Das mit der "Heiligen Familie" war im Dezember. Der Techniker, der da am verzinkten Metallbogen des Folientunnels flext, war vor kurzem erst bei der Foto-Aktion des Tagblatts dabei, für die Paare mit Namen "Maria und Josef" in der Stadt versammelt worden sind. Nun wird eine Herberge für Salat, Tomaten und Radieschen gesucht, am Ortsrand von Bergrheinfeld, unweit des Keilgartenwegs in Richtung Main. "Meinen Nachnamen braucht's nicht in der Zeitung", sagt Josef bescheiden. Der Idealist arbeitet für den jungen "Verein Solidarische Landwirtschaft Schweinfurt und Umgebung (SoLaWi)", der bereits 70 Mitglieder zählt. Es geht um gesundes Bio-Gemüse aus eigenem Anbau, an dem man als "Aktionär" guten Gewissens Anteile erwerben kann: 35 solcher "Ernteteile" gibt es bereits.
Eine Woche lang wird schon an den beiden Gewächshäusern gearbeitet, im Schlamm des verregneten Januar. "Es ist eine Schweinearbeit", sagt Erich Morgenstern, der Vereinsvorsitzende, der überrascht ist, wieviel helfende Hände dabei sind: Insgesamt 16 Unterstützer werden erwartet, um Beete anzulegen, Kompost zu schaufeln und die Wintergärten hochzuziehen, die von einem 75 Jahre alten Gartenbauer aus Etwashausen stammen. Schon der Abbau der günstig erworbenen Einzelteile, inklusive der Betonplatten für die Gehwege, war eine schweißtreibende Sache. In ein paar Wochen kommt die Folie dazu, im Februar soll Salat angesät werden, von einem Bio-Saatguthändler aus Bingenheim. "Sortenecht", sagt Til Brather, einer der Gärtner des Verein: Das heißt, auch künftig können die Samen der Pfanzen als identisches Saatgut verwendet werden. Die hessische Gemüsezüchter-AG bietet Feldsalate mit richtungsweisenden Namen wie "Elan" oder "Vit" an.
Von der Oma bis zur Psychologin – die Truppe ist bunt gemischt
Mit Elan sind auch die Helfer und Ernteteiler bei der Sache, die querbeet aus den verschiedensten Ortschaften und Berufen stammen. Eine Großmutter und Krankenschwester aus Oberndorf will ihren Enkel frisches Gemüse bieten. Die Euerbacherin Psychologin stammt aus Hamburg und weiß als Großstädterin den halben Hektar Gartenidyll nahe des Maindeichs zu schätzen. "Es ist Erholung nach der Büroarbeit", sagt Nadja Litschko. Die Hobby-Gärtnerin arbeitet in der selben Computerfirma wie Joachim Rees, der mit Ehefrau Sabrina einen Bauernhof in Geldersheim bewohnt. Es wird geschaufelt, Schubkarren gefahren und geschraubt: Ein Bild voll Enthusiasmus, bei dem man den spätrömischen Kaiser versteht, der sich nach der Abdankung zum stressfreien Ackern aufs Land zurückgezogen hat. "Kommt zu mir und schaut, wie schön mein Garten grünt", soll die Antwort auf die Bitte gewesen sein, sich wieder um die große Politik zu kümmern.
"Allerbeste Gartenerde", freut sich Til Brather über den lehmigen Boden, vermisst wird lediglich der Frost. Auch die Verdichtung des Bodens durch das Betreten sei nicht optimal, er wird nochmal aufgelockert werden müssen. Zwischendurch gibt es Verpflegung in der Scheune eines Landwirts, ein Schuppen für die Geräte wird im Ort noch gesucht. Ebenso ist die Beteiligung beim "KrautFunding" (Crowdfunding) ausbaufähig, mit der Anbauprojekte finanziert werden. Dafür winken zahlreiche "Dankeschöns" vom Verein, Gemüse-Saatgut oder eine Überraschungs-Stadtführung (www.startnext.com/solawi-schweinfurt-und-umgebung).