Kinder, die zur Arbeit gezwungen werden, die in Minen in giftigem Schlamm stehen, unter sklavenähnlichen Bedingungen schuften müssen, viel zu jung sind für die schwere Arbeit, deren Gesundheit aufs Spiel gesetzt wird und für die Schule ein Fremdwort ist – so sieht Kinderarbeit in seiner schlimmsten Form aus. „Ausbeuterisch“, nennt es der Fachmann, und genau dagegen will der Landkreis Schweinfurt ein Zeichen setzen. Einstimmig hat der Kreisausschuss am Donnerstag den Vorschlag der Verwaltung abgesegnet, künftig Produkte zu vermeiden, die aus solch ausbeuterischer Kinderarbeit stammen könnten. Soweit dies nachprüfbar ist.
Verlassen muss man sich ein stückweit auf Labels, auf Herstellernachweise, wie Nadine Zier vom Regionalmanagement des Landkreises erklärte. „Wir können nicht die Produktkette von Anfang bis Ende nachprüfen.“ Aber soweit wie möglich. Vor allem, wenn es um Produkte geht, die aus Ländern stammen, in denen diese Form der Kinderarbeit oft praktiziert wird – Afrika, Asien oder Lateinamerika. Kauft die Verwaltung des Landratsamtes ein, wird sie in Zukunft bei Produkten wie Bällen, Spielwaren, Teppichen, Textilien, Lederprodukten, Billigprodukten aus Holz, Natursteinen oder Agrarprodukten wie Kaffee, Kakao und Säften genau hinsehen.
Das passt und ist, so Nadine Zier, eine Ergänzung zu dem bisherigen Engagement als Fairtrade-Landkreis. Seit einem Jahr trägt man dieses Siegel. Zustimmung gab es im Ausschuss von allen Seiten, auch wenn die Bewertung des Effekts unterschiedlich ausfiel. Während CSU-Fraktionsvorsitzender Friedel Heckenlauer es als „Signälchen“ betrachtet, sprach sein SPD-Kollege Hartmut Bräuer von einem „wichtigen Postulat“. Ausbeuterische Kinderarbeit durch bewusste Kaufentscheidungen zu bekämpfen, müsse eine Selbstverständlichkeit werden. Dem pflichtete auch Freie-Wähler-Fraktionsvorsitzender Ewald Öftring bei: Es sei ein „Zeichen an die Bevölkerung, selbst beim Einkauf zu überlegen“.
Leicht verwundert nahm Paul Knoblach von den Grünen zur Kenntnis, dass die Empfehlung der Bayerischen Staatsregierung an alle Kommunen, auf der die Entscheidung nun basierte, aus dem Jahr 2008 stammt. Aber, so Knoblach: „Besser jetzt als nie.“ Die Basis für die Empfehlung der Staatsregierung wiederum liegt noch weiter zurück. Ein entsprechendes Übereinkommen hat die Internationale Arbeitsorganisation (IAO), eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, bereits im Jahr 2000 verabschiedet.
Jedes zehnte Kind weltweit muss arbeiten
Nach aktuellen Schätzungen der IAO müssen weltweit immer noch mehr als 152 Millionen Kinder zwischen fünf und 17 Jahren Kinderarbeit leisten. Und damit eines von zehn Kindern weltweit. Viele, weil sonst das Geld für den Lebensunterhalt der Familie nicht reicht. Ein Drittel der Kinder zwischen fünf und 14 Jahren dürfen nicht zur Schule gehen. 38 Prozent der Kinder verrichten eine „gefährliche Arbeit“, und fast zwei Drittel im Alter von 15 bis 17 Jahren arbeiten mehr als 43 Stunden in der Woche. In der Vereinbarung der IAO geht es gegen „ausbeuterische Kinderarbeit“, bei der Kinder quasi industriell ausgebeutet, Gefahren ausgesetzt und in ihrer Entwicklung behindert werden. Sie will man beseitigen.