
Die Arbeit ist abwechslungsreich, man ist draußen in der Natur, hat mit Tieren zu tun“, schwärmt Regina Gräf. Ihr Bruder Georg nickt zustimmend und ergänzt: „Man ist sein eigener Chef und bestimmt die Arbeitszeiten selbst.“ Die beiden Jugendlichen beschreiben ihren Traumberuf: Landwirt.
Während die 17-jährige Regina bald ihr erstes Ausbildungsjahr zur Landwirtin hinter sich hat, steht ihr 19-jähriger Bruder Georg nach drei Jahren Lehrzeit kurz vor der Abschlussprüfung zum Landwirt. In Bayern ist als erstes Ausbildungsjahr das Berufsgrundschuljahr (BGJ) Agrarwirtschaft vorgeschrieben. „In meiner Klasse an der Berufsschule in Schweinfurt sind wir drei Mädchen und 25 Jungen“, sagt Regina. Darunter sind einige, die zu Hause keinen landwirtschaftlichen Betrieb haben, „aber jeder hat irgendeinen Bezug dazu, entweder durch einen Hof in der Nachbarschaft oder in der Verwandtschaft.“
„20 Prozent derer, die den Beruf erlernen, kommen nicht aus der Landwirtschaft“, bestätigt Martin Mack vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Schweinfurt. Neben der Liebe zu Natur und Landwirtschaft bräuchten sie vor allem die Fähigkeit, sich weiterzubilden. „Als angestellter Landwirt ist oft der Lohn das Problem“, erläutert Mack. Viele Betriebe könnten nicht so viel zahlen, dass damit eine Familie ernährt werden kann. Deshalb sei es sinnvoll, noch seinen Techniker oder Meister zu machen, denn „gerade in vor- und nachgelagerten Bereichen der Landwirtschaft werden Leute gebraucht.“
Die Geschwister Gräf sind auf dem elterlichen Betrieb in Ottendorf aufgewachsen und wissen, was als Landwirt auf sie zukommt: Neben dem Ackerbau sind 35 Milchkühe zu versorgen. „Wir haben schon immer mitgeholfen“, sagt Regina. Sie mag vor allem die Kühe und das Melken. „Jede Kuh hat ihren eigenen Charakter – aber über Streicheleinheiten freuen sich alle“, lacht Regina. Überrascht hat ihre Berufswahl niemanden. „Meinen Freundinnen war klar, dass ich Landwirtin werde.“ Auch wenn ihr Bruder den elterlichen Hof übernehmen wird, blickt sie zuversichtlich in die Zukunft: „Da gibt es viele Möglichkeiten; ich könnte mir eine Stelle in der landwirtschaftlichen Beratung gut vorstellen.“ Für sie heißt es in ein paar Wochen zunächst einmal: Koffer packen und auf ihren Lehrbetrieb in Euerfeld ziehen.
Zwischen 60 und 70 Prozent der Auszubildenden leben in der Familie ihres Lehrbetriebes mit. Der frühe Arbeitsbeginn bei Milchviehbetrieben, schlechte Busverbindungen auf dem Land und der fehlende Führerschein machen dies erforderlich. Für Georg Gräf war die Trennung von seiner Familie kein Problem. „Nach dem BGJ war ich auf einem Betrieb bei Würzburg. Die Familie hatte drei Kinder und ich hatte schnell Familienanschluss.“ Sein drittes Lehrjahr absolviert Georg auf einem großen Klostergut in der Oberpfalz. Im Anschluss an seine Lehrzeit will er auf dem elterlichen Hof mitarbeiten; nach einem Jahr mit der Ausbildung zum Meister beginnen. Obwohl er das Zeitproblem sieht, wünscht sich Georg mehr Wissensvermittlung durch die Lehrherren. „Bei einem Berufsschultag in der Woche bleiben die Lehrinhalte oberflächlich. Da wäre eine Vertiefung auf den Betrieben gut.“
75 Teilnehmer haben sich laut Martin Mack in diesem Jahr zur Abschlussprüfung in der Landwirtschaft angemeldet. Davon haben 33 eine landwirtschaftliche Lehrzeit hinter sich. 42 Prüflinge bereiteten sich nebenberuflich über zwei Jahre in Abend- und Samstagkursen vor und machen nun die Prüfung zusammen mit den Lehrlingen. Voraussetzung dafür, als Nebenerwerbslandwirt zur Prüfung nach Paragraf 45/2 des Berufsbildungsgesetzes zugelassen zu werden, ist eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine mindestens vierjährige nebenberufliche Tätigkeit in der Landwirtschaft.
Der Röthleiner Daniel Götz ist einer von sieben „§- 45-Teilnehmern“, die zur betrieblichen Abschlussprüfung auf dem Betrieb von Bernhard Müller in Goßmannsdorf eingeteilt sind. Der gelernte Industriemechaniker machte nach seiner Ausbildung das Abitur nach und studierte Maschinenbau. „Inzwischen habe ich die Seiten gewechselt und bin als Ausbilder an der Fachhochschule beschäftigt.“ Trotz seiner Vollzeitbeschäftigung übernahm der 27-Jährige den Hof seines Onkels. „Ich bin auf dem Hof aufgewachsen, und als Kind war das einfach toll.“
Eine solche Kindheit, mit engem Bezug zur Natur, möchte er später seinen Kindern auch ermöglichen. Götz ist ortsverbunden; engagiert sich bei der Feuerwehr und im Trachtenverein. Es ist ihm ein Anliegen, den Hof mitten im Altort von Röthlein zu erhalten. Um die sieben Hektar Ackerland zu bewirtschaften, wäre die Ausbildung zum Landwirt nicht unbedingt nötig gewesen. Doch „das Gelernte hilft mir, betriebliche Entscheidungen leichter treffen zu können“, sagt Götz. Und auch der Erfahrungsaustausch habe ihm viel gebracht.
„Möglichst viel lernen, um den Betrieb bestmöglich zu bewirtschaften“ – deshalb hat Johannes Biertempfel, gelernter Feinwerkmechaniker, zusätzlich die Ausbildung zum Landwirt gemacht. Zu seiner Aufgabe im Bereich Pflanzenbau gehört die Beurteilung des Weizenbestandes. „Früher war bei den Prüfungen mehr praktisches und handwerkliches Geschick gefragt“, erläutert Mack. Heute sei viel mehr Theorie gefordert. Deshalb reicht handwerkliches Geschick, Fleiß und Naturverbundenheit für einen Landwirt nicht mehr aus. „Heute braucht man Management und großes fachliches Wissen.“