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HANDTHAL
Liebe geht durch den Magen
Matthias Endriß
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:30 Uhr

Es ist ein Idyll, dieses Handthal (Lkr. Schweinfurt). Zu Füßen seiner Weinberge schmiegt es sich in das Ende eines Talkessels, der an der einen Seite vom Stollberg begrenzt wird. Dort droben, wo heute noch die bizarren Reste der Stollburg zu sehen sind, soll einst der Minnesänger Walther von der Vogelweide geboren worden sein.

Seit jeher zieht das Örtchen Ausflügler, Wanderer und Genießer an. Dazu dürfte neben der umwerfend schönen Steigerwaldlandschaft auch die hohe Dichte an Wirtshäusern beitragen. Eines davon ist der Forellenhof, und auf dem dazugehörigen Weingut ist Barbara Baumann zuhause.

Sie ist der Grund dafür, dass das kleine Handthal zur Zeit noch ein bisschen mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. Denn die Frau mit den kurzen blonden Haaren flimmert derzeit in der neunten Staffel der „Landfrauenküche“ immer montags über die Fernsehbildschirme. Am kommenden Montag, 6. November, geht die Folge auf Sendung, in der Barbara Baumann als Gastgeberin ihre sechs Kolleginnen bewirtet.

Nach den ersten Aufnahmen entscheidet der Sender, ob ein Betrieb passt.

Zur „Landfrauenküche“ kam Barbara Baumann quasi wie die Jungfrau zum Kind. Nicht, dass sie sich für das Format beworben hätte. Nein, sie wurde für den Köchinnenwettstreit empfohlen. Irgendwann im vergangenen März klingelte bei den Baumanns im Forellenhof das Telefon. Barbara war nicht zu Hause, sondern gönnte sich mit Freundinnen ein paar Tage Wellness, eine Auszeit. Dabei bekam sie plötzlich einen Anruf von ihrem Ehemann Manfred: „Das Fernsehen hat angerufen. Du sollst bei der 'Landfrauenküche' mitmachen.“ Da wurde Wellness plötzlich nebensächlich. „Ich hab' das ganze Wochenende nichts anderes mehr denken können“, erinnert sich Barbara Baumann.

Dann ging es Schlag auf Schlag. Wenig später schaute Regisseurin Kathrin Meyer auf dem Forellenhof vorbei, machte erste Aufnahmen. „Da wird dann geschaut, dass die Frauen und die Betriebe zusammenpassen“, erzählt Baumann. Ob die Chemie stimmt, entscheiden die Menschenkenntnis und das Fingerspitzengefühl der Fernsehleute. Denn die Konkurrentinnen lernen sich erst am ersten Drehtag persönlich kennen.

Diese große Stunde schlug für Barbara Baumann am 30. Mai. Zunächst ging es zu Edeltraud Zehetmeier, der niederbayerischen Kandidatin. „Man trifft sich zum Abendessen, dann steht ein ganzer Drehtag an, bis in die Nacht hinein. Und am nächsten Tag geht es wieder heim“, schildert die unterfränkische Kandidatin. So konnte sie schon einmal in den Ablauf hineinschnuppern.

Alles ist anders, wenn die Kamera läuft.

Eine Woche später, an Pfingsten, fiel das Produktionsteam im beschaulichen Handthal ein. Zuerst wurde das „Außenrum“ gedreht. Das Filmteam fing die Schönheit der Region ein, stellte den Weinbaubetrieb der Baumanns vor, drehte Einblicke ins Familienleben. Doch letztlich geht es ja ums Kochen.

Wenn der Bus mit den anderen Teilnehmerinnen eintrifft, geht es ans Eingemachte. Für die jeweilige Köchin ebenso wie für die Fernsehleute. Ein dreiköpfiges Team – Kamera, Ton, Regie – begleitete Barbara Baumanns Gäste bei ihrem Ausflug in die Weinberge, während ein zweites Team ihr in der Küche über die Schulter schaute. „Da ist man schon aufgeregt“, gibt die Handthalerin zu. Dass sie ihre Freundin Barbara Römer in dieser heißen Phase als Assistentin an ihrer Seite wusste, war hilfreich.

