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WERNECK
Lupinenkaffee ist auf dem Vormarsch
Die Mocca-Espressobar in Werneck bietet eine heimische Alternative zu Bohnenkaffee an. Mit aufgeschäumter Milch und dunkelbraunem Zucker aus Mauritius schmeckt er am besten
Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 17.10.2017 11:02 Uhr

Er ist schwarz und riecht gut. Und er schmeckt voll, nussig, im Abgang leicht malzig: Nein, kein Bohnenkaffee, sondern Lupinenkaffee, aus dem Samen der weißblühenden Süßlupine.

Kredenzt wird das ungewöhnliche, koffeinfreie und reizarme Getränk in der Wernecker Mocca-Espressobar. Sie bietet wohl als einzige im weiten Umkreis das alternative Getränk an.

2016 ist von den Vereinten Nationen (UN) zum internationalen Jahr der Hülsenfrüchte ausgerufen worden. Damit soll in der Öffentlichkeit das Bewusstsein für die ernährungsphysiologischen Vorzüge von Hülsenfrüchten oder Leguminosen gestärkt werden.

Die eiweißreichen Lupinen, aber auch Erbsen, Bohnen oder Sojapflanzen gehören zur Familie der Schmetterlingsblütler, die seit einiger Zeit wieder neu entdeckt werden. Sie sollen Ersatz für ökologisch bedenkliches Import-Soja sein und sind als Leguminosen gut für die Böden. Im biologischen Landbau stellen sie ein wichtiges Element in der Fruchtfolge dar. Und die eiweiß- und fettreichen Pflanzen dienen nicht nur als Futtermittel für Tiere.

464757891       -  Maiskörnern ähnelt der Samen.
Foto: Thinkstock | Maiskörnern ähnelt der Samen.

Als „heimische Alternative zu Bohnenkaffee“ bezeichnet Kerstin Graf den Lupinenkaffee. Die Werneckerin ist ganzheitliche Ernährungsberaterin; Ehemann Kay betreibt die Mocca-Espressobar mitten im Ort. „Ich beobachte die Klinik hier, das Suchtverhalten der Menschen“, erzählt Graf, wie sie auf den Lupinenkaffee stieß. Ob Rauchen oder Alkohol – Kaffee sei bei diesen Süchten meist auch dabei und mache ebenfalls abhängig.

Auch wenn „Kaffee-Junkies“ koffeinfreien Kaffee wählen würden, bleibt das Problem der Säure, die wiederum Probleme verursachen kann. So sind Magen-, Herz-, Rheuma- oder Neurodermitis-Kranke übersäuert und müssen auf normalen Bohnenkaffee verzichten.

Über ihren Kaffeelieferanten stießen Kerstin und Kay Graf auf den Lupinenkaffee. Ihr handwerklicher Kaffeeröster Rainer Braun aus Mainaschaff ist einer der wenigen in Deutschland, die sich an das Rösten der Lupinensamen – sie ähneln in ihrer Form Maiskörnern – trauen. Durch die lange Röstzeit von 20 Minuten bei niedrigen Temperaturen entstehen wenig Reiz- und Gerbstoffe, was den Lupinenkaffee purinarm und magenfreundlich macht.

Zudem ist „Lupino“, oder „Café Pino“ wie er von einem Röster aus Baden-Württemberg verkauft wird, gluten-, laktose- und cholesterinfrei. Und vom Geschmack her kommt er der Kaffeebohne ziemlich nahe. Auch Espresso aus Lupinen gibt es oder Mokka.

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Foto: janaph (iStockphoto) | Aus der weißen Blüte wird der Samen gewonnen.

Angebaut wird die Süßlupine am Bioland-Hof Klein bei Wertheim, weiß Kerstin Graf. Die Pflanze selbst entstand durch Züchtungen, wodurch die bitteren und giftigen Alkaloide weggezüchtet wurden. Denn in der Natur kennt man nur Bitterlupinen. Schon 1926 kamen die ersten Züchtungen auf den Markt.

Einen Lupinenkaffee gab es in Deutschland aber schon vorher: 1918 wurde er bei einem Kongress in Hamburg erstmals vorgestellt. Allerdings geriet die Pflanze wieder in Vergessenheit.

Vor 20 Jahren beendete der Bio-Hof Klein den Lupinenschlaf, zahlte Lehrgeld beim Anbau der weißen Lupine, der etwas schwieriger ist als bei gelber oder blauer Süßlupine, unternahm erste Proberöstungen, recherchierte wegen der Inhaltsstoffe, suchte und fand die Rösterei Braun.

Diese erhält derzeit jede Menge Anrufe von Landwirten, die Lupinen anbauen wollen und einen Abnehmer für die Samen suchen, berichtet Kerstin Graf von einem Telefonat mit Rainer Braun. Kein Wunder, gibt es doch derzeit staatliche Förderung für den Anbau von Eiweißpflanzen. Gerade ältere Kunden probieren gerne den Lupinenkaffee, erzählt Graf von ersten Erfahrungen in ihrer Mocca-Espressobar. Mit aufgeschäumter Milch und dunkelbraunem Feuchtzucker aus Mauritius schmeckt er ihr selbst am besten. Ganz ausschließlich trinkt sie den Lupinenkaffee aber nicht, gibt sie zu. Doch für zwischendurch mundet ihr das gesunde Getränk immer wieder.

 
 
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