Zum Artikel: "Moderne Arztpraxis im Altort" vom 15. Oktober, erreichte die Redaktion folgende Leserzuschrift:
In der Sitzung des Gochsheimer Gemeinderates am 12. Oktober wurde mit 13:7 Stimmen dem Bauvorhaben der BWG in der Friedhofstraße zugestimmt. Hier soll eine Wohnanlage mit 13 Wohnungen und einer Praxis, verteilt auf drei Mehrfamilienhäuser, unmittelbar an der Friedhofsgrenze errichtet werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Ist ein Friedhof nur eine öffentliche Grünanlage?
Rechtlich gesehen sicherlich, aber darüber hinaus hat er eine wichtige religiöse und kulturelle Funktion als Bestattungsort und Ruhestätte der Verstorbenen. Vor allem ist er dazu bestimmt, den Angehörigen ein möglichst ungestörtes Totengedenken in einem Raum zu ermöglichen, der deutlich von dem der Lebenden abgetrennt ist. Meist durch Umfassungsmauern, Tore und Zutrittsbeschränkungen. Als Ort der Trauer und Erinnerung sind Friedhöfe von besonderem öffentlichen Interesse mit vielen Tabus und moralischen Verpflichtungen.
Dies ist keineswegs nur meine persönliche Anschauung, sondern entspricht in freien Worten der Definition in Wikipedia.
Durch die umgebende Bebauung soll die Totenruhe nicht gestört werden, deshalb gilt in vielen Bundesländern ein gesetzlicher Mindestabstand zwischen Friedhof und Wohnbebauung (bis 35 Meter). Zusätzlich sind Friedhöfe gegenüber Privatgrundstücken ausreichend gegen Sicht und anderen störenden Einwirkungen abzuschirmen.
Leider fehlt in Bayern eine gesetzliche Regelung. Hier liegt die Verantwortung bei den Gemeinden und zuständigen Bauämtern. Laut bayrischer Bauordnung dürfen die gesetzlichen Abstandsflächen auf öffentlichen Grünflächen liegen. Hierzu bedarf es aber der ausdrücklichen Zustimmung der Gemeinde.
Warum ein zum Teil christlich-sozialer Gemeinderat dieser Wohnanlage mit ausdrücklicher Übernahme der Abstandsflächen auf dem Friedhof zustimmt und somit das kommerzielle Interesse des Bauherrn über ethisch-moralische Grundsätze stellt, ist unbegreiflich, pietätlos und in höchstem Maße beschämend.
Hat sich die Würde und Ruhe eines Friedhofs der geplanten Bebauung einer Baugesellschaft unterzuordnen und anzupassen? Oder sollte nicht vielmehr eine Bebauung den bestehenden Friedhof respektieren und taktvoll berücksichtigen?
Es wäre zu wünschen, dass bei solch grundsätzlichen Entscheidungen die Gochsheimer Bürger und auch die Vertreter der Kirchengemeinden vorab informiert und in eine öffentliche Diskussion eingebunden werden. Oder wollte man gerade das bewusst vermeiden, um dem Vorhaben ohne moralische Bedenken zustimmen zu können? Den Gochsheimern wird jetzt das Vorhaben mit beschönigenden Argumenten als großer Erfolg verkauft. Natürlich ist es erfreulich, dass eine Arztpraxis im Ort erhalten bleibt und Wohnraum geschaffen wird, allerdings wäre das hier leicht auch in anderer Form realisierbar gewesen.
Für mich wurde der alte Friedhof, unter Missachtung von gesellschaftlichen Grundwerten und unter Zuhilfenahme von zahlreichen Ausnahmegenehmigungen und Befreiungen, von Bürgermeister und Gemeinderäten ohne Skrupel geopfert. Dadurch wird ein Teil Gochsheimer Geschichte und der Respekt gegenüber den hier beigesetzten Verstorbenen einfach in den Schatten von drei Mehrfamilienhäusern gerückt.
Astrid Ludwig-Hußlein
97469 Gochsheim
Ganz Gochsheim freut sich, dass eine ärztliche Versorgung doch weiterhin möglich erscheint. Auf diesem sogenannten Friedhof, werden keine Bestattungen mehr durchgeführt, das nur als Information.
Erinnerung: Was stand bis im letzten Jahr auf diesem Grundstück? Genau eine Schreinerei, die Wand zum Friedhof war eine hässliche weiße und die Geräusche der Schreinerei hat Jahrzehnte niemenden gestört. Jetzt soll dort Wohnraum entstehen und eine Arztpraxis, die wie schon gesagt die Versorgung in Gochsheim sicherstellt. Eine Arztpraxis die für unsere ältern Bürgerinnen und Bürger auch ohne umständliche Busfahrerei erreichbar ist. Ich finde das toll ... peinlich ist leider nur dieser Kommentar im Leserforum.