Zum Artikel „Debatte über Kirchenbau eskalierte“ vom 23. Juni erhielt die Redaktion folgende Leserzuschrift:
Man muss unseren Ort Schwebheim tatsächlich langsam einmal vor weiteren "Schildbürgerstreichen" bewahren, wenn man mitbekommt, wie der Ort immer mehr zugebaut, entgrünt und entkultiviert wird.
Mir fallen zu diesem Artikel vier schwerwiegende Gründe ein, weshalb die Gemeinde auf einen derartig unsinnigen Anbau zwischen Rathaus und Gulbransson-Kirche unbedingt verzichten sollte:
1. Kulturelle Gründe:
Gebäude wie Kirchen (oder auch Schloss!) sollten möglichst in ihrer historischen Gestalt bewahrt werden, auch wenn das viel Geld kosten wird. Ein Anbau auf dem recht kleinen Kirchplatz, schon jetzt verschandelt mit Parkplätzen und zu wenig Grünflächen, verdichtet die Gebäude und wirkt auf die gesamte Umgebung recht erdrückend, kahl und leblos. Nicht umsonst lassen viele Städte ihren wertvollen Baubestand (u.a. Rathäuser und Kirchen) frei von Eingriffen und Erweiterungsbauten. In Schwebheim zerstört man anscheinend gerne historische Gebäude. Stattdessen stellt man lieber Schilder und Infotafeln auf, die den Bürgern*innen zeigen, wie es früher einmal gewesen war. Ein toller Schildbürgerstreich!
2. Logistische Gründe:
Die Gemeinde Schwebheim hat bereits genügend Säle (Mehrzweckhalle, Bürgerhaus, Grundschule, evangelisches und katholisches Gemeindezentrum, Bibrasaal) und ist verpflichtet, mit den Steuereinnahmen seiner Bürger*innen sorgsam umzugehen. Ein weiteres "Palaver-Zentrum" für viel Geld und trotz abnehmender Mitgliederzahlen innerhalb der Kirchen ist Schildbürgerstreich Nummer 2.
3. Politische Gründe:
Da auf die Kommunen wegen der Folgen von Corona recht hohe Defizite zukommen dürften, wäre es eine verantwortungslose Tat gegenüber zukünftigen Generationen, die Gemeinde in noch höhere Schulden zu treiben. Oder wartet - auch in Schwebheim - schon der nächste Kandidat (= Amigo) auf eine Provision durch "Beratungstätigkeiten" bezüglich des Anbaus? Womit wir bei Schildbürgerstreich Nummer 3 wären.
4. Persönliche Gründe:
Da ich - gut begründet - weder in der evangelischen noch katholischen Kirche Mitglied bin, sehe ich überhaupt nicht ein, warum alle Steuerzahler*innen für einen Gemeindesaal aufkommen sollen, welcher von den Kirchen genutzt wird. Beide Kirchen besitzen ihre Gemeindezentren. Wenn beide Kirchen versäumt haben, ihre Immobilien mit Kirchensteuermitteln in Stand zu halten, so dass sie abrissreif geworden sind, ist dies deren Problem und nicht Aufgabe der politischen Gemeinde Schwebheim. Da angeblich beiden genannten Kirchen die Finanzmittel für Neubauten oder Restaurationen fehlen, soll nun plötzlich die politische Gemeinde mit ins Boot geholt werden? Selbstredend müssen bei der Planung die "Vorgaben und Rahmenbedingungen beachtet werden, die die Landeskirche den örtlichen Gemeinden mit auf den Weg gibt" (= wörtliches Zitat aus dem Amtsboten), auch wenn andere dafür zu zahlen haben. Damit wären wir jetzt bei Schildbürgerstreich Nummer 4.
Ich habe höchstes Verständnis und großen Respekt für Gemeinderäte, die bei einer solchen Sachlage überlegen, ob sie aus ihrer Kirche austreten sollen. Das hat auch nichts mit Emotion zu tun, wie im Amtsboten vermutet wurde, sondern schlicht und einfach mit Verstand. Der Bau einer Moschee sowie eines Gemeindezentrums für Agnostiker, Atheisten, Buddhisten, Hinduisten oder sonst irgendwelcher Verschwörungstheoretiker ist ja schließlich auch nicht geplant. Es fällt mir wirklich sehr schwer, bei so viel Unsinn und Dummheit ruhig zu bleiben.
Josef Bernard
97525 Schwebheim