Denn natürlich kann man nicht einfach drauf los kochen, wie man es normalerweise machen würde. Alles ist anders, wenn die Kamera auf einen gerichtet ist, wenn die optimalen Bilder fast wichtiger sind als das Essen. Manch ein Take muss wiederholt werden. „Noch einmal salzen, bitte!“ Nun ist Improvisation gefragt. Etwa, indem man die neuerliche Brise Salz – die zwar die Kamera braucht, ganz sicher aber nicht mehr der Hauptgang – mit der Hand auffängt, bevor sie das gute Essen ins geschmackliche Nirwana befördern kann.

Wein bestimmte Barbara Baumanns Leben von klein auf.

Dass die anderen Landfrauen bei Barbara Baumann mit Wein in Berührung kommen würden, erklärt sich fast von selbst. Denn der edle Saft der Reben zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben der 51-Jährigen. Aufgewachsen ist sie in Stammheim, einem Winzerdorf an der Mainschleife. Auch ihre Eltern hatten einen Weinberg. Sie und ihre sechs Geschwister mussten da naturgemäß mit hinaus. „Ich war nicht immer begeistert“, gibt sie unumwunden zu: „Aber man hat viel dabei gelernt.“Als sie 17 ist, wird Barbara Baumann außerdem Weinprinzessin ihres Heimatortes.

Beruflich orientiert sich Barbara Baumann jedoch anders. Zunächst. Sie wird Erzieherin, arbeitet im Antonia-Werr-Zentrum in Sankt Ludwig. „Ich habe meinen Beruf geliebt“, sagt sie. Dann spielt der Wein wieder Schicksal. Auf dem Weinfest in Gerolzhofen lernt sie ihren Mann Manfred kennen – einen Winzer. Sie hilft selbstverständlich im Betrieb mit.

Zuerst aber arbeitet sie auch noch halbtags in ihrem lieb gewordenen Beruf, bis sie erkennt: „So ein Betrieb braucht einen komplett. Oder gar nicht.“ Sie entscheidet sich für komplett. Und geht sogar noch einen Schritt weiter. Mit 37 Jahren absolviert Barbara Baumann 2003 noch eine Winzerlehre: „Das war mir wichtig, um den Background zu haben.“

Während sich Manfred Baumann um Weinberg und Keller kümmert, hat seine Frau mittlerweile die Vermarktung übernommen: „Es macht mir Spaß, Leute da zu haben.“ Um diesen noch mehr bieten zu können, absolvierte sie die Ausbildung zu Gästeführerin Weinerlebnis Franken. Wichtig ist ihr bis heute der Austausch mit den anderen Weinerlebnis-Gästeführern im Verein: „Das ist ein positiver Klüngel.“

„Es muss nicht immer alles 150-prozentig sein.“

Und weil sie noch mehr wissen wollte, setzte sie die Ausbildung zur Weindozentin noch oben drauf. Das klingt nach einer Perfektionistin. Barbara Baumann wiegt den Kopf: „Es muss nicht alles 150-prozentig sein. Aber ich brauche das Gefühl, dass ich weiß, wovon ich spreche.“ Beim Wein weiß sie das definitiv, beim Kochen auch.

Denn gutem Essen ist sie ebenfalls seit jeher verbunden: „Wir waren ja sieben Kinder zuhause. Da gab es immer was Gescheites zu Essen.“ Später habe sie auch von ihrer Schwiegermutter viel gelernt. Maria Baumann war schließlich die Wirtin vom Forellenhof, und Barbaras Manfred „als Wirtschaftskind verwöhnt“.

Liebe geht auch durch den Magen – kein Wunder also, dass das Essen bis auf den heutigen Tag eine große Rolle in der Familie spielt. „Kochen hat bei uns was mit Gemeinschaft zu tun“, sagt Barbara Baumann. Auch ihr Mann steht gerne mal am Herd. Über ihren 23-jährigen Sohn Felix, der später einmal das Weingut übernehmen wird, sagt Barbara Baumann: „Der kann schon richtig gut kochen.“ Und auch die 17-jährige Tochter Franziska entdeckt allmählich ihre Liebe zu Töpfen und Pfannen.

