Zu einem furiosen Abschluss der Theater-Tanzsaison 2023/24 wurde das Gastspiel des Landestheaters Detmold. In dem Stück "Samba" von Katharina Torwesten und in der Choreografie von Mario Martello Panno nahmen die jungen, hoch motivierten Tänzerinnen und Tänzer der Compagnie das Publikum mit in die Entstehungsgeschichte des brasilianischen "Nationaltanzes" Samba. Im fast ausverkauften Gemeindehaus schufen die 14 Sambistas einen Abend voll mitreißender Lebensfreude. Das Publikum war hellauf begeistert und feierte nach dem Finale die Gäste mit stürmischem Applaus und Bravorufen.
Nach den ausgezeichneten Modern-Dance-Abenden der Saison nun Tanztheater mit einer Handlung, die neben der Geschichte des Samba eine aktuelle Botschaft vermittelt: die Notwendigkeit von der Versöhnung der Kulturen. Zur Handlung: Wie in jedem Jahr schicken in Rio de Janeiro die Sambaschulen ihre besten Vertreterinnen und Vertreter, um in einem Wettbewerb gegeneinander anzutreten, der die oder den besten Sambista ermittelt. Schon bald steht das Ergebnis fest.
Musik der aus Afrika stammenden Sklaven
Zu den Enttäuschten gehört auch die junge Samba-Queen des zweitplatzierten Teams (Mirea Mauriello), die bei ihrer Großmutter Trost sucht. Veronika Jungblut verkörpert sie wunderbar: Eine alte Lady voller Energie, die trotz ihrer Rückenschmerzen im Sambaschritt Wäsche aufhängt. In einem großen Solo voller Ausdruckskraft und Eindringlichkeit baut sie ihre Enkelin wieder auf. Sie erzählt ihr von den Anfängen des Samba, der eigentlich die Musik der aus Afrika stammenden Sklaven war und sich dann mit der europäischen Musik der portugiesischen Kolonialherren vermischte.
Ein fesselnder Bilderbogen aus 24 Szenen nimmt das Publikum schnell gefangen: Die Ankunft der Sklaven oder ihre brutale Auspeitschung, als sie bei der Ausübung ihrer verbotenen afrikanischen Religion beobachtet werden. Hier treffen wir die Großmutter wieder, jetzt als junges Mädchen, Tochter eines reichen Landbesitzers (Erica Pinangé), die energisch Partei für die Sklaven ergreift. Nicht nur das, sie verliebt sich in einen von ihnen (Felipe dos Santos Vasques). Beide feiern ihre Liebe – zunächst durch Gefängnisgitter getrennt – in einem berührenden Pas de Deux voller Zärtlichkeit und Leidenschaft (erst 1888 schaffte Brasilien als letztes Land der westlichen Welt die Sklaverei ab).
Und schon tauchen zwei Polizisten im Stechschritt auf
Im frühen 20. Jahrhundert sind wir zu Gast im Haus der brasilianischen Musikerin Tia Ciata (Mirea Mauriello), einem Treffpunkt von Künstlern aus allen Kulturen. Hier entsteht zunächst auf verschiedenen Gebrauchsgegenständen ein neuer Rhythmus, der dem Lebensgefühl der bunten Künstlerschar entspricht. Nur muss dieser neue Samba-Tanz mit schnellen Hüftbewegungen und einem diskreten Vor- und Zurück des Unterkörpers im Verborgenen geübt werden – er ist polizeilich verboten. Und schon tauchen zwei Polizisten im Stechschritt auf, eine gelungene Persiflage von Madoka Sato und Felipe Sales.
Aber auch die Damen und Herren der feinen Gesellschaft pflegen gern des Tanzes. In eleganten Abendroben wiegen sie sich im Dreivierteltakt zur "Schönen blauen Donau". Doch bei der Polka "Feuerfest" mischen sich plötzlich ungebetene Sambistas unter sie, mixen die Polkaschritte mit denen des Samba. Da haben sie leichtes Spiel: Einmal stehen beide Tänze im Zweivierteltakt und außerdem ist die High Society schnell von den neuen Tanzschritten begeistert.
Diese Integration gipfelt in einem großen Duett zwischen den beiden Solisten. Erica Pinancé und Felipe dos Santos Vasques zelebrieren einen neuen Pas de Deux voller Romantik, Lebensfreude und leichtfüßigen Samba-Schritten. Nach dem glänzenden Finale Begeisterung im Saal, Entspannung und Freude bei der Compagnie auf der Bühne.