Beim Leopoldina Online-Seminar standen diesmal die Erkrankungen des Enddarms auf dem Programm. Ein landläufig nicht so ganz appetitliches Thema, räumte Referent Prof. Dr. Detlef Meyer, Chefarzt der Chirurgischen Klinik, ein. "Aber: Diese Erkrankungen oder Veränderungen des Afters und des Enddarms werden oft so lange vor sich her geschoben, bis der Arzt sie in einem fortgeschrittenen Stadium sieht. Dann muss meist mehr gemacht werden, als dies zu Beginn nötig gewesen wäre."
Alarmsignale ernst zu nehmen und zu handeln, sei Inhalt und Appell dieses Vortrags, so Meyer. Zunächst erläuterte er die Anatomie: Der Enddarm als der letzte Abschnitt des Dickdarms ist etwa 15 Zentimeter lang und endet im After (Anus). Er wird in zwei Abschnitte unterteilt: Den etwa zwölf Zentimeter langen Mastdarm (Rektum) und den etwa drei Zentimeter langen Analkanal mit den Schließmuskeln und den Hämorrhoiden. Denn wir alle haben (innere) Hämorrhoiden, sinnvolle, natürliche Schwellkörper zur Feinkontinenz. Wenn sie sich mit Blut stauen und dessen Abfluss gestört ist, entstehen knotenartige Auswölbungen mit Beschwerden wie Juckreiz, Brennen, Nässen und Blutungen.
Veränderungen der Hämorrhoiden werden in vier Grade eingeteilt, wobei es sich bei Grad III bereits um Ausstülpungen der Knoten aus dem Darm handelt, die sich noch mit dem Finger in den Darm zurückschieben lassen. Dies ist bei Grad IV nicht mehr möglich, oft entwickeln sich dabei ein Analekzem und Stuhlschmieren.
Venenthrombose am Schließmuskels
Eine konservative Therapie ist in den Stadien I und II angezeigt: Ernährungsberatung, Stuhlregulation, Trinkmengenregulierung (mindestens zwei Liter pro Tag). Im Anfangsstadium ist eine ambulante Einspritzung eines Verödungsmittels möglich. Im Stadium II kann der Facharzt die entstandenen Knoten mit einem Gummiband abschnüren, der Knoten stirbt ab und wird mit dem Band abgestoßen. Eine operative Therapie ist nötig, wenn bei Grad II eine konservative Therapie keinen Erfolg hat oder immer wieder Blutungen auftreten. Hämorrhoiden im Stadium III oder IV werden immer in Vollnarkose operativ entfernt.
Bei den am Außenrand des Afters lokalisierten Knoten (fälschlicherweise äußere Hämorrhoiden genannt) handelt es sich um eine Venenthrombose im Venensystem des Schließmuskels. Die Therapie ist abhängig von den Beschwerden: Lokaltherapeutika wie Salben oder Schmerzzäpfchen, bei starken Schmerzen operative Entfernung.
Analrisse und Analfistel
Analrisse (Analfissuren) gehören ebenfalls zu den gutartigen Veränderungen. Sie entstehen durch harten oder flüssigen Stuhl, übermäßiges Pressen, Entzündungen der natürlichen Darmausstülpungen. Beschwerden sind Stuhlgang abhängiger stechender Schmerz, Verkrampfung des inneren Schließmuskels und Formveränderungen des Stuhls. Zunächst können schmerzstillende Salben und Zäpfchen zur Heilungsförderung eingesetzt werden, beim weiteren Bestehen ist eine operative Therapie angezeigt.
Die Analfistel äußert sich mit Schmerzen, Juckreiz und Nässen. Bei ihr handelt es sich um eine röhrenförmige Verbindung zwischen dem Afterkanal oder dem Enddarm und der Hautoberfläche. Analfisteln entstehen meist als Folge einer Entzündung der so genannten Proktodealdrüsen (Duftdrüsen). Dadurch kann sich ein Abszess bilden, der bis zur Hautoberfläche durchbrechen kann und dabei eine Fistel bildet. Je nach Verlauf wird die Fistel operativ entfernt.
Der Chefarzt: "Bei Blut im Stuhl sollte man nicht einfach sagen: Ach ja, das sind meine Hämorrhoiden". Das könne man zwar sagen, aber nur dann, wenn andere Blutungsquellen im Darm ausgeschlossen wurden, durch eine Magen-, Enddarm- und Dickdarmspiegelung. Blutungsursachen sind beim Enddarm die besprochenen Hämorrhoiden, Fissuren, Fisteln und Analvenenthrombosen, aber auch eventuell eine Krebserkrankung.
Eine Dickdarmblutung kann durch Divertikel (Darmausstülpungen), Entzündungen, Polypen (Krebsvorstufen) und Krebs verursacht werden. Meyer schließt: "Bösartige Erkrankungen kann man im frühen Stadium einfach ausschneiden oder endoskopisch entfernen". Bei weiterem Fortschreiten der Krebserkrankung, wenn Lymphknoten beteiligt sind, muss ein Teil des Darms entfernt werden.