Eine kuriose Szene spielte sich am Dienstag gegen 18.30 Uhr auf der Bundesstraße 286 zwischen Neuses am Sand und Gerolzhofen an der dort auf Höhe von Brünnau fest installierten auffälligen blauen, rund vier Meter hohen Mautkontrollsäule ab.

Auf freier Strecke war dort ein Lkw-Fahrer mit seinem Sattelauflieger neben der Leitplanke am Straßenrand stehen geblieben, so dass nachfolgende Fahrzeuge anhalten mussten. Innerhalb kurzer Zeit hatte sich zudem auf der Gegenfahrbahn ein kleiner Stau mit mehreren Autos gebildet, weil man annehmen musste, dass der Lkw eine Panne oder möglicherweise der Fahrer ein gesundheitliches Problem hatte.

Mit voller Wucht zugeschlagen

Doch nichts dergleichen war der Fall. Der Lkw-Fahrer stieg aus, lief um sein Führerhaus herum und steuerte unvermittelt auf das Mauterfassungsgerät zu. Ehe sich das Ehepaar in dem dahinter stehenden Auto versah, holte der Mann richtig aus und drosch mit einem schweren Fäustel drei, vier Mal mit voller Wucht gezielt auf das in Kopfhöhe befindliche unterste der in Fahrtrichtung seitlich angeordneten kleinen Kamerafenster ein. Die massiven Schläge sorgten dafür, dass das Glas zersprang und teilweise leicht zersplitterte, die Scheibe in der Säule für die Abrechnung der Lkw-Maut selbst aber der stumpfen Gewalteinwirkung in dem Sinne standhielt, dass sie nicht komplett eingeschlagen werden konnte.

Mit einem frechen Grinsen im Gesicht soll der Brummi-Kapitän dann wieder zum Lkw zurückgelaufen und eingestiegen sein, um in aller Ruhe seine Fahrt in Richtung Gerolzhofen fortzusetzen, berichten Zeugen des Geschehens.

Zeugen notierten sich Kennzeichen

In der Zwischenzeit war jedoch genug Zeit für diejenigen, die das groteske Schauspiel beobachtet hatten, die Kennzeichen abzulesen und zu notieren. Wie die Polizeiinspektion in Kitzingen gegenüber dieser Redaktion bestätigte, sind sowohl die Zugmaschine als auch der Auflieger im Landkreis Haßberge zugelassen. Der Halter ist also bekannt. Allerdings müsse noch ermittelt werden, wer genau zur besagten Zeit am Steuer des Lastwagens saß, so ein Sprecher der Kitzinger Polizei.

Der blaue Pfahl mit den grüßen Querstreifen am Straßenrand ist eine von bundesweit 600 Kontrollsäulen, mit denen die Toll Collect GmbH überprüft, ob vorbeifahrende Fahrzeuge mit einem Gewicht von über 7,5 Tonnen mautpflichtig sind und, wenn ja, ob die Maut für den befahrenen Abschnitt korrekt ordnungsgemäß entrichtet worden ist.

Das Unternehmen mit Sitz in Berlin ist vom Bund beauftragt, in enger Abstimmung mit dem Bundesamt für Güterverkehr das System zur Einnahme der Lkw-Maut aufzubauen, zu betreiben und die fälligen Gebühren abzurechnen. Die Behörde gibt dazu die Streckenabschnitte vor, an denen die Geräte wie an der B286 bei Brünnau installiert werden sollen.

Schadenshöhe noch unklar

Nach einer entsprechenden Gesetzesänderung ist ab dem 1. Juli 2018 die Maut auf allen Bundesstraßen mit einer Gesamtlänge von rund 40 000 Kilometern fällig, und nicht mehr nur für Autobahnen und einige vierspurig ausgebaute Bundesstraßen. Der 1. Juli ist somit auch der Stichtag, an dem die blauen Säulen scharf geschaltet werden. Das wollte der Lkw-Fahrer am Dienstag wohl unbedingt mit seiner Hammer-Aktion im wahrsten Sinne des Wortes verhindern.

Der Schaden an der Säule wird von der Polizei in Kitzingen laut ihrer Pressemitteilung auf 2000 Euro geschätzt. Die Frage ist allerdings, ob die Säule überhaupt repariert werden kann und nicht gänzlich ersetzt werden muss. Dann dürften 2000 Euro in Anbetracht der Technik, die in der von Jenaoptik entwickelten Säule steckt, mit Sicherheit nicht ausreichen. Schließlich liegt der Auftragswert für die Entwicklung und Lieferung der 600 Mautkontrollanlagen im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich.