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SCHWEINFURT
Licht des Lands, Dunkel der Stadt
Wilhelm Trübner: Die große Wachtparade, 1881.
| Wilhelm Trübner: Die große Wachtparade, 1881.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 27.03.2014 16:39 Uhr

Eine eigene Ausstellung war nicht vorgesehen, nun ist es eine, wenn auch kleine, Betrachtung über das Thema Arbeit und Alltag geworden: Die Spitzwegs haben ihren Saal im zweiten Obergeschoss des Museums Georg Schäfer für die Sonderausstellung ab 13. April bereits verlassen, ihr angestammtes Domizil ist nun nicht mehr tiefrot, sondern eher lindgrün. Museumsleiterin Sigrid Bertuleit hat es unter dem Titel „Fron Freude, Feierabend“ mit Genremalerei und Porträts aus der Sammlung neu bestückt.

Sie stellt ein Zitat von Friedrich Engels voran, das wunderbar auf die Gegenwart passen würde. Und auf unzählige Krisen seit Erfindung des Kapitalismus. Engels arbeitet auf der Basis der Crashs von Paris 1867 und Berlin 1873 einen verhängnisvoll zeitlosen Mechanismus heraus. Ein Auszug: „Die schrankenlose Spekulation endete in einem allgemeinen Krach.“

Die kleine Schau (bis 30. November) ist freilich keine Anklage sozialer Missstände aus der Frühzeit der Industriegesellschaft. Darstellungen der Arbeitswelt sind in der Kunst des 19. Jahrhunderts – außerhalb Englands – ohnehin selten, so gut wie keine finden sich in der Sammlung des Industriellen Georg Schäfer. Immerhin: Paul Meyerheims „In der Werkhalle beim Lokomotivenbau“ von 1872/73 zeigt die rohe Arbeit am glühenden Stahl bei der Berliner Firma Borsig. Durch die Oberlichter der Fabrikhalle fällt fahles Licht, während unten in aufgewühlter Schwärze Männer mit nackten Oberkörpern rackern.

Gegenpol ist Hugo Mühligs „Brotzeit auf dem Getreideacker“ – eine durchaus realistische Darstellung, die im Vergleich beinahe idyllisch wirkt. Sigrid Bertuleit hat bei der Hängung viel probiert und viel verworfen. Bis sich eine Art These und Antithese ergeben hat: Darstellungen aus dem städtischen Umfeld sind auffällig dunkel, ob sie nun die Arbeit selbst oder den Rückzug ins Private darstellen wie etwa Max Slevogts „Zeitungsleser“ von 1890 oder die stickenden und lesenden Damen auf Franz Skarbinas „Les petits secrets“.

Heller geht es auf dem Land zu, etwa auf Joseph Wopfners „Am Strande“ von 1906, einer niederländisch geprägten Nordseestudie voller Weite, Luft und Licht. Oder auf Eduard Schleich des Jüngeren „Bei der Kartoffelernte“, wo zumindest noch eine Ahnung von der Verbindung zwischen Mensch und Natur zu spüren ist. Dass das Leben außerhalb der städtischen Moloche auch ziemlich trostlos sein konnte, zeigt Alfred Wierusz-Kowalskis schmutziggraue „Polnische Dorfstraße mit Fuhrwerk“, auf der nur die Spatzen fröhlich scheinen.

Hans Herrmanns „Fischmarkt in Amsterdam“, frisch befreit von vergilbtem Firnis, zeigt Händler, Marktfrauen, Dienstboten, Arbeiter und Fischer, die ganz in ihren Geschäften aufgehen. Otto Scholderers „Mädchen mit einer Schüssel Kirschen“ ist zweifellos auch eine Bedienstete – aber eine mit der Würde einer Königin.

Otto Scholderer: Mädchen mit einer Schüssel Kirschen, 1882.
| Otto Scholderer: Mädchen mit einer Schüssel Kirschen, 1882.
 
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