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Schweinfurt
Leserforum: Kein Untergang des Abendlandes
Bearbeitet von Jochen Jörg
 |  aktualisiert: 21.05.2021 02:16 Uhr

Zum Artikel "Ich sehe mich längst als Gegner" (Teil 3) der Serie "Warum ich aus der Kirche ausgetreten bin" vom 12. Mai erreichte die Redaktion folgende Leserzuschrift:

Zunächst ein Wort der Anerkennung für Erhard Scholl, der die Arbeit auf sich genommen hat, Antworten auf diese Frage zu recherchieren, und für den ebenso mitfühlenden wie neutralen Standpunkt seiner Berichterstattung. Eine solche Serie ist meines Erachtens längst überfällig.

Denn das faktische Unheil, das Religionen im Laufe der Menschheitsgeschichte über die Gläubigen wie die sogenannten Ungläubigen gebracht haben, ist mindestens ebenso groß wie das vermeintliche Heil. Das gilt zumindest für alle monotheistischen Religionen. Dies ist aus der Menschheitsgeschichte ebenso belegbar wie aus zahlreichen Lebensgeschichten, mit denen wir Psychotherapeuten es noch heute in unserer täglichen Arbeit zu tun haben.

Dem gängigen Argument, dass Atheisten keinen Sinn im Leben sehen, sich spirituellen Erfahrungen verschließen und keine Grundlage für moralisches Handeln kennen würden, kann man mit wissenschaftlichen Fakten begegnen: Vergleichsuntersuchungen zwischen atheistischen und christlich-religiösen Personen zeigten nämlich, 1) dass dies die Ansicht von eher religiösen Menschen ist, und 2) dass religiöse Menschen prinzipiell nicht moralischer handeln als atheistische!

Dass eine „Spiritualität ohne Gott“ möglich und evtl. sogar eine der Herausforderungen der Zukunft ist, dafür plädiert der zeitgenössische Philosoph André Comte-Sponville in seinem Büchlein „Woran glaubt ein Atheist?“

Herr C. in Teil 3 der Serie glaubt sogar, dass das Christentum faschistoide Systeme begünstige. Zwischen totalitären politischen Systemen und institutionalisierten Religionen lassen sich wohl tatsächlich schwerwiegende Parallelen finden. Deshalb ist es meines Erachtens auch höchste Zeit, nicht mehr nur grundsätzlich über das Wesen und Unwesen von Religionen zu diskutieren, sondern daraus auch praktische gesellschaftspolitische Konsequenzen zu ziehen.

Die Behauptung, dass eine Abkehr vom Christentum den Untergang des Abendlandes bedeuten würde, ist dann wiederum nur als Rechtfertigungsversuch von religiös erzogenen Personen zu verstehen, wofür es aber keine wirkliche Begründung gibt (siehe die erwähnten Forschungsbefunde).

Dipl.-Psych. Winfried Wagner
Psychologischer Psychotherapeut
97422 Schweinfurt

 
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