
Es klingt wie ein vegetarisches Gedicht: Feine Zucchini-Paprikaröllchen mit Grünkernwürfeln auf Polentataler, dazu gegrillter Fenchel-Lauchsalat mit Schafskäse, Pinienkernen und pikanter Tomatensoße. Geschrieben haben es die „Los Grillos“ aus Sennfeld – und sind damit Weltmeister bei der BBQ Championship in Limerick (Irland) in der Kategorie „vegetarisch“ geworden. Die Profigriller haben sich gegen insgesamt 91 Teams aus der Welt durchgesetzt. In der Gesamtwertung gehören die Sennfelder jetzt zu den zehn besten Grillteams der Welt.
Profigrillen: Eine Wissenschaft für sich
„Das Profigrillen ist eine Wissenschaft für sich“ – über ein Stück Fleisch kann Thomas Kritzner, zweiter Vorsitzender der „Los Grillos“, stundenlang reden: Wie man es richtig zerlegt und zubereitet, welches Gericht man woraus macht und welche Beilagen sich dazu am besten eignen. Ein echter Profi grillt, wie er sagt, nach Gefühl. Jedes Deckellupfen verlängere die Grillzeit um weitere zehn bis 15 Minuten – wertvolle Zeit bei einer Weltmeisterschaft. Gleichmäßigkeit und Kontrolle seien die entscheidenden Stichworte. Es gehe darum, auf Punkt zu grillen – schließlich könne man nichts „in die Mikro hauen“, ehe es bei der Jury landet.
Der richtige Garpunkt ist die Königsdisziplin bei der BBQ Championship. Anders als bei den Deutschen Meisterschaften geht es beim internationalen Wettbewerb nicht um die Präsentation des Gerichtes und die Kreativität bei der Zubereitung, sondern um die richtige Qualität des Fleisches. „Ohne Chichi und Tamtam“, wie Kritzner betont.
Im Fokus stehe das Fleisch: Eine Sparerib-Hälfte muss so zart sein, dass sie sich ohne Mühe vom Knochen lösen lässt, gleichzeitig darf das Fleisch aber nicht von alleine herabfallen. Die Scheibe einer Rinderbrust muss sechs Zentimeter dick sein – ist sie zu dünn, reißt sie zu schnell; ist sie zu dick, verliert sie an Biss. Damit eine Rinderbrust perfekt wird, müsse sie über 16 Stunden gegart werden – dafür legen die „Los Grillos“ durchaus auch mal eine Nachtschicht ein. „Da haben wir uns schon ein paar Nächte um die Ohren geschlagen“, sagt Dirk Poerschke, erster Vorsitzender des Teams.
Sogar der Salat muss auf den Grill
Wie läuft so eine Grill-Weltmeisterschaft ab? Bereits viele Wochen vor der Meisterschaft geben die Veranstalter den Warenkorb mit all den Zutaten bekannt, die den Wettbewerber zur Verfügung stehen, um ein vollwertiges Essen zuzubereiten; damit soll sichergestellt werden, dass alle Teams unter gleichen Voraussetzungen gegeneinander antreten. Wer andere Zutaten verwendet, selbst zur Dekoration des Gerichts, wird disqualifiziert. „Es ist alles sehr strikt geregelt, und das ist gut so“, sagt Kassenwart Alexander Rücker. Einzige Ausnahme: die Gewürze. Für die Meisterschaft haben die „Los Grillos“ ihre eigene Gewürzmischung kreiert. Woraus die besteht, wird nicht verraten.
Grundsätzlich gilt: Alles was später auf dem Teller landet, muss vorher einmal auf dem Grill gewesen sein. Das gilt für das Steak genauso wie für den Salat oder das Dessert. „Selbst wenn es nur kurz in Aluschale warm gemacht wurde“, erklärt der Grillprofi. In kleinen Boxen wird das Essen dann anonym an die zertifizierten Juroren zur Verkostung weitergegeben. Dabei haben die Grillmeister einen strengen Zeitplan einzuhalten: Zu jeder vollen Stunde muss ein Gericht bei der Jury auf dem Tisch stehen; Essen, das mehr als fünf Minuten zu spät kommt, wird nicht mehr bewertet.