Keine Haute cuisine, sondern normale Gerichte.

Wie könnte es in einem Weinbaubetrieb anders sein, spielt der Wein bei Barbara Baumann auch bei der Zubereitung der Speisen eine wichtige Rolle. „In ein gutes Essen gehört Wein, egal in welcher Form“, ist ihr Credo. Zudem ist ihr wichtig, dass möglichst viele Zutaten aus dem eigenen Betrieb oder dessen Umgebung kommen. Das spiegelte sich in der Zusammenstellung ihres Landfrauenmenüs wieder.

Zwei davon musste sie austüfteln und bei der Redaktion einreichen. Die entschied sich für Meerrettichschaumsuppe mit süßem Topping, Roulade von der Lachsforelle mit karamellisiertem Grünspargel und Cocktailtomaten sowie Minzparfait auf Himbeerspiegel mit Schokolade. „Ich habe eigentlich das gekocht, was ich selbst gerne esse“, bekennt Barbara Baumann. So lautet auch die Vorgabe vom Fernsehen: Keine Haute cuisine. Kochen, wie man sonst auch kocht. „Aber klar lässt man sich noch was Besonderes einfallen“, lacht Barbara Baumann.

Genau da allerdings blitzt die Perfektionistin doch wieder durch. Das süße Topping für das Meerrettichsüppchen sollte aus karamellisierten Äpfeln bestehen, die als Blätter an einem geschälten Buchenast befestigt sind. Da die bereits im Vorfeld organisierten Requisiten ihre beste Zeit hinter sich hatten, als es ernst wurde, „bin ich kurz vor dem Essen noch mal in den Wald gestiefelt und habe frische Ästchen geholt.“ Und für das Minzparfait haben sie und ihre Freundin Barbara Römer den süßen Weinstein erfunden: „Goldene Tröpfchen aus bei hoher Hitze karamellisiertem Puderzucker – da sind wir schon etwas stolz drauf.“

Die Winzerin ist eine Art Mutter der Kandidatinnen.

Wie das ganze Menü bei ihren Mitstreiterinnen angekommen ist, darf sie noch nicht verraten. Wohl aber, dass zwischen den Landfrauen-Konkurrentinnen Freundschaften entstanden sind. „Die Drehtage sind so intensiv und anstrengend, da lernt man sich schon gut kennen.“ Mittlerweile, so verrät Barbara Baumann, seien alle per WhatsApp vernetzt und im Januar wollen die sieben Frauen ein Wochenende zusammen verbringen. „Wir wollen nicht, dass das einfach so einschläft.“

Die Winzerin aus Handthal ist dabei fast ein wenig so etwas wie die Mutter der Kompanie. Denn einige ihrer Konkurrentinnen sind gerade mal um die 30 Jahre alt. Das nötigt Barbara Baumann großen Respekt ab: „Ich weiß nicht, ob ich mir das in dem Alter zugetraut hätte.“

„Landfrauenküche“: Bayerisches Fernsehen, Montag, 6. November, 20.15 Uhr

„In ein gutes Essen gehört Wein, egal in welcher Form.“
Das Credo der 51-jährigen Winzerin
Der Landfrauenküche-Bus mit den Kandidatinnen (v. l.) Heidi Kaiser, Cathi Lichtmannegger, Birgit Vogl, Katharina Mayer, Theresa Frantz, Edeltraud Zehetmeier und Barbara Baumann
Foto: ANDREAS MALUCHE | Der Landfrauenküche-Bus mit den Kandidatinnen (v. l.) Heidi Kaiser, Cathi Lichtmannegger, Birgit Vogl, Katharina Mayer, Theresa Frantz, Edeltraud Zehetmeier und Barbara Baumann
Das Auge isst mit: Barbara Baumann (rechts) richtet, unterstützt von ihrer Freundin Barbara Römer, den Nachtisch an.
Foto: Andreas Maluche, megaherz/BR | Das Auge isst mit: Barbara Baumann (rechts) richtet, unterstützt von ihrer Freundin Barbara Römer, den Nachtisch an.
 
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