Zum Artikel "Der 'Supergau' im Schweinfurter Wald" vom 3. September erreichte die Redaktion folgender Leserbrief.
In den 1960er-Jahren waren die Revierförstereien etwa halb so groß in der Fläche wie heute. Etwa am Anfang der 2000er-Jahre begann bei den Forstverwaltungen eine Umstrukturierung. Nur gewinnorientierte Ziele standen danach im Vordergrund. Diese Veränderung wurde begleitet von einer erheblichen Reduzierung des Personals und gleichzeitiger Vergrößerungen der Strukturen, obwohl sich die alten über viele Generationen bewährt hätten.
Diesem Prozess ist es zu verdanken, dass die Förster heute fast keine eigenen Waldarbeiter mehr haben und dadurch nicht rechtzeitig reagieren können, beispielsweise als die ersten Borkenkäfer die Fichten befallen haben. Auf die Bekämpfung des Borkenkäfers wurde früher großen Wert gelegt. Wichtig ist, dass sofort gehandelt werden muss, wenn die ersten Äste der Fichte nicht mehr gesund aussehen. Das geschah mit sofortiger Wirkung. Die von Käferlarven befallene Rinde wurde anschließend verbrannt, die infizierten Bäume möglichst schnell aus dem Wald geholt.
Die Aufträge für die Aufarbeitung wurden und werden teilweise europaweise ausgeschrieben. Bis die auswärtigen Arbeiter anfangen, ist das Schlimmste schon passiert. Dadurch, dass der Holzmarkt schnell übersättig ist, bleibt viel unentrindetes Holz im Wald liegen. Durch die aufeinander folgenden heißen Sommer 2018 und 2019 war dann dieser Katastrophe nichts mehr entgegenzusetzen.
Jetzt sind die vorhandenen Fichtenwälder so gut wie tot und es gibt keine Maßnahme, die noch was retten könnte. Altbewährte Methoden sind doch häufig die besten. Die Forststrukturen müssten wieder übersichtlicher, Waldarbeiter in ausreichender Zahl angestellt werden und die Forstämter dürfen nicht weiter an europaweite Ausschreibungen gebunden werden, um schneller handeln zu können.
Ein Umdenken in der Forstpolitik muss stattfinden. Reh- und Rotwild dürfen nicht zum Sündenbock für Sparwut und Stellenabbau gemacht werden. Die heutigen Probleme im Wald liegen doch nicht am Wild, sondern an den Monokulturen von Förstern.
Bund und Länder besitzen die Hälfte aller Wälder und stehen besonders in der Verantwortung. Die Strategie der zurückliegenden drei Jahrzehnte hat versagt, einen Grundstein für klimastabile Wälder zu legen. Waldsterben ist die Kunst von Forst- und Umweltverbänden in der Öffentlichkeit, ihre eigene Wichtigkeit hervorzuheben.
Toni Zembsch
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