Um auf Nummer sicher zu gehen, sind die „Los Grillos“ bereits vor dem Wettbewerb die Wege abgelaufen und haben die Zeit gestoppt, um die kürzeste Strecke zu finden. Jeder im Team müsse sich auf den anderen verlassen können. Während einer die Box vorbereitet, bewacht ein anderer den Grill. „Die Verantwortung lastet auf vielen Schultern“, so Rücker.
Der Kampf gegen das Wetter
Damit die zeitliche Koordinierung und die Logistik passen, trainierte das Team an nahezu jedem Wochenende – einige „Los Grillos“ sogar an bis zu 200 Tagen im Jahr. Gegrillt wurde bei jedem Wetter, auch bei starkem Wind, Regen oder Schnee – denn das Wetter in Irland wechselt ständig und damit auch die Temperatur und Luftfeuchtigkeit: Aber man kann noch so viel üben: Wenn es regnet, geht die Grill-Temperatur schnell herunter, und die Grillzeit damit nach oben.
Am Wettkampftag ist genau geregelt, wann was bei den Juroren aufgetischt werden muss : Um zwölf Uhr muss die Lachsforelle fertig sein, darauf folgen im Stundentakt das vegetarische Gericht, die Spareribs und zum Schluss ein Essen im „Homestyle Country Style“, also landestypische Kost – dafür haben die Sennfelder eine fränkische Bratwurst und Mini-Schäufele mit Wurzelgemüse, Kartoffel-Talern und Sauerkraut kreiert.
Über die Speisen hat sich das Grill-Team bereits Monate vorher Gedanken gemacht; inspiriert von Fachzeitschriften und Büchern haben die „Los Grillos“ immer wieder verschiedene Kombinationen ausgetestet. Die oberste Maxime: „Wenn wir damit zufrieden sind, ist das okay.“ Beim Probegrillen wurden jedes Mal Freunde und Familie eingeladen – als Kritiker. Dabei sei die konstruktive Meinung der Tester gefragt: „Sie müssen meckern dürfen“, so Dirk Poerschke.
Das Team habe während der Vorbereitungen viel mehr Fleisch gegessen als sonst; auch das Vegetarische habe man „im Exzess“ probiert. Ob die Grillprofis nicht irgendwann genug davon haben? „Definitiv! Man ist manchmal froh, wenn es einfach nur Rührei gibt“, sagt Poerschke. Hinzu komme: Viele ihrer Freunde würden sich oft nicht mehr trauen, die „Los Grillos“ zum Grillen einzuladen – wegen der „hohen Ansprüche“. Dabei würden sich die Grillprofis gerade über ein simples Steak oder eine klassische Bratwurst freuen. „Das Beste am Grillen ist, wenn man es nicht selber machen muss“.
Grill-EM steht vor der Tür
Das zehntbeste Grillteam der Welt zu sein, macht die „Los Grillos“ schon ein wenig stolz. Aus Irland seien sie mit neuem Selbstbewusstsein nach Hause gekehrt. Bereits im nächsten Jahr findet die Europameisterschaft im Grillen statt. Noch ist nicht geklärt, ob sie sich mit ihrem zehnten Platz in der Weltrangliste qualifiziert haben – aber sie sind optimistisch: Sobald Anfang des Jahres die neuen Warenkörbe der Meisterschaft stehen, geht es wieder los mit Training. Nach der Saison sage man sich zwar immer eine Pause machen zu wollen, „aber wenn man dann in den Kühlschrank schaut, denkt man sich schon wieder: So ein Roastbeef am Wochenende wäre schon etwas Schönes“.