
"Mundart ist gelebter Föderalismus": Ministerpräsident Markus Söder schaltete sich persönlich per Videobotschaft beim Auftakt zum 3. Volkstheaterfestival Wurzelwerk in der Robert-Seemann-Halle zu. Eingeladen dazu hatte der Bund Deutscher Amateurtheater (BDAT), erstmals findet es im Freistaat statt. "Mit dem Nürnberger `Allmächd´ ist eigentlich schon alles gesagt", meinte ein gut gelaunter Landesvater unter Anspielung auf die urfränkische Variante der Onlinefloskel OMG ("Oh mein Gott"). Der Franke sei halt "Obdimisd", auch wenn er es nicht jedem zeige, so der gebürtige Nürnberger. Söder setzt darauf, dass die bedrohte Mundart in den Schulen und der Kultur erhalten und gefördert wird. Sie sei ein Zeichen von regionaler Vielfalt und Intelligenz, nicht Rückständigkeit.
Mit dieser Botschaft rannte der Ministerpräsident bei Josef Sedlmeier und Gitty Gstöttl offene Türen ein. Die Sprecher des Bundesarbeitskreises "Mundart und Sprachen" im BDAT hatten zuvor augenzwinkernd ein Video-Selfie für die bayerische Staatskanzlei aufgenommen. Die "Graswurzelarbeiter" in Sachen Mundart lobten zunächst das Gastgeberland. Als Gott in sieben Tagen die Welt erschuf, brauchte er drei Tage, bis Bayern als "schönstes Bundesland" so wurde, wie es heute ist. "Ihr wollt eine eigene Sprache? Sprecht halt so wie ich!" Den Rat soll Gott den Menschen damals mit auf den Weg gegeben haben. "Deswegen nennt man die Mundart auch die göttliche Sprache", war sich Sedlmeier mit Gstöttl einig.
Sechs Theatergruppen treten auf
Sechs Theatergruppen treten beim Festival an diesem Wochenende im Passionsspielort Sömmersdorf an: Die Galderschummer Theatergruppe stammt gleich aus der Nachbarschaft. Das sächsische "Spielbrett Dresden" hatte am Freitag Shakespeares "Kaufmann" im Gepäck, das Theater Rosenheim den "Pfennigfuchser", in oberbayerischer Mundart, frei nach Moliere. In Alices "Fantasieland" begibt sich die bayerisch-deutschrussische Kinder- und Jugendtheatergruppe "Skomorochi", benannt nach dem fahrenden Gauklervolk des alten Russland. Die "Sommerspiele Überwald" aus Hessen und die Südtiroler Seniorentheatergruppe "Überholspur" stehen am Samstag ebenfalls auf der Bühne. Es gibt noch Karten.
Vereinsvorsitzender Robert König blickte auf 86 Jahre Geschichte der "Fränkischen Passionsspiele Sömmersdorf" zurück. Seit 1968 gibt es nebenan die Freilichtbühne, für deren Zukunft zuletzt viereinhalb Millionen Euro in die Hand genommen worden sind. König hatte einige Prominenz aus den Reihen von Politik und Sponsoren zu begrüßen: Mit Paul Knoblach und Volkmar Halbleib waren unter anderem zwei Landtagsabgeordnete, mit Klaus Reder der Bezirksheimatpfleger vertreten.
Mundarttheater auf der immateriellen Weltkulturerbe-Liste
Die deutschen Mundartheater stehen auf der immateriellen Weltkulturerbe-Liste der UNESCO: daran erinnerte Simon Isser als Präsident des BDAT. Das Wurzelwerk stagniere dabei nicht, es schlage ständig neue Wurzeln: auch mit "postmigrantischen" Projekten , wie den "Skomorochi". Beim "Volkstheater" verorte man die Vokabel "Volk" dabei dorthin, wo sie hingehöre: "in die Mitte unserer demokratisch verfassten Gesellschaft". Für die klare Abgrenzung gegenüber "völkischen" Anwandlungen der Rechtspopulisten gab es Zwischenapplaus.
Veronika Klose erinnert die Vielfalt der Theaterszene an einen Lokschuppen mit vielen offenen Türen und Reisen auf verschiedenen Gleisen. Die Vorsitzende der "Arbeitsgemeinschaft Mundart-Theater Franken", die aus Greßthal stammt, hat gerade den bayerischen Dialektpreis erhalten. "Gald hads a gaba", freute sich die Festrednerin. Nicht zuletzt wird das Festival von Bezirk und Landkreis gefördert.

"Wir haben keine Museums-, wir haben lebendige Dörfer", lobte Landrat Florian Töpper, auch in Richtung der Preisträgerin. Die Gemeinde Euerbach habe die Faszination aus Kultur und Natur im Leitbild, stellte Bürgermeister Artur Arnold fest, Sömmersdorf die Kultur aus Passion. Sein Dank galt zahlreichen Förderern und Mithelfern. Für Manfred Zirkelbach, langjähriger Vorsitzender der "Mundart-Theater Franken", gab es die Verdienstnadel des BDAT.

Theater gespielt wurde auch: "Ein Schmitt wohnt selten allein" nannte sich die Komödie der Galderschummer Theatergruppe über heimliche Untermieter, die sich in der Wohnung der verreisten Familie Schmitt einquartieren. Die Liebesabenteuer der Tochter, ein Staubsauger-Vertreter und die überraschende Rückkehr der echten Schmitts sorgten für flott inszeniertes Komödienchaos vom Biegenbach: wie das Leben halt so spielt.