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Oberlauringen
Leserforum: Keine Fremdbestimmung über unser Denkmal
Bearbeitet von Jochen Jörg
 |  aktualisiert: 30.04.2021 02:14 Uhr

Zum Artikel "Kriegerdenkmal stört Umfeld des Poetikums" vom 23. März erreichte die Redaktion folgende Leserzuschrift:

Als ehemaliger Oberlauringer, der fast sein halbes Leben dort zugebracht hat, bin ich mit dem Ort und der Kultur sehr verbunden.

Mein Elternhaus, inzwischen vermietet und 2013 komplett renoviert, ist mit vier Rückert-Zitaten geschmückt. Dies zeigt meine besondere Bindung zur Geschichte und Kultur in Oberlauringen. Nun habe ich erfahren, dass unser historisches Krieger-Denkmal einer erweiterten Rückert-Kulturstätte weichen und in den örtlichen Sterbefriedhof versetzt werden soll.

Gegen dieses Vorhaben und die Einstellung der Historikerin, welche diesen Vorschlag zu verantworten hat, Frau Dagmar Stonus, positioniere ich mich ganz entschieden und schließe mich den Äußerungen und Argumenten der bisherigen Leserbriefschreiber an.

Folgende nicht von der Hand zu weisende Argumente und Gedanken für den Verbleib des Denkmals am bisherigen Standort trage ich noch zusätzlich vor:

1. Frau Stonus kann unsere örtlichen zeitgeschichtlichen Zusammenhänge als Außenstehende nicht beurteilen.

2. Haben wir nicht schon zahlreiche Erinnerungsstätten an Friedrich Rückert in Form von Zitaten an den Häusern, sinnreichen Stelen im Rückertgarten usw.? Jedenfalls herrscht aus meiner Sicht diesbezüglich kein solch großer Mangel an Erinnerungsstätten, der eine Versetzung des Krieger-Denkmals rechtfertigen würde. Soll nun also wirklich auch noch das Mahnmal für die Kriegsopfer dem „übergroßen Dichter und Denker Rückert“ zu Ehren fallen? Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Rückert selbst dies nicht gewollt hätte. Einen solchen Anspruch hätte er selbst nicht gehabt und diese „Kult- und Huldigungs-Idee“ als Erster verworfen!

3. Als ehemaliger Oberlauringer bin ich von diesem Vorschlag persönlich betroffen. Auf dem Denkmal ist nunmehr seit über 100 Jahren nachzulesen, dass mein Onkel Ludwig Schäfer mit 21 Jahren im 1. Weltkrieg gefallen und vermisst ist. Als Betroffener habe ich deshalb – vielleicht keinen rechtlichen –  sicherlich aber einen moralischen Anspruch auf den Status quo dieser Gedenkstätte.

4. Der einseitigen und – wie ich meine – verzerrten Darstellung von Frau Stonus muss ich entschieden widersprechen. Wenn auch aus heutiger Sicht Kriegshandlungen durch nichts zu rechtfertigen sind, so wurden aus meiner Sicht doch die jungen Männer seinerzeit nicht gefragt, sie wurden nicht vor die Wahl gestellt – sie fühlten sich ihrem Volk verpflichtet und in dem Bewusstsein, das Richtige zu tun, haben sie ihr Leben gegeben. Heute – in einem rechtsstaatlichen und demokratischen Staat – hierüber ein Urteil zu fällen, wird der Situation und den Umständen, in denen sich die jungen Männer damals befunden haben, nicht gerecht. Da macht es sich die Nachkriegsgeneration bisweilen etwas zu einfach. Hätte ein Einberufener im Dritten Reich sich dem Kriegsdienst widersetzt, wäre er mit großer Wahrscheinlichkeit hingerichtet worden, so jedenfalls alleine in Bayern in vielen verbürgten Fällen geschehen.

Ich bitte die Verantwortlichen in der Gemeinde deshalb dringend darum, das Krieger-Denkmal unbedingt im Zentrum des Ortes zu belassen und von der geplanten Versetzung abzusehen. Es soll nicht nur wegen einer umstrittenen Heldendarstellung ein Stolperstein sein, sondern den nachfolgenden Generationen ein echtes Mahnmal – sichtbar und greifbar mitten im Dorf – neben einer Rückert-Kulturstätte!

Lassen Sie keine Fremdbestimmung über unser Denkmal zu!

Die Opfer des Krieges, gerissen aus der Mitte einer Dorfgemeinschaft, waren und sind es wert, inmitten des Ortes sichtbar zu sein, um ihrer zu gedenken. Ein Friedhof, auf dem sie nicht bestattet sind, wäre der falsche Ort.

Hans Schäfer
97491 Aidhausen

 
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