Im Januar 2019 büxen – wie schon öfters - der Boxer und die Kuhhündin des Landwirts aus und dringen in dem Dorf im südlichen Landkreis Schweinfurt in einem fremden Anwesen in einen Hasenstall ein. Dort töten sie, so steht es im Amtsgerichtsurteil, "auf brutale Weise" zehn Hasen, eine Zuchthäsin und neun Junge.
Zwei Wochen darauf überwindet eines der 20 Hochlandrinder des 56-Jährigen den Zaun der Weide, marschiert im benachbarten Weinberg "kreuz und quer durch die Weinreben" und beschädigt diese ebenso wie Zäune und Haltedrähte. Schaden: rund 200 Euro. Wieder zwei Wochen später reißen der Boxer und die Kuhhündin erneut aus, dringen im vier Kilometer entfernten Nachbardorf in ein Freilaufgehege ein, das mit stabilem Drahtzaun geschützt ist. Dort reißen sie neun Hühner – nur eines überlebt, indem es aufs Dach entfleucht.
Weil die durch die Hunde massakrierten Hasen und Hühner rechtlich als Sache gelten, ist der Schadenswert nicht sehr hoch: zusammen 180 Euro. Den hat der 56-jährige Hunde- und Rinderhalter auch erstattet. Gleichwohl landen die blutrünstige Wilderei der Hunde und die Verwüstung des Wengerts durch das Rind vor dem Amtsrichter. Der verurteilt den Landwirt im November letzten Jahres wegen der "grundlosen Tötung von Wirbeltieren durch Unterlassen" und Sachbeschädigung zu einer Haftstrafe von fünf Monaten – ohne Bewährung.
78 Vorfälle aktenkundig
Dagegen legt der Mann Berufung ein, ins Gefängnis will er nicht. Normalerweise führen diese Straftatbestände ja auch nicht hinter Gitter. Doch der Rinderhalter hat zehn Vorahndungen angehäuft. Für die neunte hatte er im Jahr 2017 schon eine dreimonatige Bewährungsstrafe kassiert, weil eines seiner Rinder, mal wieder freilaufend, auf einer öffentlichen Straße einen "gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr" inklusive Sachbeschädigung verursacht hatte. Damit stand er unter offener Bewährung.
Darüber hinaus beschäftigten seine ständig frei laufenden Hunde und Rinder die Gemeinde und Polizei schon seit Jahren, wie es jetzt bei der Berufungsverhandlung vor der Kleinen Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt hieß. 78 Vorfälle seien bei der Polizei aktenkundig, sagt eine Beamtin als Zeugin: "46 mit Rindern, 31 mit den Hunden und einer mit beiden." Laufend hätten sich Anwohner und Passanten beschwert. Mal hätten die Hunde Kinder verfolgt, mal Hochlandrinder Spielgeräte auf dem Kinderpielplatz umstellt.
Die Kuhhündin muss weg
Behördliche Auflagen und Aufforderungen, dies zu unterbinden, soll es viele gegeben haben, ohne dass etwas passiert sei. Die beiden Hunde, die auf fremden Grundstücken Hühner und Hasen getötet hatten, sind zwar inzwischen weg, doch eine Kuhhündin zum Treiben der Herde von einer Weide zur nächsten hat der 56-Jährige noch immer. Der Staatsanwalt kann's kaum fassen.
Anders als noch vor dem Amtsgericht, räumt der Angeklagte jetzt zunächst die Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und die Sachbeschädigungen ein, so wie sie im Amtsgerichtsurteil stehen. Er will nochmal Bewährung. Die bekommt er für die fünfmonatige Freiheitsstrafe am Ende auch, jedoch unter einer Reihe von Auflagen: die Bewährungszeit beträgt vier Jahre, für diese Zeit wird ihm jegliche Hundehaltung verboten. Die noch vorhandene Kuhhündin muss innerhalb von sechs Wochen weg sein. Der Mann muss diesbezüglich polizeiliche Kontrollen dulden und seine Weiden so einzäunen, dass ein Entweichen seiner Rinder "bestmöglich verhindert wird". Ferner muss der Mann 150 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.
Urteil ist rechtskräftig
In den letzten Jahren sei er immer nur im Zusammenhang mit seinen Tieren straffällig geworden, sagt der Kammervorsitzende zum Angeklagten. Wer Tiere halte, schaffe eine Gefahrenquelle und müsse Vorkehrungen treffen, dass nichts passiert. "Sie werden Ihres Lebens nicht mehr froh, wenn ein Mensch durch einen Ihrer Hunde oder Rinder zu Schaden käme." Der Landwirt steht jetzt unter doppelter Bewährung. Das Urteil ist rechtskräftig.