernde Teufelsfratzen. „Jungreithmeier hat damit eine eigene Ästhetik für die Bühne geschaffen“, schwärmt der Fürther Intendant Werner Müller.

Anno 1530. Auf Initiative seines Gegenspielers Johann Eck (erschreckend kalt Ramin Dustdar) wird Martin Luther von Herzog Georg von Sachsen (Oliver Fobe) gefangen genommen und auf die Pleißenburg bei Leipzig gebracht. Eck konfrontiert in diesem fiktiven Zusammentreffen Luther mit dem Vorwurf der Kirchenspaltung und Ketzerei. Der rechtfertigt sich und erzählt aus seinem Leben. Immer habe er nur ein Ziel gehabt: Den Menschen Gottes Gnade näher zu bringen. „Durch Gottes Gnade und Liebe sind wir errettet“.

In Rückblenden werden Luthers Leben und Lehren vorgestellt. Als ihm Eck ein ungezügeltes Studentenleben vorwirft, werden wir Zeuge einer saftigen Wirtshausszene, in der die Studiosi um Luther begeistert das Trinklied „Ergo bibamus“ singen. Auf der Reise zu seinen Eltern erscheint ihm während eines Gewitters die Heilige Anna (Kerstin Ibald), die dem Ängstlichen zuruft „Du bist errettet“. Papst Leo X. (Franz Frickel) hat seinen großen Auftritt in „Glanz für die Ewigkeit“. Das Ensemble tanzt im Stil einer Broadway-Revue um das luxuriöse Leben im Vatikan anzuprangern (Choreografie Kati Heidebrecht).

Zentrale Szene ist der Song „Die höllische Qual“, mit dem der Ablasshändler Johann Tetzel (Michael Kargus) dem Volk die Ewigkeit in den schaurigsten Farben schildert – doch von dieser Höllenpein könne man sich freikaufen. Luther tritt ihm entgegen – „Nur Gott allein wird unser Retter sein“ – und schlägt wenig später seine Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg. Zwischen den Rückblenden wird das theologische Streitgespräch zwischen Luther und Eck fortgesetzt, großartig die Ensemble-Szene „Im Anfang war das Wort“.

Auf dem Reichstag zu Worms widerruft Luther seine Lehren nicht, über ihn wird die Reichsacht verhängt. Weitere Stationen: Scheinentführung durch Kurfürst Friedrich III. von Sachsen (Klaus Brantzen) zu Luthers Schutz auf die Wartburg, Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche, Bauernaufstände. Autorin Nina Schneider hat das unruhige Leben Luthers genau studiert und wirkungsvoll in ihren Songtexten verarbeitet. So in dem auf Gott bezogenen Lied „Ich gehe dorthin, wo du es willst“ oder im Liebeslied „Ich gehör zu dir“ mit seiner Frau Katharina (Navina Heyne).

Zum mitreißenden Finale gehören die großen Szenen „Freiheit“ und „Wahrheit“. Luther: „Wer kann sich anmaßen, Gottes Willen genau zu kennen?“ Thomas Borchert packt das Publikum noch einmal mit seiner darstellerischen Energie, Ernsthaftigkeit und Überzeugungskraft. Diese Power schickt das begeisterte Publikum zurück zur Bühne: Mit stürmischem Applaus, Jubel und Begeisterungspfiffen wird jeder der zwölf Mitwirkenden und die Band gefeiert. Ein großer Abend, ein Freude schenkendes Beispiel für die Magie des Theaters.

 
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