Gleich hinter dem Rathaus in Lülsfeld hat der Bauhof der Gemeinde sein Domizil. Freitagnachmittag ist dort niemand mehr zugange. Als Bürgermeister Thomas Heinrichs das Tor aufsperrt, fällt der Blick auf Räume, an denen jeder Werkstattmeister seine helle Freude hätte: Alles picobello sauber, alle Geräte und Werkzeug ruhen an ihrem Platz. Ein noch nicht lange eingezogenes Podest schafft zusätzliche Lagerfläche und an der Wand gleich neben dem Eingang hängt eine Tafel, auf der die Einsätze der beiden Bauhofmitarbeitenden geplant werden.
Der Eindruck täuscht nicht: Hier hat jemand aufgeräumt, und das nicht nur im wörtlichen Sinn. In Sachen Arbeits- und Gesundheitsschutz bestand "dringender Handlungsbedarf", sagt Heinrichs. So wurde der Bauhof zu einer seiner ersten Baustellen, die er nach seinem Start als frisch gewählter Bürgermeister am 1. Mai 2020 angegangen ist.
Keine eigene Verwaltung
Vielleicht wird am Beispiel Bauhof auch Heinrichs beruflicher Hintergrund am deutlichsten. Als Projektleiter am Gerolzhöfer Sitz des Unternehmens Hiestand ist er das Denken und Handeln in industriellen Dimensionen gewohnt. Organisieren, Gestalten, Umsetzen – das sind Kategorien, die dem 46-Jährigen leicht fallen.
Insoweit war es für den Lülsfelder als ehrenamtlicher Bürgermeister eine neue Erfahrung, als er merkte, dass in der öffentlichen Verwaltung vieles erst einmal langsamer geht als in der freien Wirtschaft. Zumal er als Chef der kleinsten Gemeinde im Landkreis auch keine eigenen Verwaltungsmitarbeitenden hat, sondern der Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen angehört.
Für Heinrichs bedeutet dies: "Manchmal bin ich als Bürgermeister ein besserer Sachbearbeiter." Er sagt das ohne Groll. Doch es zeigt auch, dass er sich in den beiden Ortsteilen Lülsfeld und Schallfeld um vieles selbst kümmern muss. Neu ist das für ihn nicht, schließlich saß er vor seiner Wahl bereits 18 Jahre im Gemeinderat und hat dort vieles mitbekommen, was ihm jetzt seinen Job als Bürgermeister erleichtert.
Bürgermeister-Job plus Hauptberuf
Beachtenswert: Heinrichs übt seinen Hauptberuf als Projektleiter weiter voll aus. In sein Nebenamt als Bürgermeister investiert er eigenen Angaben nach jeden Tag zwei Stunden, dann, wenn er eigentlich Feierabend hätte, sowie den kompletten Samstag. So kommt er auf 20 bis 25 Wochenstunden, die er für Bürgermeister-Aufgaben aufbringt. Die Sonntage konnte er sich bislang komplett für seine Familie freihalten, sagt der zweifache Vater und Ehemann.
Es geht weiter zum Lilienfeld, das vergangenen Sommer am Ortsrand Richtung Frankenwinheim entstand. Heinrichs bezeichnet es als Teil der "grünen Lunge" in Lülsfeld, die den Altort mit dem geplanten Neubaugebiet verbindet. An dieser Stelle lässt sich ganz gut der Fünf-Punkte-Plan veranschaulichen, den der Bürgermeister verfolgt.
Mehrere Bauvorhaben in den Altorten
Das Lilienfeld ist bereits ein sichtbar gewordener Teil der Dorfgestaltung (Punkt 1), die Heinrichs anstrebt. "Unsere beiden Ortsteile sollen ansehnlicher werden", fasst er das Ziel zusammen, beispielsweise durch mehr Blühflächen. Doch er möchte, dass Lülsfeld und Schallfeld nicht nur hübsch anzuschauen sind, sondern sich die Ortschaften auch im Innern entwickeln (Punkt 2), sprich nicht aussterben.
So freut es ihn, dass während seiner Amtszeit bereits mehrere Bauvorhaben in den Altorten – auch dank des Förderpakets zur Innenentwicklung, das "hervorragend angenommen" werde – angelaufen sind.
Trotz allem ist Thomas Heinrichs klar: ohne Baugebiete (Punkt 3) geht es nicht, schon allein, "weil die Nachfrage da ist". Es müsse jedoch abgewogen und berücksichtigt werden, dass Baugebiete immer auch Flächenfraß bedeuten. Und es sei ja eigentlich sein Ziel, mehr für die Innenentwicklung zu tun – "dies geht aber nur mit den Bürgern und Grundbesitzern von Leerständen".
Digitalisierung soll den Menschen nutzen
Hinter der forcierten Digitalisierung (Punkt 4) steckt für Heinrichs nicht nur das Verlegen von Glasfaserkabeln und die Anbindung des Rathauses. Auch die Verwaltung soll digitaler werden, im Verbund mit der Stadt Gerolzhofen und zum Nutzen für die Einwohnerinnen und Einwohner. Die Gemeinderatsmitglieder profitieren bereits von der Einführung des Ratsinformationssystems, das sie umfassend mit Unterlagen versorgt.
Eine Aufgabe, die über seine Zeit als Bürgermeister hinausreichen dürfte, ist es, den Wald für das erwartete Klima der Zukunft fit zu machen (Punkt 5). Die Aufforstung vergangenen Herbst kann da wie eine erfolgte Zertifizierung, nur ein Schritt sein, dem noch viele folgen müssen.